Kurfürsten von der Pfalz
 


1 Leben
1.1 Jugend
1.2 Streit um die Vormundschaft
1.3 Heirat mit Elisabeth Stuart
1.4 Kurfürst vor dem Dreißigjährigen Krieg
1.5 König von Böhmen
1.5.1 Vorgeschichte und Pläne
1.5.2 Wahl und Krönung
1.5.3 Regierung
1.5.4 Schlacht am Weißen Berg
1.6 Flucht
1.7 Verlust der Erblande
1.8 Im Exil
1.9 Tod
2 Rezeption
2.1 Zeitgenössische Publizistik und Propaganda
2.2 Forschung
3 Literatur


Elisabeth Stuart
Ruprecht v.d. Pfalz
Ausstellung "der Winterkönig"

Kurfürst Friedrich V.

Leben

1.5 König von Böhmen
1.5.1 Vorgeschichte und Pläne

Wann genau die Idee zur Bewerbung um die böhmische Königskrone entstand, ist nicht bekannt. Denkbar war diese nur, weil die ständische Wahlmonarchie Böhmen, seit 1526 von Habsburgern regiert, zu Beginn des 17. Jahrhunderts in eine tiefe politische Krise geraten war. Die Landstände Böhmens wollten ihre Macht nicht durch die absolutistisch denkenden Habsburger einschränken lassen, und im evangelischen böhmischen Adel hatte sich eine starke Opposition gegen die Rekatholisierungsbestrebungen Kaiser Rudolfs II. und seiner Parteigänger formiert. 1609, das Reich war durch dynastische Streitigkeiten und einen unglücklich verlaufenen Türkenkrieg geschwächt, trotzten die Protestanten dem Kaiser den so genannten Majestätsbrief und damit die Religionsfreiheit ab. Schon damals gab es politische Kontakte böhmischer Adliger zur Protestantischen Union.

Bereits 1612, als Rudolf II. starb und Friedrichs englische Heiratspläne konkret wurden, gab es jedenfalls Überlegungen, dass sich der Pfälzer um die Krone Böhmens bewerben sollte. Die Gedankenspiele waren wohl auch den protestantischen Fürsten der Union bekannt: Die Übernahme der böhmischen Kurstimme sollte dem protestantischen Lager eine Stimmenmehrheit im Kurkollegium sichern, um so auch einen Protestanten auf den Kaiserthron bringen zu können. Die politischen Strategen am Heidelberger Hof glaubten, dass Kurfürst Johann Georg von Sachsen das Bündnis mit den Habsburgern verlassen und Friedrich unterstützen würde. Die Annahme war allerdings völlig unbegründet. Kaum zehn Jahre später trug diese Fehleinschätzung wesentlich dazu bei, dass Friedrichs böhmische Regierung nur eine kurze Episode blieb.

Zunächst gewann aber der Habsburger Matthias ohne Schwierigkeiten 1611 die böhmische als auch ein knappes Jahr später die römische Krone. Die konfessionellen und politischen Auseinandersetzungen in Böhmen gingen unterdessen unvermindert weiter. Die Lage war ziemlich unübersichtlich. So gelang es dem Kaiser 1617 noch, den unversöhnlichen Katholiken Ferdinand von Innerösterreich als seinen Nachfolger zum böhmischen König krönen zu lassen. Nur ein Jahr später schritten die evangelischen Stände Böhmens jedoch zur offenen Rebellion. Ausdruck dessen war der Prager Fenstersturz vom 23. Mai 1618.

In dieser Situation verstärkte Christian von Anhalt seine Bemühungen, für Friedrich die böhmische Krone zu erringen. Als Statthalter der Oberpfalz mit Sitz in Amberg war er nicht zu weit von Prag entfernt, um zeitnah in die sich überschlagenden politischen Ereignisse eingreifen und seinen Einfluss geltend machen zu können. Christian gelang es aber nicht, eine ausreichend starke Partei für Friedrichs Bewerbung zu schaffen. Der Kurfürst war nicht nur zu unerfahren und ohne Ansehen, er war vor allem Calvinist und gehörte damit einer Konfession an, die in Böhmen kaum vertreten war, wenn auch einige bedeutende Adlige den politischen Ideen der Calvinisten nahe standen.

Als die Nachricht vom Prager Fenstersturz am 2. Juni 1618 Heidelberg erreichte, konnte Friedrich nicht offen für die Aufständischen Partei ergreifen. Dies wäre eine Rebellion gegen den Kaiser gewesen, dem auch Friedrich Treue und Gehorsam gelobt hatte. Er hätte sich damit offen ins Unrecht gesetzt. So reihte er sich offiziell in die Schar der Vermittler zwischen den protestantischen Ständen Böhmens und Matthias ein, die einen Ausgleich beider Seiten zu erreichen suchten. Insgeheim unterstützte aber Christian von Anhalt weiterhin die antihabsburgische Partei in Prag. Friedrich indessen schob in einem Brief an seinen Schwiegervater den Jesuiten und der spanischen Partei am Wiener Hof die Schuld für den Aufstand in Böhmen zu.

In Prag soll die Idee einer offenen Kandidatur Friedrichs erstmals im November 1618 bei den Gesprächen des preußischen Rats und Amtshauptmanns Achatius von Dohna aufgetaucht sein; inwieweit Friedrich eingeweiht war oder die Sache selbst vorantrieb, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall zeigte sich Jakob I. wenig begeistert, als er vom kurpfälzischen Hofrat Christoph von Dohna darauf angesprochen wurde. Auch die protestantischen Fürsten der Union zeigten sich besorgt über diese Idee, da sie befürchteten, die Wahl Friedrichs könnte das Reich in einen religiösen Krieg stürzen. Der sächsische Hof lehnte die Pfälzer Kandidatur kategorisch ab.

Hinter den Kulissen organisierte Friedrich den Einmarsch eines kleinen Heeres unter Graf Ernst von Mansfeld nach Böhmen, um die Aufständischen zu unterstützen. Mansfeld überschritt im August 1618 die Grenze und belagerte Pilsen, den bedeutendsten Stützpunkt der katholischen kaisertreuen Partei. Die Stadt fiel am 21. November, womit Böhmen ganz in der Hand der Protestanten war.

Im März 1619 starb Kaiser Matthias. Die protestantischen böhmischen Stände wollten den bereits 1617 gekrönten Nachfolger Ferdinand II. nun nicht mehr als ihren König anerkennen. Um sich gegen den zu erwartenden Einmarsch des Habsburgers abzusichern, schlossen sie mit der Böhmischen Konföderation ein Schutz- und Trutzbündnis ab. Nach Abschluss der Konföderation wurde Ferdinand II. durch den Generallandtag aller böhmischen Länder des Throns für verlustig erklärt. Nun waren alle Bande zwischen Böhmen und den Habsburgern zerschnitten und der offene Krieg spätestens jetzt nicht mehr zu stoppen. Der Dreißigjährige Krieg hatte begonnen. Nur wenigen Zeitgenossen war freilich bewusst, dass aus einer lokalen Rebellion ein verheerender europäischer Krieg werden könnte. Der Erzbischof und Kurfürst von Köln, der Wittelsbacher Ferdinand von Bayern, äußerte zu den Vorgängen in Böhmen fast prophetisch:

Sollte es so sein, daß die Böhmen im Begriffe ständen, Ferdinand abzusetzen und einen Gegenkönig zu wählen, so möge man sich nur gleich auf einen zwanzig-, dreißig- oder vierzigjährigen Krieg gefaßt machen (so bei Golo Mann: Wallenstein, S. 146)

Die Stände der böhmischen Länder schritten nun gemäß den Regeln der Konföderation zur gemeinsamen Wahl eines neuen Königs. Nachdem Johann Georg von Sachsen, der Wunschkandidat der gemäßigten protestantischen Partei, frühzeitig abgesagt hatte, blieb nur der Pfälzer als Kandidat. Niemand sonst wollte den Konflikt mit Ferdinand II. riskieren. Die Chancen für eine erfolgreiche Machtübernahme in Böhmen verbesserten sich für Friedrich im Sommer 1619 insofern, als am 16. August auch die Stände Ober- und Niederösterreichs dem antihabsburgischen Bündnis der böhmischen Länder beitraten und der siebenbürgische Fürst Gábor Bethlen mit seinem Heer ins habsburgische Oberungarn einfiel.

Und genau in dieser Zeit war Ferdinand auf dem Wege nach Frankfurt am Main zu seiner Wahl zum Kaiser.

 

 

Text: Wikipedia (Lizenz)
Text dort mit Anmerkungen

im Detail:

 

mehr:

Bilder

siehe auch:

 

zurück:

Hauptseite | Kurpfalz | Service | Aktuelles | ZUM | © Badische Heimat/Landeskunde online 2008