Kurfürsten von der Pfalz
 


1 Leben
1.1 Jugend
1.2 Streit um die Vormundschaft
1.3 Heirat mit Elisabeth Stuart
1.4 Kurfürst vor dem Dreißigjährigen Krieg
1.5 König von Böhmen
1.5.1 Vorgeschichte und Pläne
1.5.2 Wahl und Krönung
1.5.3 Regierung
1.5.4 Schlacht am Weißen Berg
1.6 Flucht
1.7 Verlust der Erblande
1.8 Im Exil
1.9 Tod
2 Rezeption
2.1 Zeitgenössische Publizistik und Propaganda
2.2 Forschung
3 Literatur


Elisabeth Stuart
Ruprecht v.d. Pfalz
Ausstellung "der Winterkönig"

Kurfürst Friedrich V.

Leben

1.5.4 Schlacht am Weißen Berg

Ein besserer Vorwand für den Einmarsch kaiserlicher Truppen in die Pfalz und die Beseitigung eines wichtigen protestantischen Vorpostens als die Annahme der böhmischen Krone durch Friedrich konnte kaum gefunden werden. Generalleutnant Spinola hatte bereits nach dem Bekanntwerden der Wahl Truppen in den spanischen Niederlanden und im Elsass zusammengezogen. Der Marschbefehl für Spinola wurde am 23. Juni 1620 erteilt und erreichte ihn kurz nach der Unterzeichnung des Ulmer Vertrages.

Am 23. Juli 1620 überschritt Maximilian von Bayern mit 25.000 Mann des Heeres der Katholischen Liga die Grenze von Bayern nach Österreich, um zuerst die protestantischen Stände der Erblande des Kaisers zu unterwerfen. Anfang August brach Spinola mit seinem Heer von 25.000 Mann aus Flandern auf und wandte sich anfangs nach Böhmen. Doch in der dritten Augustwoche machte er kehrt, zog gegen die nahezu schutzlose Pfalz und besetzte zunächst Mainz. Nur 2000 Freiwillige aus England, denen König Jakob erlaubt hatte, in die Pfalz zu ziehen, standen zur Unterstützung bereit. Sie setzen sich in Frankenthal und Mannheim fest. Am 5. September überschritt Spinola den Rhein, eroberte am 10. September Kreuznach und am 14. September Oppenheim. Der in Böhmen befindliche Friedrich konnte nichts gegen die Eroberung seiner Stammlande tun, außer den englischen König um Hilfe anzuflehen.

Nachdem Maximilian in Linz die österreichischen Stände unterworfen hatte, vereinigte er sich mit den Resten des kaiserlichen Heeres und überschritt am 26. September die böhmische Grenze. Kurz darauf, am 5. Oktober, fiel der Kurfürst von Sachsen von Norden her in Böhmen ein. Bei Rokitzan traf Maximilian auf das bunt zusammengewürfelte, schlecht bezahlte, mangelhaft ausgerüstete und kurz vor einer Meuterei stehende Heer Friedrichs, das etwa 15.000 Mann umfasste. Friedrich weilte seit dem 28. September beim Heer, überließ aber die Kriegführung seinen Generälen, da er selbst kein ausgebildeter Militär war. Stattdessen organisierte er den Nachschub, kümmerte sich um Befestigungen und um die Versorgung der Verwundeten.

Nach einer Reihe folgenloser Scharmützel zog Friedrich am 5. November das Heer in Richtung Prag zurück - die kaiserlichen Truppen folgten. Am Abend des 7. November hielt das Heer nur wenige Meilen vor Prag und bezog Stellung auf dem Gipfel des Weißen Berges. Einen Tag zuvor hatte König Friedrich die Linien abgeritten und die Soldaten ermahnt, weder seine noch die böhmische Sache im Stich zu lassen. Er eilte nach Prag, um die böhmischen Stände um Geld für seine Truppen anzuflehen und den Abgesandten des englischen Königs zu empfangen, von dem er sich die lang ersehnte Nachricht über die Unterstützung Jakobs erhoffte. Es war jedoch zu spät. Als Friedrich gegen Mittag des 8. November aus der Stadt zu den Truppen zurückreiten wollte, traf er am Stadttor auf flüchtende Soldaten seines Heeres und seinen Kanzler Christian von Anhalt, der ihm die Katastrophe mitteilte: Das böhmische Heer war am Morgen des Tages in der Schlacht am Weißen Berg vernichtend geschlagen worden.
Detail aus einer Spottschrift auf den Winterkönig nach der verlorenen Schlacht am Weißen Berg: Daß Haidelberger Faß gar groß /Vor zeit voll Wein jetzt bodenloß /Daß mag der Winterkönig sparnDaß er drauf mit seim aff mög farnEr sitzt darauff/sehr schwach vnd kranckt /Vom böhmischen Biergetranck.Sein Magen nit mehr dewen [verdauen] kon Wirfft herauß Länder/Stätt vnd Cron.
Detail aus einer Spottschrift auf den Winterkönig nach der verlorenen Schlacht am Weißen Berg:
Daß Haidelberger Faß gar groß /
Vor zeit voll Wein jetzt bodenloß /
Daß mag der Winterkönig sparn
Daß er drauf mit seim aff mög farn
Er sitzt darauff/sehr schwach vnd kranckt /
Vom böhmischen Biergetranck.
Sein Magen nit mehr dewen [verdauen] kon
Wirfft herauß Länder/Stätt vnd Cron. [Flugschrift auf Wikisource: Eigentliche Abbildung des Winterkönigs]

Christian konnte nur eine einzige Lösung vorschlagen: die sofortige Flucht. Am Morgen des 9. November machte Friedrich sich auf den Weg in die schlesische Hauptstadt Breslau, begleitet von seiner Gattin und einigen seiner Räte - im Gepäck nicht viel mehr als die Kronjuwelen. Der Aufbruch geschah gerade noch rechtzeitig, da die Bevölkerung Prags drauf und dran war, den König an Maximilian auszuliefern. Schon zuvor waren die Stadttore vor den flüchtenden Soldaten gnadenlos geschlossen worden. Nach Friedrichs hastiger Abreise ergab sich Prag Maximilian. In Schlesien wollte Friedrich die Niederlage am Weißen Berg nach allen Kräften rächen, jedoch versagten ihm die schlesischen Stände die Unterstützung, so dass Friedrich das Herzogtum Anfang des Jahres 1621 in Richtung des Kurfürstentums Brandenburg verließ. Zum Abschied schrieb er dem böhmischen Feldherrn Graf Heinrich Matthias von Thurn:

kein Geitz noch Ehrgeitz hat uns in Böhmen gebracht/kein Armuth noch Elend soll uns von unserm lieben GOtt abtrünnig machen/noch etwas wider Ehr und Gewissen thun lassen.[13]

Die zeitgenössischen Verfasser von Flugschriften, egal ob katholisch oder protestantisch, schonten den geschlagenen König nicht. Ein weitverbreitetes Motiv der Flugschriften war der Postillion, der überall im Reich nach dem verlohren Palatin[14] oder einem jungen Mann, mit Frau und Kindern suchte, der im vorigen Winter noch König war[15]. Auch der Fund des Hosenbandordens durch einen kaiserlichen Soldaten im zurückgelassenen Haushaltsgut Friedrichs wurde publizistisch verarbeitet. Von nun an erschien Friedrich auf den meist sehr derben Karikaturen mit bandlosen Strümpfen, die ihm über die Knöchel herabhingen.

Für die böhmischen Rebellen hatte die Niederlage schreckliche Folgen. Der Kaiser ließ in Prag vor dem Altstädter Rathaus am 21. Juni 1621 in einem viereinhalbstündigen Spektakel achtundzwanzig protestantische böhmische Adelige öffentlich hinrichten. Die Köpfe von zwölf der Hingerichteten und die rechte Hand des Grafen Joachim Andreas von Schlick, eines der wichtigsten Führer des Aufstandes, wurden an den Altstädter Turm der Karlsbrücke genagelt, wo sie zehn Jahre lang als Mahnung für den verlorenen Krieg blieben. Das Wahlkönigtum wurde abgeschafft, Böhmen zum habsburgischen Erbkönigreich erklärt und die Stände durch die Verneuerte Landesordnung weitgehend entmachtet. Die Urkunde der böhmischen Religionsfreiheit, der Majestätsbrief, soll von Ferdinand eigenhändig zerrissen worden sein. Die protestantischen Konfessionen wurden ausgerottet, nur die Lutheraner wurden angesichts der Teilnahme des sächsischen Kurfürsten am Krieg vorerst noch geduldet. Der Grundstein zur gewaltsamen Rekatholisierung des Landes und zur Durchsetzung absolutistischer Herrschaft war gelegt. Nach der Schlacht am Weißen Berg blieb Böhmen dreihundert Jahre lang, bis zur Gründung der Ersten Tschechoslowakischen Republik 1918, Teil der Habsburgermonarchie.

 

 

Text: Wikipedia (Lizenz)
Text dort mit Anmerkungen

im Detail:

aus einer Spottschrift auf den Winterkönig
nach der verlorenen Schlacht am Weißen Berg:

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siehe auch:

 

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