Ortenau


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Einführung
 

Die Ortenau ist der Landstrich zwischen den Flüssen Oos und Murg im Norden und Bleich im Süden, dem Rhein im Westen und dem Schwarzwaldkamm im Osten. Wenn im Herbst Nebel die Sicht behindert, dann behindert er hier zuerst und am längsten. Das soll auch der Name der Ortenau ursprünglich bedeuten – Nebelland, Sumpfland, vom keltischen Moro-Dunum, Sumpfort, Sumpfburg. Schaute man früher auf die archäologischen Fundkarten, klaffte zwischen Baden-Baden und Emmendingen eine Lücke, was mit der Unwirtlichkeit des Landes im Stromland von Bleich, Schutter, Kinzig und Rench zusammenhängen mochte, die nach ihrem Austritt aus dem Schwarzwald allesamt noch Kilometer weit parallel zum Rhein strömten, ehe sie endlich in ihn einmündeten. Inzwischen ist die Forschung weiter gekommen.

Im Osten, ungefähr auf dem Kamm des Schwarzwalds, grenzte die Ortenau an das Gebiet, das das Mittelalter unter „Schwaben“ verstand.

Der Name soll von der Ortenburg, dem im Mittelalter so genannten „Stein von Ortenberg“ kommen. Ortenau – Ortenberg, das klingt wirklich für Ethymologen verführerisch. Allein, diese Analogie dürfte wohl nur dazu beigetragen haben, dass die Mortenau in der Neuzeit das anlautende M verlor. Klingt ja auch schöner, Ortenau, mehr nach dem italienischen Orto, dem Garten, als nach Mord und Totschlag.

Burg Ortenberg am Ausgang des Kinzigtals - eines der Wahrzeichen der Ortenau.
Burg Ortenberg am Ausgang des Kinzigtals - eines der Wahrzeichen der Ortenau

Die hochmittelalterliche Grafschaft der Ortenau im bereits erwähnten Umfang spielte ab dem 13. Jahrhundert keine Rolle mehr. Die alte Grafschaft löste sich in ihre Einzel-Bestandteile auf, es gab keinen Grafen mehr, und die Burg Ortenberg blieb nur noch Mittelpunkt eines gewissen Komplexes von Reichsgut zwischen Ortenberg, Griesheim und Achern. Das allerdings war dann keine Stütze des Königtums mehr, sondern diente nur noch dazu, als Pfandobjekt die Kassen des Königs zu füllen. Belebt wurde der Begriff im 20. Jahrhundert wieder durch den Historischen Verein Mittelbaden und seine „Ortenau“ benannte Zeitschrift.

Traditionelles Zentrum der Ortenau war über Jahrhunderte weg Straßburg, die Bischofsstadt, deren geistlicher Oberhirte aus einige Flecken Land in der Ortenau besaß. Modernes Zentrum ist Offenburg, die alte Reichsstadt, die im 19. Jahrhundert vom Abzweig der Schwarzwaldbahn von der Rheintalbahn profitierte, während letztere am einstmals reicheren und bedeutenderen Lahr vorbeizog und es links liegen ließ..

Herrschaftlich war die Ortenau im Spätmittelalter und bis zum Ende des Alten Reichs zersplittert bis in die einzelnen Dörfer hinein: das Hochstift Straßburg, die Markgrafschaft Baden, die Herrschaft Lichtenberg (die dann an die Grafen von Hanau überging), die Landvogtei, drei Reichsstädte und das freie Reichstal Harmersbach (die älteste deutsche Republik), schließlich die Herren von Geroldseck und ihre Nachfolger bis hin zu den Grafen von Nassau, und nicht zu vergessen zahlreiche Reichsritter, um nur die wichtigsten zu nennen.

Hügellandschaft der Vorberge bei Oberkirch am Ausgang des Renchtals
Hügellandschaft der Vorberge bei Oberkirch am Ausgang des Renchtals

Landschaftlich zerfällt die Ortenau in drei deutlich von einander unterschiedene Teile. Im Ried, der Ebene direkt am Rhein, wuchs ehemals der Tabak, was sich heute noch in den Tabakschuppen in den Dörfern zeigt. Hier pulsiert der Verkehr, auf der Autobahn strömen die Fahrzeuge nach Süden und Norden, auf der Bahnlinie fahren die Fernzüge vom Rheinland in die Schweiz und nach Italien. Hier erstrecken sich aber auch noch ausgedehnte Waldgebiete Der Vorberggürtel, aus eiszeitlichen Lößanwehungen bestehend, trägt Obst und Wein, der Ortenauer Riesling ist bei Kennern bekannt und hat einen sehr guten Ruf. An seinem Fuß zieht die Bundesstraße 3, die alte Verkehrsschlagader, entlang, hier und da durch Umgehungsstraßen aus den Orten herausgeholt. Darüber erhebt sich der Schwarzwald mit seinen dunklen Wäldern, hier tief eingeschnitten durch die weiten Täler der Rench, der Kinzig und der Schutter. Sie bringen es insgesamt auf fast 300 km Landschaft. Die höchste Erhebung der Ortenau ist der höchste Berg des Nordschwarzwalds, die Hornisgrinde mit 1.164 m.ü.N.N., auch der Kniebis bringt es auf 960 m Höhe. Die sonnigen Rebberge umfassen mit 2700 ha die zweitgrößte Fläche des Anbaugebiets Baden.

Will man die Ortenau in seine Seele aufnehmen, muss man alle drei Gegenden kennenlernen, muss den Rhein strömen sehen, den Schnaken in seinen Altarmen trotzen, Maiglöckchen in den Auwäldern suchen, durch die Rebberge wandern und Riesling kosten, muss schließlich Brandenkopf oder Kniebis erklimmen und tief den Duft der Tannen und der Ameisenhaufen einatmen. Und immer mal wieder im Hof einer malerischen Fachwerk-Wirtschaft sitzen, die es sowohl in der Ebene als auch in den Vorbergen zuhauf gibt.

Gengenbach, Obertorturm

Die Sprache der Alteingesessenen ist der nördlichste der alemannischen Dialekte, das Niederalemannische, das an der alten Grenze des Alemannenlandes, der Oos-Murg-Linie endet. Doch gibt es nicht wirklich ein „niederalemannisches“ Bewusstsein, man ist Hanauer, Reichsstädter, Kinzigtäler, Lahrer – oder auch ganz allgemein Badner.

Politisch ist die Ortenau seit der Kreisreform 1972 im Landkreis Ortenaukreis zusammengefasst. Damals gab es um die Auflösung der alten Landkreise zum Teil erbitterten Streit – aber den gab es überall. Bedenklicher ist die von Schreibtischtätern veranlasste Trennung des Weinbaugebiets zwischen Lahr und Ettenheim vom Weinbaugebiet Ortenau und seine Eingemeindung in den Breisgau. Politisches Kennzeichen in der Geschichte – und erst durch die Schaffung des Landes Baden zwischen 1803 und 1819 gewissermaßen überwunden – ist die hochgradige Zersplitterung in kleine und kleinste Herrschaftsgebiete, was sich durchaus auch in der Frage der Religion, der die Untertanen folgen mussten, fortsetzte.

     

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