23.11.07
TV-Diskussion: Am Kompromiss zum Hortus Palatinus scheiden sich
die Geister
Sendetermine:
Samstag, 24.11., 16.30 und 21.30 Uhr, Sonntag 25.11., 16, 18 und
22 Uhr RNFLive (zu empfangen über Satellit und im Rhein-Neckar-Raum
über Kabel)
Unser Kommentar:
Was will Heidelberg?
Heidelberg sieht sich immer noch auf dem Weg zum Weltkulturerbe.
Und man hat den Eindruck, weil dieser Weg versperrt war, wird
jetzt mit Gewalt versucht, ein sogenanntes "Achtes Weltwunder"
aus der Mottenkiste der Geschichte herauszuholen.
Ein Achtes Weltwunder ist eine unerhörte technische Leistung,
das ist wahr. Aber der Rang des Achten Weltwunders ist mit dem
nächsten Achten Weltwunder zu Ende. Geschichte lässt
sich nicht wiederbeleben, und selbst die beste Rekonstruktion
kann niemals historische Authentizität vermitteln, sondern
bleibt immer billiger Nachbau. Und jeder Nachbau ist ebenso zeitgebunden
wie der damalige Neubau.
Heidelberg hat mit Fug und Recht den Anspruch darauf, dem gegenwärtig
dahindümpelnden Schlossgarten Attraktivität zu verleihen.
Aber hier wird Attraktivität mit Attraktion verwechselt.
Ein Klohäuschen und Sitzbänke mit Lehnen sind nach wie
vor keine Legitimation für das Unterfangen, den Hortus Palatinus
nachbauen zu wollen. Das Schloss ist ein Selbstläufer mit
einer Million Besucher im Jahr, sich darauf auszuruhen ist in
der Tat gefährlich.
Wessendorf geht nach wie vor von dem Junktim zwischen Besucherzentrum
und Garten aus - ein Junktim, das durch nichts eine Notwendigkeit
erhält. Er wird in naher Zukunft erklären müssen,
wie er sich in der von ihm geplanten gesamt-beeinflussenden Betriebs-GmbH
die Arbeit des Service-Centers vorstellt. Weniger? Mehr? Oder
Billiger? Schlossfeste, wie man sie aus Rastatt oder Bruchsal
kennt, neuerdings auch aus Mannheim, sind Veranstaltungen, die
den Bürgern ihre Schlösser näher bringen, sind
aber auch Veranstaltungen, in denen das Land Geld zugeschossen
hat. Wird Heidelberg auch in Zukunft darauf verzichten müssen,
weil sie sich nicht rechnen?
Wessendorf behauptet weiterhin, die Anlage sei bis auf wenige
Dinge 1619 vollendet gewesen. Dagegen steht die Feststellung Prof.
Martin Untermanns 2004 (Archäologische Ausgrabungen BW 2005)
"Welchen Zustand die Anlage tatsächlich erreicht hatte
und wie sie in der Folgezeit teils weitergeführt, teils verändert
wurde, ist nur mühsam zu erschließen und in vielen Details noch
ungeklärt."
Das viel zitierte Argument, dass de Caus selbst 1619 geschrieben
habe, noch ein halbes Jahr, dann sei der Garten fertig, belegt
nichts. Wir kennen doch von uns selbst den Spruch, wenn wir zu
etwas überfälligem angemahnt werden, das sogenannte
"rheinische Dementi": "Dat ham wer jerade machen
jewollt!"
Der Garten mag hundertmal fertig gewesen sein, mit dem Wegzug
Friedrichs V. nach Prag war die Führungsrolle Heidelbergs
in der protestantischen Union beendet, die Geschichte nahm Besitz
von Heildelberg und seinem Garten. Und diese Geschichte mündete
über die Zerstörung von Schloss und Stadt in den barocken
Neuaufbau der Stadt und in die romantische Sicht auf das Schloss
und sein Umfeld. Das ist der Wesensgehalt, den die Geschichte
gegeben hat. Und der lässt sich nicht auf die Scheffelterrasse
und die damit verbundenen Umwege um den eintrittspflichtigen Hortus-Nachbau
eingrenzen.
Nicht in der Herstellung einer geschichtslosen Kulisse liegt
die Zukunft, nicht in der Anfertigung einer "abrufbaren Datei",
sondern in der Weiterentwicklung des Gartens. Das aber braucht
Ideen und Innovation, keinen Rückgriff auf verstaubte Pläne,
die letztlich eben doch nur Pläne waren.
weiter: Heidelberg
und das Achte Weltwunder
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