Geschichtlicher Orientierungspunkt des Landes ist Straßburg,
dessen Straßenbahnlinien zur deutschen Zeit weit ins rechtsrheinische
Land hinaus gingen. So weit ist man heute noch lange nicht wieder.
Aber diese Orientierung hat Geschichte und datiert wohl schon
in die römische Zeit. Zum weltlichen Besitz des Bischofs
von Straßburg gehörte
zur Zeit des Alten Reichs Ettenheim mit dem Kloster Ettenheimmünster
sowie das Renchtal mit Oberkirch und Oppenau. In Ettenheim wurde
auf Napoleons Geheiß 1804 der hierher geflohene Herzog
von Enghien verhaftet, hier hatte auch der letzte Fürstbischof
von Straßburg, Kardinal Rohan, seine Wandteppiche aus der
Straßburger Residenz ausgelagert, die dann versteigert
und vom badischen Kurfürsten zum Schmuck seiner Mannheimer
Residenz gekauft wurden. In Renchen war von 1667 bis zu seinem
Tod 1676 Johann Jakob Christoffel von Grimmelshausen, der Autor
des „Simplicissimus“, bischöflich straßburgischer
Amtmann.
Das
alte Reichsgut um Ortenberg, Griesheim, Appenweier und Achern
bildete die Landvogtei, die unter den Königen und Kaisern
ab dem 14. Jahrhundert nur noch nach ihrem Geldwert taxiert und
verpfändet wurde – mitsamt den Reichsstädten
Offenburg, Gengenbach und Zell, die damit nicht allzu viel von
ihrer Reichsfreiheit hatten. Dennoch ist im so genannten „Freien
Reichstal Harmersbach“ die älteste deutsche Demokratie,
aus mittelalterlicher Selbstbestimmungswurzel entstanden und
zäh verteidigt, beheimatet.
Das Land in der Ebene zwischen Kehl und Lichtenau trägt
den Namen Hanauer Land. Dort sind in der alten Volkstracht besonders
große und üppige Flügelhauben beheimatet, wie
man sie sonst nur im Elsass findet. Und es ist auch Elsässer
Einfluss, der hier herübergeschwappt ist, denn das Land
gehörte den elsässischen Herren von Lichtenberg, die
dann 1480 ihr Land an die Grafen von Hanau vererbten. Im 16.
Jahrhundert nannten sich diese „Hanau-Lichtenberg“.
1736 ging der Besitz an Hessen-Darmstadt, aber die Bewohner des
Hanauer Landes fühlten sie nie als Hessen.
Die mittelalterliche Herrschaft Geroldseck in ihren beiden Teilen
Lahr und Hohengeroldseck nahm fast den gesamten Südteil
der Ortenau zwischen der Kinzig und Ettenheim ein, hier und da
unterbrochen durch Gebiete, die im Lauf der Zeit an ihre Erben
gegangen waren. Aus den zwei Teilen wurden drei, als die Herrschaft
Lahr zwischen dem Erben, dem Grafen von Moers-Saarwerden, und
dem Pfandherren, dem Markgrafen von Baden-Baden, geteilt wurde.
Der Moers-Saarwerdensche Teil wurde dann nassauisch und evangelisch,
der baden-badische Teil blieb wie die Obere Herrschaft Geroldseck
katholisch. Letztere kam 1697 an die in den Reichsfreiherrenstand
erhobenen von der Leyen, die im 18. Jahrhundert sogar die Reichsgrafenwürde
erwerben konnten. Amateurhistoriker des 19. und frühen 20.
Jahrhunderts sonnten sich im Glanz der Grafenwürde und machten
die Geroldsecker kurzerhand auch zu Grafen – was sie nie
waren. Die „Grafschaft Geroldseck“ indessen konnte
durch rege Beziehungen des Grafen, dann sogar Fürsten von
der Leyen zu Napoleon souveränes Mitglied des Rheinbundes
werden (später sagte man zu solchen Beziehungen, seine Tante
hatte eine Freundin, deren Putzfrau die Schwester von einem war,
der jemanden kannte…….). Die Grafschaft wurde dann
auch erst 1819 badisch.
Das Kinzigtal war – wohl direkt aus zähringischem
Erbe – fürstenbergisch, wobei die Grafen von Fürstenberg
es auch verstanden, den Geroldseckern den großen Teil des
Kinzigtals samt seiner Seitentäler abzukaufen, den sie noch
nicht gehabt hatten.
Dazwischen liegen, in bunter Mannigfaltigkeit, ritterschaftliche
Besitzungen, mal ein Dorf, mal mehrere umfassend, die in ihrer
Gesamtheit des Ritterkanton Ortenau bildeten. Dazu gehören
auch alte Straßburger Patriziergeschlechter, die durch
den Kauf eines solchen Guts in den Landadel aufstiegen.
|