Kurfürsten von der Pfalz
 


1 Leben
1.1 Jugend
1.2 Streit um die Vormundschaft
1.3 Heirat mit Elisabeth Stuart
1.4 Kurfürst vor dem Dreißigjährigen Krieg
1.5 König von Böhmen
1.5.1 Vorgeschichte und Pläne
1.5.2 Wahl und Krönung
1.5.3 Regierung
1.5.4 Schlacht am Weißen Berg
1.6 Flucht
1.7 Verlust der Erblande
1.8 Im Exil
1.9 Tod
2 Rezeption
2.1 Zeitgenössische Publizistik und Propaganda
2.2 Forschung
3 Literatur


Elisabeth Stuart
Ruprecht v.d. Pfalz
Ausstellung "der Winterkönig"

Kurfürst Friedrich V.

Leben

1.5.3 Regierung

Der Regierungsantritt Friedrichs in Böhmen war mit großen Schwierigkeiten verbunden. Der Pfälzer hatte zwar die Herrschaft eines reichen Landes übernommen, die Staatsfinanzen waren aber schon seit Jahren zerrüttet. Dazu kam, dass die böhmischen Könige nur über geringe eigene Einnahmequellen verfügten und damit vornehmlich auf das Wohlwollen des Adels und die Steuerbewilligungen der Landtage angewiesen waren. Mit diesem Problem hatten sich schon Friedrichs habsburgische Vorgänger ohne durchschlagenden Erfolg auseinandersetzen müssen. Friedrich war durch die Böhmische Konföderation verfassungsrechtlich sogar in einer noch schlechteren Position, und es zeigte sich bald, dass sich dies nicht durch konfessionellen Konsens ausgleichen ließ. Der Adel war nicht zu drastisch höheren Steuerbewilligungen bereit, die für eine erfolgreiche Kriegsführung gegen die Habsburger und die katholische Liga unbedingt notwendig gewesen wären. Schließlich hatten nicht nur die konfessionellen Gegensätze, sondern auch die hohen finanziellen Belastungen der Türkenkriege zur Absetzung der Habsburger und zur Wahl Friedrichs geführt.

Nicht nur dass Friedrich von den Landtagen der böhmischen Länder zu wenig Steuern und Truppen bewilligt bekam, er sah sich zudem genötigt, bedeutenden Persönlichkeiten aus den einzelnen Kronländern teure Geschenke zu machen, um seine Anhängerschaft in den Ständegemeinden bei der Stange zu halten.

In Prag gerieten der König und sein durch deutsche Calvinisten geprägter Hof bald in die Kritik und bekamen die Ablehnung der Bevölkerung, eines Teils der Geistlichkeit und des Adels zu spüren. Das Königspaar sprach kein Wort Tschechisch und hatte die Hofämter vorwiegend mit auswärtigen Vertrauten besetzt, während die Landesämter in der Hand des einheimischen Adels waren. Deshalb war eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen königlicher und ständischer Verwaltung nur schwer möglich. Drastische Folgen zeitigte der Versuch von Friedrichs Hofprediger Abraham Scultetus, dem Land mit Gewalt die calvinistische Religion aufzuzwingen. Für die utraquistische Konfession, der die Mehrheit der Tschechen anhing, zeigten die Calvinisten keinerlei Verständnis. Ein besonderes Ärgernis waren für den Hofprediger die Reliquien und Bilder in den Kirchen des Landes, die nicht nur in den katholischen, sondern auch in den utraquistischen Kirchen erhalten geblieben waren. Deshalb ließ Scultetus, mit Willen und Wissen des Königs[8] ab dem 21. Dezember 1619, nur kurz unterbrochen durch das Weihnachtsfest, im St.-Veits-Dom die religiösen Kunstschätze entfernen oder zerstören. Am 27. und 28. Dezember wurde der berühmte Marienaltar von Lucas Cranach zerstört [Wikisource: Extract eines schreibens auß Prag wegen zerstoerung der Thumbkirchen]. Diese Ereignisse führten zu einer großen Empörung unter der Bevölkerung Prags; es ging sogar das Gerücht um, dass die Calvinisten das Grab des heiligen Wenzel aufbrechen wollten. Wenig später beklagte sich Friedrich, dass seine Befehle nicht mehr ausgeführt würden. Aus Furcht, noch weiter an Ansehen zu verlieren, versuchte er die Schuld auf andere abzuwälzen.

Schon kurz nach Friedrichs Regierungsantritt tauchte auch der Spottname Winterkönig zum ersten Mal auf. Ein Flugblatt der kaiserlichen Seite zeigt erstmals das Chronogramm FrIDerICVs I. ReX HyeMIs (Fridericus I. Winterkönig), wobei die großgeschriebenen Buchstaben, in die richtige Reihenfolge gebracht, die römische Zahl MDCXVIIII für 1619 ergeben (vgl. Abbildung einer pfälzischen Flugschrift auf der dieses Chronogramm auch verwendet wurde). Auf diesen Spottnamen reagierte die protestantisch-pfälzische Publizistik im Laufe der Jahre 1619 und 1620 mehrfach durch Verteidigungsschriften und sogar mit der Umwidmung des Spottnamens. So findet sich auf einem Flugblatt, das die Annahme der Krone als Willen Gottes verteidigt, die Bezeichnung Winterlöwe. Mit Gottes Hilfe würde Friedrich darüberhinaus auch ein Sommerlöwe werden und die Krone Böhmens gegen die Unruhestifter und Lügner verteidigen [Flugblatt Confirmierter und Gottlob noch immerbleibender Pfaltzböhmischer Winter­ und Hinauswährender SommerLöw auf Wikisource].

Der Kaiser scharte unterdessen Unterstützer um sich, um die Krone Böhmens wiederzuerlangen. Da er selbst finanziell nicht in der Lage war, ein Heer gegen Friedrich aufzustellen, schloss er am 8. Oktober 1619 einen Vertrag mit dem bayerischen Herzog und Führer der Katholischen Liga Maximilian I., nach dessen Wortlaut Maximilian die volle Befehlsgewalt über die Unternehmungen in Böhmen haben und alle eroberten Gebiete als Pfand für seine Auslagen erhalten sollte. In einem Geheimabkommen sicherte Ferdinand dem bayerischen Kurfürsten zu, dass dieser nach der Niederlage Friedrichs dessen Kurwürde erhalten würde. Herzog Maximilian, der zuvor für eine Allianz der katholischen und protestantischen Fürsten zum Schutz der Reichsverfassung eingetreten war, wurde durch den Schritt Friedrichs in das Lager des Kaisers getrieben.

Auch der lutherische Kurfürst Johann Georg von Sachsen nahm Partei für den abgesetzten Kaiser Ferdinand, wohl auch, weil er sich selbst Hoffnungen auf die böhmische Krone gemacht hatte. Sein Hofprediger Matthias Hoë von Hoënegg beschuldigte die böhmische Regierung, den lutherischen Glauben an den calvinistischen Antichristen verraten zu haben und rief aus:

Der [d. h. Gott] wird alle Eurer Kaiserlichen Majestät muthwillige Feinde auf die Backen schlagen, ihre Zähne zerschmettern, sie zurücke kehren und kläglich zu Schanden werden lassen!

Um den sächsischen Kurfürsten und die anderen protestantischen Reichsfürsten zu einer Unterstützung Friedrichs zu bewegen, riet Kanzler Christian von Anhalt seinem König, alle protestantischen Fürsten zu einer Beratung im Dezember 1619 nach Nürnberg einzuladen. Die Beratungen gerieten zu einem Fiasko, da kaum ein Fürst Vertreter entsandte. Insbesondere fehlte ein Gesandter Johann Georgs. Die Anwesenden beschlossen halbherzig, Friedrichs rheinische Gebiete während seiner Abwesenheit zu sichern.

Vier Monate später, im März 1620, wies eine Versammlung der kaiserlichen Partei in Mühlhausen die rechtlichen Argumente Friedrichs zurück. Friedrich schrieb in einer Verteidigungsschrift, dass er nicht den Reichsfrieden gebrochen habe, da sich Böhmen außerhalb des Reichsgebietes befinde und der Konflikt mit Ferdinand somit kein Konflikt zwischen einem Reichsfürsten und dem Kaiser sei. Ferdinand könne demnach seine kaiserliche Macht nicht gegen ihn verwenden. Die Versammlung, darunter Vertreter Johann Georgs von Sachsen und Maximilians von Bayern, erklärte dagegen Böhmen zu einem integralen Bestandteil des Reiches. Daraufhin erließ der Kaiser am 30. April ein Mandat, das Friedrich ultimativ aufforderte, sich bis zum 1. Juni aus Böhmen zurückzuziehen. Andernfalls würde Ferdinand, in seiner Eigenschaft als Kaiser und rechtmäßiger böhmischer König, alle militärischen Mittel zur Niederwerfung des Usurpators heranziehen. Wenig später unterschrieb der sächsische Kurfürst einen Vertrag mit Ferdinand, der ihm für sein militärisches Eingreifen eine Garantie für den lutherischen Glauben in Böhmen und die Anerkennung aller säkularisierten Gebiete im Nieder- und Obersächsischen Reichskreis gewährte. Dies waren Forderungen, die man mit Johann Georgs Überzeugung in Übereinstimmung bringen kann, Friedrich hätte die protestantische Partei und deren Kampf um die Reichsverfassung entscheidend geschwächt. Aber die verlangte und gewährte Abtretung der Lausitz an Sachsen schwächte seine sonst unantastbare Position entscheidend und erfolgte wohl nur aus machtpolitischen Gründen. Maximilian und Johann Georg hatten beim Schachern um Länder und Titel dem Kaiser die gefährliche Befugnis gewährt, das Reich zu zerstückeln und nach seinem Gutdünken aufzuteilen.

In dieser Situation wollte Friedrich auf dem am 25. März 1620 eröffneten Generallandtag durch massive Steuer- und Abgabenerhöhungen und eine allgemeine Wehrpflicht die Niederlage abwenden. Um Geld für das böhmische Heer aufzutreiben, verwendete Friedrich seine Privatmittel, verpfändete seine Juwelen und trieb im Mai 1620 die Kurpfalz in die Zahlungsunfähigkeit, als er zwei Tonnen Gold nach Böhmen schaffen ließ.

Derweil kamen auch von außerhalb nur Hiobsbotschaften. Der englische König Jakob I. missbilligte das Vorgehen seines Schwiegersohnes. Die protestantischen Fürsten der Union wollten neutral bleiben; sie unterzeichneten am 31. Juli 1620 den Ulmer Vertrag und zogen ihre Truppen aus der Pfalz zurück, zu deren Verteidigung sie sich eigentlich verpflichtet hatten. Die Vereinigten Niederlande bewilligten Friedrich nur eine monatliche Zuwendung von fünfzigtausend Gulden und entsandten lediglich ein kleines Kontingent zur Verstärkung des böhmischen Heeres.

 

 

Text: Wikipedia (Lizenz)
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