Landeskunde > Geschichte > 19. Jahrhundert > Revolution 1848/49

3. Kämpfe in Wien und Berlin

Aufstand in Wien

Karikatur auf die Flucht Metternichs 1848: "Jede Constitution erfordert Bewegung / den 14. März 1848".In den Residenzstädten Deutschlands, vor allem aber in den beiden Hauptstädten Wien und Berlin versammelten sich das Volk zu Demonstrationen und Protestkundgebungen und forderten liberale Freiheiten: Presse- und Versammlungsfreiheit, Volksbewaffnung, Schwurgerichte, Verantwortlichkeit der Minister gegenüber einem Parlament, liberale Verfassungen überhaupt und ein gesamtdeutsches Parlament ("Märzforderungen"). Symbole der Unterdrückung, wie Polizeiwachen oder Gefängnisse, wurden gestürmt, das eingesetzte Militär antwortete mit Gegengewalt. Die Fürsten der Klein- und Mittelstaaten wichen zunächst zurück, erkannten die "Märzforderungen" an und beriefen liberale "Märzminister". Auch in Württemberg entstand so das erste parlamentarische Ministerium. In einer Reihe von deutschen Staaten wurden in kurzer Zeit liberale Verfassungen eingeführt.

Auch in den Großstädten Wien und Berlin wurden liberale Forderungen erhoben. Der Wiener Staatsrat unter der Leitung des Fürsten Metternich verweigerte liberale Konzessionen, worauf es zu Demonstrationen und am 13. März zu Straßenkämpfen kam. Noch am selben Abend mußte Metternich, der zur Symbolfigur für die Reaktion geworden war, Österreich verlassen, der Kaiser gestand wichtige Rechte zu.

Karikatur auf die Flucht Metternichs 1848: "Jede Constitution erfordert Bewegung / den 14. März 1848". Lithographie. Mannheim, Landesmuseum für Technik und Arbeit. Aus der Ausstellung "Revolution der deutschen Demokraten in Baden", Karlsruhe. Kat.- Nr. 373

Karikatur auf die Situation Europas im März 1848: "Bon Jour Fürst Mitternacht seid ihr a hie ?"

Vor dem Europa-Hotel hat sich rechts auf Kisten und Kasten eine Gesellschaft prominenter Flüchtlinge beim Tee versammelt. Unter ihnen erkennt man, auf seinen berühmten Parapluie gestützt und auf einer »100000 Millionenn Cassa« sitzend, den »durchgebrannten« französischen Bürgerkönig Louis Philippe. Von links erscheint mit »Bluthund« und Peitsche der »Kartätschenprinz« Wilhelm von Preußen, der spätere Kaiser Wilhelm I. Auf dem »Weg des Schicksals« begegnet er der aus München geflohenen Lola Montez, die auf König Ludwig I. von Bayern wartet. In einem Karren, in dem er sich unter Wäschestücken versteckt hat, passiert der gestürzte österreichische Staatskanzler Fürst Metternich (»Mitternacht«), aus Wien kommend, den Schauplatz. In der Eile seiner Flucht ist ihm sein »europäisch diplomatisches Prinzip« abhanden gekommen und liegt als wertloser Fetzen Papier, von einem Pudel besudelt, im Straßenstaub. Als Kommentar der beiden von den Münchner »Fliegenden Blättern« auf Deutschlandreise geschickten Beobachter Baron Beisele und Dr. Eisele, die sich rechts oben aus einem Hotelfenster hinauslehnen, erscheinen vier Zeilen Text in lateinischer Schreibschrift: »Lieber Doctor, was thun denn die vielen Leute hier? Lieber Herr Baron, das giebt einen europäisch diplomatischen Thee, als Fortsetzung der Wiener und Carlsbader geheimen Beschlüsse! -«

Das Blatt thematisiert den Sturz verhaßter Symbolgestalten der alten Ordnung durch die Märzrevolution, namentlich die Demission des österreichischen Staatskanzlers Fürst Metternich vom 13. März 1848, seine Flucht aus Wien und das Ende des nach ihm benannten politischen Systems.

Text aus: Katalog "Mit Zorn und Eifer" Nr. 21

Karikatur auf die Situation Europas im März 1848: "Bon Jour Fürst Mitternacht seid ihr a hie ?"

Märzunruhen in Berlin 1848

"Der Champagnerfritze" - Karikatur auf die hochtönenden und schäumenden, aber leeren Phrasen Friedrich Wilhelms IV.Auch in Berlin kam es Anfang März zu Kundgebungen, die immer größere Massen von Arbeitern und Bürgern anzogen.

Der König versprach - wohl um ohne Machtkampf der Revolution die Spitze zu brechen - die weitgehende Erfüllung der gestellten Forderungen. Am 18. März versammelte sich die Volksmenge vor dem Berliner Schloss, um dem König für das Zugeständnis einer zeitgemäßen Verfassung zu danken. Wohl aus einer Kurzschlußhandlung heraus fielen Schüsse, als Militär den Platz räumen wollte.

Der Tod von Demonstranten ließ die anfängliche Sympathie für den König umschlagen, und es kam auch in Berlin zu Barrikaden und Straßenkämpfen

"Der Champagnerfritze" - Karikatur auf die hochtönenden und schäumenden, aber leeren Phrasen Friedrich Wilhelms IV. - Kreidelithographie, Mannheim, Reiss-Museum. Aus der Ausstellung "Mit Zorn und Eifer", Kat.- Nr. 11



Ausland

Deutschland. Preußen. Berlin. Im Laufe eines Monats ist in drei der ersten Hauptstädten der Welt des Depotismus festeste Stütze, die Militärgewalt, der Volksmacht erlegen. In keiner derselben ist jedoch die Militärgewalt so entschlossen auf Seite des Throns gestanden, als hier in Berlin und dennoch ist sie auch hier erlegen. Das Volk war auf das Äußerste gebracht. Mehrere Tage hindurch hatte das Militär meistens gegen Wehrlose gewüthet.

Alle dem Könige gemachten Vorstellungen wurden mit Phrasen beantwortet; das Militär wüthete wie zuvor. Endlich gab er den Forderungen um Preßfreiheit und beschleunigte Einberufung des Landtages nach, als die Abgeordneten Kölns mit dem Abfall der Rheinprovinz drohten. Aber nach dieser Gewährung noch sollte das große Mißverständnis vom 18. März die Entrüstung über das Militär zum vollen Ausbruch bringen.

Ein großes Mißverständnis war es allerdings, daß große Truppenmassen zu einer Zeit aufgestellt waren, da das Volk von Jubel erfüllt eine bessere Zukunft begrüßte. Ein großes Mißverständnis war es, daß die Militärgewalt sich gegen das jubelnde Volk feindselig benehmen zu sollen glaubte.

Auf das große Mißverständnis hin ertönte von allen seiten der Ruf: Waffen! Waffen! Barrikaden! Und Alles eilt, Waffen zu holen und Barrikaden zu errichten. Wie durch Zauberschlag stiegen die Barrikaden empor. Jeder gab bereitwillig, was er hatte, Thorflügel, Zäune, Wagen, Pfähle u.s.w. Selbst königliche Beamte, Schriftsteller und Gelehrte arbeiteten mit dem gemeinsten Tagelöhner im Bunde. Alle reichten sich brüderlich die Hand. Die Frauen kochten Kaffee und schnitten Brote und reichten diesen Lebensmittel auf die Straße hinaus........

Neue Zürcher Zeitung, 18. März 1998 (NZZ Online) vom 26. März 1848 - Sonderseite


Ausland

Deutschland. Preußen. Berlin. Im Laufe eines Monats ist in drei der ersten Hauptstädten der Welt des Depotismus festeste Stütze, die Militärgewalt, der Volksmacht erlegen. In keiner derselben ist jedoch die Militärgewalt so entschlossen auf Seite des Throns gestanden, als hier in Berlin und dennoch ist sie auch hier erlegen. Das Volk war auf das Äußerste gebracht. Mehrere Tage hindurch hatte das Militär meistens gegen Wehrlose gewüthet. Alle dem Könige gemachten Vorstellungen wurden mit Phrasen beantwortet; das Militär wüthete wie zuvor. Endlich gab er den Forderungen um Preßfreiheit und beschleunigte Einberufung des Landtages nach, als die Abgeordneten Kölns mit dem Abfall der Rheinprovinz drohten. Aber nach dieser Gewährung noch sollte das große Mißverständnis vom 18. März die Entrüstung über das Militär zum vollen Ausbruch bringen. Ein großes Mißverständnis war es allerdings, daß große Truppenmassen zu einer Zeit aufgestellt waren, da das Volk von Jubel erfüllt eine bessere Zukunft begrüßte. Ein großes Mißverständnis war es, daß die Militärgewalt sich gegen das jubelnde Volk feindselig benehmen zu sollen glaubte. Auf das große Mißverständnis hin ertönte von allen seiten der Ruf: Waffen! Waffen! Barrikaden! Und Alles eilt, Waffen zu holen und Barrikaden zu errichten. Wie durch Zauberschlag stiegen die Barrikaden empor. Jeder gab bereitwillig, was er hatte, Thorflügel, Zäune, Wagen, Pfähle u.s.w. Selbst königliche Beamte, Schriftsteller und Gelehrte arbeiteten mit dem gemeinsten Tagelöhner im Bunde. Alle reichten sich brüderlich die Hand. Die Frauen kochten Kaffee und schnitten Brote und reichten diesen Lebensmittel auf die Straße hinaus ...

Neue Zürcher Zeitung, 18. März 1998 (NZZ Online) vom 26. März 1848 - Sonderseite

 

Der König wich jedoch zurück, erwies den gefallenen Demonstranten am folgenden Tag die letzte Ehre und solidarisierte sich auf diese Weise mit der Revolution und ihren Forderungen. Er berief ein liberales Ministerium, erklärte in einer Proklamation "Preußen geht fortan in Deutschland auf!" und trug bei einem Umritt am Arm die schwarz-rot-goldene Binde, das Symbol der Revolution.

Friedrich Wilhelm IV. und die Revolution

Proklamation Friedrich Wilhelms IV. am 21. März 1848, in der er sich "an die Spitze des Gesammt-Vaterlandes" stellt und sich als "den neuen König der freien wiedergeborenen Deutschen Nation" feiern lässt.

An die deutsche Nation!

Eine neue glorreiche Geschichte hebt mit dem heutigen Tage für Euch an! Ihr seid fortan wieder eine einige große Nation, stark, frei und wichtig im Herzen von Europa!
Preußens Friedrich Wilhelm IV. hat Sich, im Vertrauen auf Euren heldenmüthigen Beistand und Eure geistige Wiedergeburt, zur Rettung Deutschlands an die Spitze des Gesammt-Vaterlandes gestellt.
Ihr werdet Ihn mit den alten, ehrwürdigen Farben Deutscher Nation noch heute zu Pferde in Eurer Mitte erblicken.
Heil und Segen dem constitutionellen Fürsten, dem Führer des gesamten deutschen Volkes, dem neuen Könige der freien, wiedergeborenen deutschen Nation.

Berlin, den 21. März 1848

Für die reaktionären Kräfte war damit der Tiefpunkt der Monarchie erreicht. Die Abgeordneten des wieder einberufenen Vereinigten Landtages beschlossen die Wahl einer preußischen Nationalversammlung, die gemeinsam mit dem König eine Verfassung ausarbeiten sollte. In der daraufhin durchgeführten Wahl zeigte sich das Übergewicht der gemäßigten konstitutionellen Kräfte, die Radikalen blieben in der Minderheit.

Die Neue Zürcher Zeitung schreibt im März 1848:

Nach einer telegraphischen Depesche haben des Königs Majestät die Nationalfarben Deutschlands gestern angenommen und sich in einer Proklamation so wie auch mündlich daraufhin ausgesprochen, sich ohne Usurpation an Deutschlands Spitze stellen zu wollen, um schleunigst die Einheit und Unabhängigkeit des deutschen Volkes zu bewahren. ... Der König fährt fort, das Land mit Proklamationen zu überschwemmen. Mit den Reden will es ebenfalls kein Ende nehmen. Ein großes, starkes Deutschland etc. Die große Gaukelei scheint stets noch Beifall zu finden.

Neue Zürcher Zeitung, 18. März 1998 (NZZ Online) - Sonderseite

 

Doppeltes Gesicht Friedrich Wilhelms von Preußen"Wie ein Raubitter seine letzten Kräfte zusammennimmt, um die deutsche Kaiserkrone zu erringen..."

Satire auf das Doppelspiel des Preußenkönigs, der den Berliner Demonstranten liberale Freiheiten verspricht und nach hinten den Soldaten "doppelte Löhnung" und "Schnelles Avancement mit besond. Auszeichnung zur Vernichtung der Canaille" ankündigt. Die Soldaten errichten Galgen und machen die Kanonen feuerbereit.

Im Vordergrund reicht der Teufel persönlich dem König die Insignien seiner angestrebten Kaiserwürde.

Die Unterschrift des Blattes: "Wie ein Raubitter seine letzten Kräfte zusammennimmt, um die deutsche Kaiserkrone zu erringen, dieselbe aber von Gottes Gnaden nicht erhält. Für ihn eine Posse für's deutsche Volk ein Trauerspiel in 6 Aufzügen."
Mannheim, Reiss-Engelhorn-Museen. Katalog "Mit Zorn und Eifer"


Aufstand in München

Lola Montez als Genius der SittsamkeitLola Montez als Genius der Sittsamkeit

"Der Genius der Sittsamkeit verlässt das gelobte Land und Alle Mannen welche der Tugend und Freiheit anhängen, begleiten sie; dasselbe tun zwei Tugendritter"
Lithographie. Mannheim, Reiss-Engelhorn-Museen. Katalog "Mit Zorn und Eifer" Nr. 14

Karikatur auf die Flucht der Geliebten des Bayernkönigs Ludwig I., der Tänzerin  Lola Montez, unter dem Druck der öffentlichen Proteste. Über den Köpfen einer demonstrierenden Menschenmenge, hinter der die Silhouette der Münchner Frauenkirche erkennbar ist, kutschiert Lola Montez, die Reitpeitsche als Kennzeichen ihrer Herrschsucht in der Hand. Ihr Wagen trägt eine Standarte mit der Aufschrift "Pass nach der Schweiz". Der Wagen wird von zwei Täubchen gezogen und von zwei schwebenden Gendarmen eskortiert. Auf der Deichsel sitzen rauchend und trinkend zwei Studenten aus dem Münchner Srtudentenkorps der Alemannen, die bei den extravaganten Auftritten der Lola Montez eine Art Leib- und Ehrengrade bildeten.

 

 

 

 

 


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