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Ausstellungsnotizen

Landesausstellung "Die Revolution der deutschen Demokraten in Baden" in Karlsruhe

Nach einem Blick auf die Ideen der Französische Revolution beleuchten einleitend zentrale politische Ereignisse des Vormärz in Deutschland und Europa schlaglichtartig die Entwicklung der Einheits- und Freiheitsbewegungen. Als deren vorläufiger Höhe- und Schlußpunkt stand das Hambacher Fest, an dem 1832 über 20000 Menschen teilnahmen.

Lebenswelt des städtischen Bürgertums: StoffhandelLebenswelt des städtischen Bürgertums: Stoffhandel

Das erste Obergeschoß vermittelt in vier Räumen einen Einblick in die Zustände in der Zeit vor der Revolution: Zu Beginn des 19. Jahrhunderts steigt Baden von der Markgrafschaft zum Großherzogtum auf und führt 1818 Verfassung und Parlament ein. Inszenierungen führen den Besucher in die Lebenswelten ein. Die traditionellen Lebenswelten der Bauern und Handwerker, der Bürger und des Adels, die der Besucher durch Inszenierungen erlebt, geraten durch die Anfänge der Industrialisierung und die Bemühungen um den Eisenbahnbau ins Wanken. Ein weiterer Raum stellt den Staat und seine tragenden Gruppen, Bürokratie, Militär, Kirchen und Hof, dar.

"Hier in Frankfurt ist nichts zu machen, es gilt, in Baden loszuschlagen"

Diese scheinbar starren Strukturen geraten durch Vereine und Lesegesellschaften, in denen sich eine politische Diskussionskultur entwickelt, in Bewegung. In der Ausstellung begegnen bedeutende Vertreter liberaler Gesinnung an den Universitäten und die Deutschkatholiken, die liberale Ideen auch im religiösen Umfeld verbreiten.

All diese Ansätze von Opposition manifestierten sich ausdrucksvoll in der Offenburger Versammlung im Gasthaus Salmen am 12. September 1847. Hier wurden die demokratischen Forderungen zusammengestellt und der Öffentlichkeit präsentiert. Eine Inszenierung dieser Versammlung steht deshalb im Mittelpunkt der Abteilung.

Die Spaltung der liberalen Opposition allerdings setzt sich auch hier fort. Es waren die Radikalen, die in Offenburg zusammenkamen. Die Gemäßigten, die, die auf Evolution und Kooperation setzten, trafen sich vier Wochen später, am 10. Oktober, in Heppenheim.

Mit dem Ausbruch der Februarrevolution 1848 in Frankreich, in deren Folge dort die Republik ausgerufen wird, überschlagen sich die Ereignisse. Daraufhin gewinnen nicht nur in Baden, sondern in ganz Europa freiheitliche und nationale Bewegungen Oberwasser.

Schwarz-rot-gold bemalte Wahlurne von 1848Flucht vor der Reaktion: Auswanderung als Alternative zum Bleiben. Schauspielerszene aus der AusstellungDie Entwicklung schlug allerdings zwei voneinander unabhängige Wege ein. Ging die liberale Tradition in Süddeutschland den Weg zur Schaffung und zur Festigung der konstitutionellen Entwicklung, brach der Freiheitswunsch in Berlin und Wien in blutigen Straßenkämpfen durch. Aber schon die Versammlung des „Vorparlaments", das die „Heidelberger Versammlung" nach Frankfurt einberufen hatte, zeigte, dass die Radikalen keine Mehrheit fanden. Daraufhin gingen Friedrich Hecker und Gustav Struve, Mannheimer Abgeordneten der 2. Kammer der badischen Landstände und Mitinitiatoren auch der Offenburger Versammlung, den Weg des revolutionären Aufstandes.

Schwarz-rot-gold bemalte Wahlurne von 1848

Unten: Flucht vor der Reaktion: Auswanderung als Alternative zum Bleiben

Im Zentrum steht hier die Person Friedrich Heckers, dessen Marsch von Konstanz aus nach Karlsruhe, der die Volksmassen für die Republik mobilisieren sollte, scheitert, der aber trotzdem die Symbolfigur der badischen Revolution werden sollte. Auch ein zweiter Aufstand seines Mitstreiters Gustav Struve im Herbst 1848 mißlingt.

Daneben verliert die Ausstellung aber auch den europäischen Zusammenhang nicht aus den Augen. So werden mit Ausstellungsstücken aus Ungarn und Italien die dortigen Freiheitsbewegungen dokumentiert.

Baden trat damit aus dem Zentrum der revolutionären Ereignisse heraus, und die Nationalversammlung in Frankfurt übernahm mit ihren Debatten über Grundrechte und künftige Gestalt des neuen Nationalstaates die Führung. Erst als mit der Ablehnung der angebotenen Kaiserwürde durch den Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. das Reformwerk zusammenbrach, wurde das demokratische Bewußtsein im Südwesten wieder zum Motor der Entwicklung.

Schon im Juni schlugen preußische Truppen das demokratische Experiment blutig nieder. Eine umfangreiche Bildergalerie erzählt dem Besucher von den verzweifelten Bemühungen der Revolutionäre, ihren „Traum von der Freiheit" zu verteidigen.

Der Traum endete in der Festung Rastatt, wo sich am 23. Juli 1849 die revolutionären Truppen ergaben. Die anschließende Verfolgung wird anhand von Einzelschicksalen dargestellt. Vielen blieb nur die Auswanderung in die USA. Per Computer können die Besucher aus einer Datei des Generallandesarchivs Karlsruhe unter 40 000 Beteiligten an der badischen Revolution nach ihren Vorfahren oder Revolutionären ihres Heimatortes suchen.

Am 18. August konnte Großherzog Leopold wieder in Karlsruhe einziehen. Die Beziehungen zu Preußen wurden durch ein Heiratsbündnis zwischen Großherzog Friedrich I. und Luise von Preußen 1856 gefestigt. Nach Jahren repressiver Politik arbeitete Friedrich I. ab 1860 wieder mit Liberalen zusammen. Die Darstellung dieser Entwicklung bis zur Reichsgründung 1871, die die Einheit „von oben" brachte, beschließt den geschichtlichen Überblick.

Ein Epilog beleuchtet abschließend anhand einzelner Denkmäler und Revolutionsjubiläen den Umgang mit dem historischen Ereignis ,,Revolution 1848/49" im weiteren Verlauf der deutschen Geschichte.

Übersicht | 1. Liberale und Radikale | 2. Von Paris nach Mannheim | 3. Barrikadenkämpfe | 4. Vorparlament | 5. Heckerzug | 6. Nationale Stimmung | 7. Nationalversammlung | 8. Gegenrevolution | 9. Kaiserproklamation | 10. Volksaufstand | 11. Ende | 12. Nachleben |

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