Kurfürsten von der Pfalz
 


1 Leben
1.1 Jugend
1.2 Streit um die Vormundschaft
1.3 Heirat mit Elisabeth Stuart
1.4 Kurfürst vor dem Dreißigjährigen Krieg
1.5 König von Böhmen
1.5.1 Vorgeschichte und Pläne
1.5.2 Wahl und Krönung
1.5.3 Regierung
1.5.4 Schlacht am Weißen Berg
1.6 Flucht
1.7 Verlust der Erblande
1.8 Im Exil
1.9 Tod
2 Rezeption
2.1 Zeitgenössische Publizistik und Propaganda
2.2 Forschung
3 Literatur


Elisabeth Stuart
Ruprecht v.d. Pfalz
Ausstellung "der Winterkönig"

Kurfürst Friedrich V.

Rezeption

2.1 Zeitgenössische Publizistik und Propaganda

Die Ereignisse um Friedrich lösten den ersten großen „Medienkrieg“ der Geschichte aus. Dieser Propagandakrieg wurde erstmals mit den Mitteln des 150 Jahre zuvor erfundenen Buchdruckes geführt. Dieser hatte die massenhafte Verbreitung von Nachrichten und Meinungen in Form von Flugblättern erst möglich gemacht.

Nachdem bereits im 16. Jahrhundert während der Reformationszeit mit erläuternden Kurztexten oder Versen versehene Einblattholzschnitte kursierten, wurde nun vornehmlich mit der Technik des Kupferstiches oder der Radierung gearbeitet. Diese Drucke prägen bis heute zu einem Teil das Bild über die Ereignisse während des Dreißigjährigen Krieges und halten teilweise auch falsche oder einseitige Darstellungen der Personen und Geschehnisse lebendig. Besonders im süddeutschen Raum wurden viele Drucke hergestellt, da die dortigen zumeist lutherischen Reichsstädte gleichzeitig bedeutende Druckzentren waren. So entstand hier in den Jahren 1620 bis 1622 eine wahre Flut von Flugblättern gegen den calvinistischen Winterkönig.

Bereits seit der glanzvollen und ungewöhnlichen Hochzeit mit Elisabeth Stuart zog Friedrich die Aufmerksamkeit der zeitgenössischen Publizistik auf sich. Aber besonders seit der Annahme der Krone Böhmens stand er im Mittelpunkt des Interesses und war einer der am meisten dargestellten Personen auf Flugschriften während des Dreißigjährigen Krieges. Rund 200 Blätter sind überliefert, in deren Zentrum seine Person und seine Entscheidung, die böhmische Krone anzunehmen, stehen. Damit wurde er beispielsweise wesentlich häufiger dargestellt als Wallenstein. Die Bandbreite der Schriften über Friedrich war enorm und umfasste auch juristische und theologische Abhandlungen[18], Veröffentlichungen von Akten aus der nach der Schlacht am Weißen Berg in Prag gefundenen pfälzischen Kanzlei und Rätselbilder in Form von Rebussen, sowie Labyrinthe und Chronogramme für die gebildeten Kreise. Bei letzteren bestand die Aufgabe und das Vergnügen für den Leser darin, die Absicht des Verfassers zu enthüllen. Daneben gab es Kriegs- und Gräuelpropaganda und zahlreiche Hohn- und Spottverse auf den Winterkönig und den geflohenen Palatin.

Bis zur Schlacht am Weißen Berg sind neun Zehntel aller Streitschriften protestantisch. Anfangs war es die Aufgabe der pfälzischen Publizistik, die Legitimität und Rechtsgültigkeit der Regierung Friedrichs in Böhmen zu unterstützen. Die wichtigste dieser Unterstützungsschriften war Unser Friderichs […] Offen Außschreiben Warumb Wir die Cron Boeheim und der incorporirten Laender Regierung auff Uns genommen[19], die in deutscher, tschechischer und französischer Sprache verbreitet wurde. Als Grundlagen für die Argumentation dienten Bibeltexte, und Friedrich wurde als Beschützer des Evangeliums, als neuer Gideon bzw. David dargestellt. Friedrich sei ähnlich wie David anstelle des unwürdigen Sauls, was sich auf Ferdinand bezog, von Gott zum König berufen worden. Der Winterkönig wurde also in den Heilsplan Gottes eingefügt und war somit der Retter des protestantischen Glaubens.

Die katholische Partei war den Protestanten im Kampf der Federn anfangs nicht gewachsen. Einzig die Erfindung der Bezeichnung Winterkönig durch die Jesuiten hatte einen durchschlagenden Erfolg. Das Bild wandelte sich aber nach der Flucht Friedrichs grundlegend. Siegesfroh und rachsüchtig lärmten die Kaiserlichen. Die erbeuteten Akten der Kanzlei wurden von den kaiserlichen Gegnern veröffentlicht und jahrelang in Flugblättern ausgeschlachtet. Zwar wurde in ihren Broschüren die protestantische Seite insgesamt nur mäßig angefeindet, denn noch war das lutherische Sachsen zu schonen. Doch um so mehr wurde der flüchtige Winterkönig in zahllosen satirischen Bildern und Versen verspottet. Er wurde mit seinem Stolz und seiner Kopflosigkeit in jeder erdenklichen kläglichen Situation abgebildet: Brot suchend, auf schlechtem Wagen abziehend, sich eine Grube grabend. Auch seine Gemahlin und die Kinder blieben von dem Hohn nicht verschont.

Im Gegensatz zu den Zeitgenossen sahen sich Friedrich und seine Gattin stets als Opfer ihrer Glaubensfestigkeit und Ehrhaftigkeit. So gibt es nicht ein einziges Dokument, in dem Friedrich irgendeine Schuld einräumt, den Reichsfrieden gebrochen zu haben. Er habe seine Länder und sich selbst für den Kampf um die protestantische Sache, die Libertät der Fürsten und die Reichsverfassung gegen die habsburgische Übermacht geopfert. Dementsprechend verewigte Elisabeth Stuart ihren verstorbenen Gatten auf einem Gemälde posthum als römischen Kaiser mit den altrömischen Tugenden eines Helden, der für seine Überzeugungen Besitz und Leben opfert.

 

 

Text: Wikipedia (Lizenz)
Text dort mit Anmerkungen

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