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5.11.07

Was ist los in Heidelberg? Zum Streit um den Hortus Palatinus

Fast eine ganze Seite widmete die Heidelberger Rhein-Neckar-Zeitung am Freitag (2.11.) der Diskussion um die Rekonstruktion des Hortus Palatinus. Hans-Joachim Wessendorf, der Initiator der "Stiftung Hortus Palatinus" hatte seine Idee von der Rekonstruktion des Renaissance-Gartens den Bezirksbeiräten der Heidelberger Stadtteile Schlierbach und Altstadt vorgetragen.
Bedenklich stimmen in den Ausführungen, so wie sie von der RNZ berichtet werden, drei Punkte:

Zum Ersten "kam aus dem Landesamt für Denkmalpflege bisher kein Nein zur Wiedererstehung des Renaissance-Gartens". Das stimmt, mag aber vielleicht daran liegen, dass das "Landesamt für Denkmalpflege" eine Abteilung des Stuttgarter Regierungspräsidiums ist und in der Form weder zuständig ist (zuständig ist Karlsruhe) noch behördlich aktiv wurde. Die Denkmalpflege als Behörde wird erst im Dissensverfahren tätig, das heißt, wenn Bauträger bzw. Eigentümer und Untere Denkmalschutzbehörde verschiedener Meinung sind.

Zum Zweiten zeigt sich die außerordentliche Dringlichkeit: Laut Wessendorf seien neun der erforderlichen zehn Millionen Euro bereits beisammen. Was könnte man mit diesem Geld nicht Sinnvolles, Notwendiges, Wichtiges, Zukunftsfähiges entwickeln!

Zum Dritten wieder das alte Verwirrspiel: "…die Bäume auf den Zwischenterrassen bleiben stehen." In den Artikel eingebettet ist jedoch ein Bild, das die Zwischenterrasse völlig abgeholzt zeigt.

Zum Vierten müsse sich, so zitiert die RNZ Wessendorf, Heidelberg "in Richtung Kulturtourismus entwickeln". Also doch Disneyland, also doch noch mehr Tagesbesucher, die mit dem Bus hinaufgekarrt werden aufs Schloss und wieder nach Hause gehen.

Zum Fünften hätten, wird eine Bezirksbeirätin zitiert, "deutsche und europäische Gartenfachleute… die Idee der Rekonstruktion bereits begrüßt". Das mag richtig sein, und deutet zunächst auch nur darauf hin, dass man für alles immer irgendjemanden findet, der es begrüßt. Aber Gartenfachleute sind hier leider die falsche Adresse, wo es um den Schutz von Kulturdenkmälern und Kulturerbe geht.

Eine außerordentliche Engstirnigkeit zeigt sich in dem Argument, die Einnahmen aus dem Besucherzentrum würden "künftig allein dem Heidelberger Schloss und nicht mehr wie bisher dem Erhalt anderer Schlösser im Land" dienen. Das zeugt nicht nur von Engstirnigkeit, sondern auch von Egoismus. Darf in Zukunft nur noch erhalten werden, was Rendite bringt, was selbst die Gelder zu seinem Erhalt erwirtschaftet? Wie viele von den 250 (!) Kulturobjekten im Besitz des Landes müssen dann sofort geschlossen oder veräußert werden, weil sie den strengen Wessendorfschen Disneyland-Kriterien nicht genügen? Ist es nicht ein Akt der Solidarität, wenn ein Kulturdenkmal, das durch seinen Weltrang evtl. (!) Überschüsse erzielt, auch andere Denkmäler mit finanziert?

Die Leserbriefe, die die RNZ im Anschluss abdruckte, lehnten zwar das Projekt überwiegend als "steril", "gesichtslos" und "Unfug" ab. Dennoch muss man fragen, ob nicht die RNZ bewusst der vorgeblichen Sachlichkeit Wessendorfs hier eine leicht vom Tisch zu wischende Emotionalität gegenüberstellt.

Dazu passt geradezu fatal, dass die RNZ in ihrem Bericht über die Gründung der Bürgerinitiative (29.10.) aus den umfangreichen Ausführungen des Autors dieser Zeilen allein die Bemerkung herauspickte, der Garten sei unvollendet geblieben. Das wurde dann allerdings in geradezu vorbildlich kritikloser Haltung mit dem bekannten Brief von de Caus "widerlegt", der Garten sei (1619) innerhalb der nächsten sechs Monate fertiggestellt.

In den beiden zustimmenden Briefen zeigt sich darüber hinaus der Niedergang der Streitkultur.

Natürlich ist es in einem freien Land auch einem Herrn Wessendorf erlaubt, Gelder für ein Projekt zu sammeln, das er für richtig hält. Aber es muss auch weiterhin erlaubt sein, mit guten und sachlichen Argumenten dagegen zu sein, und nicht gleich als "Miesmacher" oder als "Bedenkenträger im Kostüm der Romantiker" bezeichnet zu werden. Es geht weder um den Erhalt einer "Hundewiese" und auch nicht, so der zweite Briefschreiber, darum, den Heidelbergern das Lebensgefühl der Renaissancemenschen wieder zu geben. Es geht um die Verhinderung einer geschichtslosen Kulisse. "Romantik" ist nicht, wie einige zu glauben scheinen, ein subjektives Gefühl Heidelberger Empfindsamkeit, sondern eine wesentliche geschichtliche Epoche in der Entwicklung und Bedeutung der Stadt.
 

 

 

 
 

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