1861 schenkte der schwedische Konsul und Bankier Joachim
Heinrich Wilhelm Wagener dem Kronprinzen Wilhelm I. von
Preußen 262 zeitgenössische Gemälde mit
Werken von Künstlern wie Caspar David Friedrich oder
Karl Friedrich Schinkel. Mit der Forderung einer Einrichtung
einer „Nationalen Galerie“ für zeitgenössische
Kunst bildete die Schenkung den Grundstock der heutigen
Nationalgalerie. Von 1862 bis 1865 entwarf Friedrich August
Stüler im Zentrum der Museumsinsel einen klassizistischen
Tempel, der auf hohem Sockel gebaut werden sollte. Nach
dem Tod Stülers übernahm 1866 Johann Heinrich
Strack die Bauarbeiten und die Innengestaltung. 1876 wurde
das Gebäude der Nationalgalerie eröffnet. Die
Idee eines Tempels für die Kunst in Anlehnung an die
Akropolis stammt aus einer Zeichnung von König Friedrich
Wilhelm IV. und wird fortgeführt in den Kolonnaden,
die einen „sakralen Bezirk“ um die Alte Nationalgalerie
bilden. Der Reichtum des aufstrebenden Preußen zeigt
sich u.a. darin, dass für den Bau nur Nebraer Sandstein
verwendet wurde. Der ausladende Aufgang vor dem Gebäude
wird durch die Reiterstatue Friedrich Wilhelm IV. akzentuiert.
Die auf dem Giebel lautende Inschrift „Der deutschen
Kunst 1871“ bezieht sich auf die während der
zehnjährigen Bauzeit vollzogene Reichsgründung
im Jahr 1871. Daneben sind die drei Schwestern der Künste,
Malerei, Architektur und Bildhauerei, dargestellt.
Max Jordan erwarb als erster Direktor der Nationalgalerie
Werke von Adolph Menzel, Arnold Böcklin, Anselm Feuerbach
und weiterer Künstler. In den Jahren 1896 bis 1909
führte der nachfolgende Direktor der Nationalgalerie,
Hugo von Tschudi, das Museum zu internationalem Ruf. Er
erwarb vor allem moderne französische Kunst, darunter
Arbeiten der Künstler Edouard Manet, Claude Monet,
Auguste Renoir oder Paul Cézanne. 1909 wurde Ludwig
Justi zum Nachfolger Tschudis berufen und veranlasste den
Umbau des ersten Ausstellungsgeschosses. Von 1911 - 1913
erfolgte der Bau neuer Kabinette in der großen Skulpturenhalle
und im offenen Apsisbereich.
Ludwig Justi musste 1933, auf Anweisung der Nationalsozialisten,
Eberhard Hanfstaengl als neuem Direktor der Nationalgalerie
weichen. Unter dessen Leitung erlebte die Nationalgalerie
eine Rückwendung zur Kunst des 19. Jahrhunderts.
1937 beschlagnahmten die Nationalsozialisten im Rahmen
ihrer Aktion „Entartete Kunst“ zahlreiche
Kunstwerke, um sie auf der Münchener „Schandausstellung“ zu
präsentieren und anschließend zu veräußern.
Die verbliebenen Bestände wurden 1939 zum Schutz
vor kriegsbedingten Bombenangriffen ausgelagert. Bei
Bombardierungen 1944 wurden das Dach, die Treppenhalle
und die gemauerten Gewölbe oberhalb des ersten Ausstellungsgeschosses
zerstört.
Nach Kriegsende wurde Ludwig Justi 1946 erneut zum Direktor
der Nationalgalerie berufen. 1948 konnte er mit dem Wiederaufbau
der Nationalgalerie beginnen. Allerdings war die dachlose
Ruine schwer beschädigt, da sie bis zu diesem Zeitpunkt
ständig der Witterung ausgesetzt war. Gravierende
Schäden an der Haussubstanz konnten vorerst nur
provisorisch behoben werden und traten bald wieder auf.
1949 wurde das erste Geschoss, 1950 das zweite Ausstellungsgeschoss
wiedereröffnet.
Seit Errichtung der Berliner Mauer war die Sammlung der
Nationalgalerie geteilt. Im Westteil Berlins entstand als
Gegenstück zur Nationalgalerie 1968 die Neue Nationalgalerie.
Erst 1991 konnte nach der Wiedervereinigung Deutschlands
auch die Zusammenführung der Sammlungsbestände
der Nationalgalerie erfolgen. 1993 kam es zu einer Neuordnung
der Nationalgalerie: Die Alte Nationalgalerie auf der Museumsinsel
blieb gemäß ihrer Bestimmung ein Museum der
Kunst des 19. Jahrhunderts. Sie präsentiert die im
Sinne Wageners beständig gewachsene Sammlung internationaler
Malerei und Skulptur. In der nahe gelegenen Friedrichswerderschen
Kirche findet die Berliner Skulptur des frühen 19.
Jahrhunderts ihren Platz.
Nachdem 1992 der Auftrag zur Generalinstandsetzung der
Alten Nationalgalerie erfolgte, wurde 1995 mit den Umbaumaßnahmen
im Außenbereich und 1998 mit der Generalsanierung
durch den Architekten HG Merz begonnen. Ziel war, neben
der Schadensbeseitigung, die Schaffung einer größeren
Ausstellungsfläche für die wiedervereinigten
Sammlungsbestände aus Ost- und Westberlin. Am 2.
Dezember 2001, 125 Jahre nach der Eröffnung der
Nationalgalerie fand die Wiedereröffnung der Alten
Nationalgalerie statt.
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