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Hätten Sie das gewusst?

Filme und Märchen haben unser Bild von den Rittern geprägt. Doch nicht alles, was über die Ritter in aller Munde ist, stimmt auch. Einige weit verbreitete Irrtümer über Ritter und Burgen habt das LMW hier für Sie zusammengestellt.

„Die Burg war immer umkämpft.“

Falsch! Ganz im Gegenteil war die Burg im Hochmittelalter ein Friedenssymbol. Sie diente der Verwaltung des Territoriums. Zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert wurden Burgen nur selten belagert.

„Das Burgtor war der Schwachpunkt der Burg und musste besonders stark geschützt werden.“

Falsch! An vielen Burgen sieht man ganz im Gegenteil sehr dekorative, jedoch wenig wehrhafte Tore. Das Portal sollte vor allem den Betrachter beeindrucken. Burgtore wurden erst im 15. und 16. Jahrhundert stark befestigt, als die technische Weiterentwicklung der Feuerwaffen dazu zwang.

„Die Burgen wurden dort erbaut, wo sie am besten zu verteidigen waren.“

Falsch! Die meisten Burgbauplätze wurden nicht nach verteidigungstechnischen, sondern nach verkehrs- und wirtschaftsstrategischen Aspekten ausgewählt.

„Die Wendeltreppen in den Türmen waren so gebaut, dass der Angreifer seinen Schwertarm nicht richtig einsetzen konnte.“

Falsch! Diese Behauptung berücksichtigt nicht, dass es im Mittelalter mehr Linkshänder gab als heute. Außerdem gibt es zahlreiche Beispiele von Zugängen zu Burgen, auf die diese Bauweise nicht zutrifft.

„Wurde eine Burg belagert, wehrten sich die Verteidiger mit heißem Pech, siedendem Öl oder kochendem Wasser.“

Falsch! Diese Vorstellung entstammt der Märchenwelt. Die Hauptverteidigungswaffe war, neben Bogen und Armbrust, der Stein, den man auf den vordringenden Feind schleuderte. Dies änderte sich noch nicht einmal, als die Feuerwaffen aufkamen.

„Der Bergfried ist der letzte Zufluchtsort im Eroberungsfall und ein wichtiger Verteidigungsbau.“

Falsch! Bergfriede repräsentierten den Adel, der seiner Macht anhand mächtiger Türme Ausdruck verleihen wollte. Sie stellten also Statussymbole dar und waren Aufenthaltsort für die Wachmannschaft. In den seltensten Fällen dienten sie zur Verteidigung. Als letzter Zufluchtsort wären sie eine gefährliche Sackgasse gewesen.

„Auf jeder Burg gab es Folterkammern, in jedem Bergfried einen Kerker.“

Falsch! Es gibt nur ganz wenige Bergfriede, in deren Sockel sich Kerker nachweisen lassen. Die „Verliese“ im Keller dienten als Vorratsräume. Gleiches gilt für die Folterkammern, die gemeinsam mit den Kerkern erst im Laufe der Inquisition (15. bis 17. Jahrhundert) in Burgen und Stadtmauertürmen angelegt wurden.

„Jede Burg hatte einen Geheimgang und eine Schatzkammer.“

Es gibt in Deutschland allenfalls ein Dutzend Burgen mit sehr kurzen Geheimgängen (Fluchtstollen). Die wenigen längeren „Geheimgänge“ waren meist Abwasserkanäle und Belüftungsschächte für Brunnen. Schatzkammern finden sich allenfalls auf den großen Burganlagen der Landesherren. In kleineren Burgen dienten Gewölbe oder Bergfriede als Aufbewahrungsort von Kostbarkeiten.

„Ritter waren sittenlose, ungebildete, sauflustige und streitsüchtige Rüpel.“

Falsch! Ritter strebten ein Bildungsideal an, zu dem auch Schreiben und Rechnen gehörten. Teils überließen sie diese Fähigkeiten auch ihren gebildeten Frauen. Der ritterliche Alltag bestand weniger aus Kampf, Zank und Streit, sondern umfasste zahlreiche Verwaltungsaufgaben.

„Ritter waren Raubritter.“

Falsch! Das Raubrittertum trat vermehrt gegen Ende des Mittelalters (15./16. Jahrhundert) auf, als die Ritter infolge von Strukturveränderungen in Wirtschaft, Politik und Militär sowie geschwächt durch Katastrophen des 14. Jahrhunderts zunehmend verarmten.

„Burgen wurden mit dem Blut und Schweiß der Untertanen erbaut.“

Falsch! Bauern unterstützten den Bau der Burgen. Jedoch waren diese Arbeitszeiten klar geregelt. Wenn Erntezeit war, brauchten sie nicht tätig zu werden. Das lag nicht zuletzt im Interesse des Burgherrn, der an den Erträgen seiner Untertanen teilhatte.

Nach: Zeune, Joachim: Ritterburgen. Bauwerk, Herrschaft, Kultur. C. H. Beck 2015. S. 126, 127, gekürzt und sprachlich bearbeitet.

credits: Alle Texte: Landesmuseum Stuttgart
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