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Fassbau

Das Große Fass

Johann Kasimir, Regent der Kurpfalz (Kuradministrator) anstelle seines unmündigen Neffen Friedrich IV., ließ 1589 bis 1592 als besondere Attraktion im Schloß ein Faß "wie keines noch auf Erden", bauen, dazu ein Gebäude, um dieses Faß aufzunehmen. Der Küfer Michael Werner aus Landau baute das erste große Fass mit einem Fassungsvermögen von fast 128.000 Litern.

Dieses erste große Fass wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört und verbrannt. Kurfürst Karl Ludwig ließ 1664 als Sinnbild des Weinsegens der Pfalz unter Leitung des Heidelberger Küfermeisters Johannes Meyer ein neues Fass bauen, das über 197.000 Liter fasste. Es trug oben einen Tanzboden für Feste der höfischen Gesellschaft. Eine Treppe führte nicht nur auf den Tanzboden hinauf, sondern auch um das Fass herum, um seine Besichtigung von allen Seiten zu ermöglichen.

Dieses zweite Fass war zu Beginn des 18. Jahrhunderts marode. Es wurde unter Karl Philipp 1728 repariert und hatte anschließend ein um 4.000 Liter höheres Fassungsvermögen. Sein Auftraggeber ließ das Schnitzwerk seines Vorgängers an der Frontseite durch eine weinselige Karyatide ergänzen.

Schließlich ließ Kurfürst Carl Theodor 1750/51 von Johann Jakob Englert das dritte Große Fass erbauen, das heute noch bewundert wird. Es ist 7 m breit und 8,5 m lang und hat ein Fassungsvermögen von 228.000 Litern. Wie seine Vorgänger hat es auf seiner Oberseite einen Tanzboden. Von dem allerdings heißt es, dass man, wenn man darauf tanzen wollte, mit dem Kopf an der Decke anstoße.

Berechnungen über den Weinverbrauch des Hofes ergeben, dass das erste Große Fass Johann Kasimirs vom Hof in ca. 60 - 100 Tagen, das zweite Fass Karl Ludwigs in ca 120 - 150 Tagen ausgetrunken war. Das Fass Carl Theodors war zwar den Unterlagen zufolge tatsächlich einmal gefüllt, jedoch so undicht, dass es zum praktischen gebrauch ungeeignet war.

Die Fässer sollen zum Einsammeln des Zehntweins in der Kurpfalz gedient haben. Ihr Inhalt wird daher ein Sammelsurium aus den verschiedensten Weinen und Weinlagen - meist minderer Qualität - gewesen sein.

Mit dem Großen Fass eng verknüpft ist die Geschichte des Hofnarren und Weinzwergs Perkeo.

Im großen Fasskeller steht rechts vom Zugang ein "kleines" Fass mit etwa 130.000 Litern Fassungsvermögen. Es wird von eiligen Besuchern gerne für das Große Fass gehalten.

Überlegungen zum Großen Fass

Wer im Schlosskeller in Heidelberg vor dem legendären Großen Fass steht, fragt sich unwillkürlich, wer diese immense Menge an Wein jemals getrunken haben mag.

Dazu muss man sich jedoch vergegenwärtigen, dass dieses Fass gebaut wurde, als die kurfürstliche Hofhaltung längst nicht mehr im Schloss residierte, dass also gar nicht die Menge an Personen anwesend war, die eine solche Menge hätte trinken können. Geplant war eher - nachdem das Fass nun schon mal fertig war - hier den Wein aus den umliegenden Kellereien zu sammeln und unter Aufsicht der Kanzlei zu verkaufen. Da Heidelberg jedoch nicht als Wein-Messestadt galt, scheiterte dieses Ansinnen.

Das Fass wurde nach den vorliegenden Unterlagen nur einmal wirklich gefüllt - unter Anspannung aller Kräfte und in einem sehr guten Weinjahr. In den folgenden Jahren wurde der Wein - wenn überhaupt - zu langsam geliefert, so dass der Inhalt schneller zu Essig wurde als das Fass gefüllt werden konnte. Später wurde das Holz zu trocken, das Fass wie seine überdimensionierten Vorgänger konnte nie ganz dicht gehalten werden. Es zu füllen, erwies sich ohnehin schnell als unwirtschaftlich.

Dieses Große Fass war - wie alle "Großen Fässer" ihrer Zeit und wie seine Vorgänger - vor allen Dingen ein Prestigeobjekt, mit dem sein Bauherr sowohl die Küferkunst "seiner" Handwerker als auch die Vorzüge "seines" Weinlandes Kurpfalz demonstrieren wollte. Aus diesem Grund musste das Fass auch im Schloss liegen, obwohl für die Anlieferungen eine Sammelstelle in der Stadt weit weniger aufwendig gelegen hätte. Im übrigen lieferten nicht die Bauern selbst ihren Zehntwein hier ab, was angeliefert wurde, waren die schon eingesammelten Weinvorräte aus den verschiedenen Kellereien.

 

 

weiter:
Führung zur Baugeschichte
Friedrichsbau
Führung im Schlosshof Schlossterrasse
siehe auch:  

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