Landeskunde > Geschichte > 19. Jahrhundert > Revolution 1848/49

1. Liberale und Radikale

Die Ursachen der Revolution

Die Revolution, die im März 1848 ausbrach, hatte viele Ursachen. Allgemein gesehen war der Widerstand gegen das reaktionäre System der deutschen Kleinstaaten zu stark, waren die Kräfte, die liberale Rechte und nationale Einheit verlangten, immer stärker geworden.

Die nachstehende Karikatur greift das System der Zensur an, das nach der Ermordung des Schriftsteller August von Kotzebue 1819 mit den Karlsbader Beschlüssen errichtet wurde. Alle Druckwerke unter einer bestimmten Größe mussten vor Erfscheinen der Zensurbehörde vorgelegt werden.

"Der Denker-Club. Auch eine neue deutsche Gesellschaft"

"Der Denker-Club. Auch eine neue deutsche Gesellschaft"
Radierung. Deutschland, um 1825
Hamburg, Museum für Kunst und Gewerbe. Katalog Karlsruhe S. 179 Nr. 208

Auch die Kleinstaaterei wurde vielfach angegriffen. Für die Fürsten war das partikulare System eine Garantie für ihre eigenen Herrschaftsrechte, so dass sie letztlich kein Interesse an einer Änderung hatten.

Wortführer von Reform und Umbruch

Neher, Porträt von Friedrich Hecker und Gustav Struve. Baden, wohl 1847/48. Schopfheim, Museum der Stadt Schopfheim.In Baden hatte sich die demokratische Bewegung 1846 in eine konstitutionell-liberale (Karl Mathy und Friedrich Daniel Bassermann) und eine radikal-demokratische (Friedrich Hecker, links, und Gustav Struve, rechts, alle Abgeordnete der II. badischen Kammer) Richtung gespalten.

Die Wirtschaftskrise von 1846/47, die im übrigen auch in Frankreich den Boden für die Revolution bereitet hatte, verschaffte den Radikalen bei Bauern und Handwerkern mehr Erfolg als den bürgerlich orientierten Liberalen.

Neher, Porträt von Friedrich Hecker und Gustav Struve. Baden, wohl 1847/48. Schopfheim, Museum der Stadt Schopfheim.
Katalog Karlsruhe S. 185, Nr. 214/15

Die Portraits von Hecker und Struve zeigen beide noch in der bürgerlichen Kleidung mit Weste, Gehrock und Halstuch, erst später setzt sich die "revolutionäre" Kleidung, Bluse und "Heckerhut" durch. Heckers Porträt ist ähnlicher gehalten als das Struves.

Die beiden Richtungen äußerten sich in der Offenburger Versammlung und im Heppenheimer "Protokoll"

Die Offenburger Versammlung

Markstein der vorrevolutionären Entwicklung in Baden ist eine Versammlung der "entschiedenen Freunde unserer Verfassung" in Offenburg am 12. September 1847, die auf Initiative der Radikalen Hecker und Struve zustandekam. Die Versammlung formulierte 13 Forderungen, darunter die Lossagung von den Karlsbader Beschlüssen, die Garantie der Menschenrechte und der politischen Freiheiten, die Einführung von Geschworenengerichten (damit eine Demokratisierung der Justiz) und eines Volksheeres, das auf die Verfassung vereidigt werden sollte. In diesen Forderungen gingen die badischen Radikalen weit über die der Liberalen hinaus. Besonders auf Gustav Struve ist das Verlangen eines Ausgleichs des Mißverhältnisses zwischen Arbeit und Kapital zurückzuführen. Hinter den Forderungen aber stand - mehr oder weniger verhüllt - das Programm einer republikanisch-sozialistischen Umwälzung.

Die unmittelbare und unverhüllte Forderung nach der Republik als der einzig wahren Staatsform ("Fort mit den Fürsten und ihrem Anhang; wir wollen uns selbst regieren, einig, frei und wohlfeil.") wurde allerdings erst auf der Offenburger Volksversammlung am 19. März des folgenden Jahres erhoben.

Das Heppenheimer Protokoll

Die gemäßigten Kräfte sahen im Offenburger Programm eine "wirklich freche Kriegserklärung". Ihre Haltung formulierten sie in den Programmpunkten einer Versammlung süddeutscher Liberaler am 10. Oktober 1847 in Heppenheim.

Der "Halbe Mond", das Tagungslokal der Heppenheimer Versammlung. Stahlstich um 1840

Der "Halbe Mond", das Tagungslokal der Heppenheimer Versammlung. Stahlstich um 1840 von E. Grünewald und G. Lambert.
Bild: Museum Heppenheim

Sie stellten eher die Notwendigkeit der deutschen Einigung in Freiheit und politischer Gleichberechtigung in den Vordergrund; Freiheit und Gleichberechtigung äußerten sich aber nicht nur in demokratischer Mitbestimmung, sondern auch in bürgerlich-politischen Grundrechten - hier trafen sich die Ansichten und Forderungen von Offenburg und Heppenheim. Was aber trennte, war der Weg, auf dem man diese Ziele erreichen konnte: hier Gespräch mit den Regierenden, dort fast schon revolutionäre Umwälzung.

Die Heppenheimer Versammlung war ein lang geplanter und klug berechneter Schachzug in Richtung auf die deutsche Einheit. Die Versammlung galt in der Öffentlichkeit als ein erster Kongress zur Erfüllung der offenen nationalen deutschen Frage.

Übersicht | 1. Liberale und Radikale | 2. Von Paris nach Mannheim | 3. Barrikadenkämpfe | 4. Vorparlament | 5. Heckerzug | 6. Nationale Stimmung | 7. Nationalversammlung | 8. Gegenrevolution | 9. Kaiserproklamation | 10. Volksaufstand | 11. Ende | 12. Nachleben |

im Detail:  
siehe auch:  
weiter:  

Startseite | Service | Aktuelles | zur ZUM | © Landeskunde online/ kulturer.be 2018