Wohnen nach Art der Römer, dieser Wunsch bestimmte auch
das Leben in den Provinzen. So spiegelt die dortige Wohnkultur
in besonderer Weise die Übernahme römischer Traditionen
wider. Die Wohnhäuser nahmen vielfach Elemente römischer
Architektur auf; vor allem Laubengänge, so genannte Portiken,
die sich zu den Straßen hin öffneten, prägten
das Stadtbild. Als Wohnsitz der wohlhabenden Oberschicht dienten
großzügige Häuser mit von Säulen umgebenen
Höfen, den Peristylen. Von ganz besonderer Bedeutung war
die Ausstattung der Häuser mit Wandmalerei, galt sie doch
als das römische Dekorationselement schlechthin. Dabei standen
nicht nur dekorative Aspekte im Vordergrund. Wer einen oder mehrere
Räume seines Hauses mit Wandmalereien schmückte, zeigte
auch seine romanitas, seine Anpassung an die römische Kultur.
Darüber hinaus waren Malereien auch ein Spiegel der eigenen
finanziellen Möglichkeiten. Einen Maler zu beauftragen,
war nicht gerade billig, und je nachdem, wie viel Geld vorhanden
war, fiel die Qualität der Malereien aus: Wohlhabende Hausbesitzer
konnten sich in annähernd allen Räumen prächtige
Fresken leisten.
Wandmalerei mit Kandelaber.
Trier, frühes 2. Jh. n. Chr.
Rheinisches Landesmuseum Trier. ©
Th. Zühmer; Rheinisches Landesmuseum Trier
In einfacheren Wohnbauten versuchte man wenigstens
einen einzigen Raum mit schlichten Malereien auszustatten, nämlich
den Raum, in den auch Gäste eingelassen wurden. Rom war
wahrlich in der kleinsten Hütte! Die Wandmalerei in den
Provinzen nördlich der Alpen orientierte sich an jener in
Italien – durch Musterbücher wurden Dekorationen und
Motive verbreitet.
Doch nicht jede Mode aus Italien wurde übernommen.
Einige Dekorationen, die in Italien längst nicht mehr en
vogue waren, hielten sich nördlich der Alpen deutlich länger.
So z. B. die so genannten Schirmkandelaber, von denen ein sehr
schönes Beispiel aus der Trierer Gilbertraße in der
Ausstellung zu sehen ist: Diese mit Schirmchen versehenen Zierständer,
die zum Teil wie in der Gilbertstraße noch aufwendig mit
Figuren verziert wurden, zählten im 1. und in der ersten
Hälfte 2. Jahrhundert nach Christus zu den beliebtesten
Dekorationen der gallischen und germanischen Provinzen. In Italien
hingegen sind sie ab dem späteren 1. Jahrhundert nach Christus
nicht mehr zu finden.
Wie ist dies zu erklären? Lag es am anderen Geschmack der
Provinzbevölkerung, hinkte sie einfach der Mode hinterher,
brauchte es in Zeiten ohne Internet, Fernsehen, Einrichtungszeitschriften
und weltweit agierenden Einrichtungshäuser einfach zu lange,
um neue Muster und Motive über die Alpen zu bringen? Vermutlich
hatte jeder dieser Aspekte zu einem gewissen Teil einen Einfluss
auf die Dekorationsweise in den Provinzen, doch auch rein finanzielle
Aspekte spielten hier wohl ein Rolle. Je kaufkräftiger der
Auftraggeber war, desto aufwendiger konnten die Malereien ausfallen.
So waren Darstellungen von perspektivischer Architektur oder
aber figürliche Malereien in der Herstellung viel teurer
als einfache Dekorationen wie die Zierständer. Letztere
waren für weite Teile der Provinzialbevölkerung einfach
erschwinglich.
Personifikation der Jahreszeiten.
1. Hälfte 3. Jh. n. Chr. Rheinisches Landesmuseum
Trier. ©
Th. Zühmer- Rheinisches Landesmuseum Trier
Im römischen Trier, das als Metropole über
ausreichend finanzstarke Kundschaft verfügte, war es für
Maler, die sich auf anspruchsvolle Dekorationen spezialisiert
hatten, lukrativ sich niederzulassen. Dementsprechend sind zahlreiche
solcher Wandmalereien aus der Stadt überliefert. Auch in
den römischen Städten des heutigen Baden-Württemberg
kommen bei Ausgrabungen verschiedentlich Wandmalereien zutage.
Allerdings fällt ihre Qualität im Vergleich zu den
Trierer Funden meist schlechter aus. Figürliche Darstellungen
sind dort eher selten zu finden, vielmehr dominieren einfachere
Streifendekorationen oder Feldermalereien. Dies lag sicher an
den weniger ausgeprägten finanziellen Möglichkeiten
der Bewohner dieses Gebietes. Aber nichtsdestotrotz, hier wie
dort wohnte man nach Art der Römer – der eine bescheidener,
der andere prachtvoller. |