Die VIII. Legion vor Straßburg
Als die Legio VIII Augusta in Straßburg, damals
Argentorate, eintraf, blickte sie bereits auf eine lange
Geschichte zurück. Im Jahre 59 v. Chr. wird sie als
eine der drei Garnisonen von Aquileia in Norditalien genannt
und gehörte zu Beginn des Gallienkrieges dem Heer
Cäsars an, was ihr den Beinamen Gallica einbrachte.
Danach nahm sie an zahlreichen Schlachten teil, um dann
nach Italien zurückzukehren und die Bezeichnung Augusta
zu erhalten. Um 14 n. Chr. war sie Teil der Armee des Illyricum
(heutiges Slowenien und Kroatien), wie ihre Beteiligung
an den Meutereien zeigt, die den Regierungsantritt des
Kaisers Tiberius begleiteten. Ihre Präsenz in Österreich
und Slowenien ist durch Inschriften belegt. Um 45 n. Chr.
scheint die 8. Legion in Moesia (heutiges Bulgarien) Posten
bezogen zu haben. Eines ihrer Lager, erbaut aus Holz und
Lehm, wurde in Novae an der unteren Donau ausgegraben.
Während für die Folgezeit die Hinweise spärlich
gesät sind, bezeugen Texte römischer Historiker
die Rolle der Legion in den Bürgerkriegen, die 68-69
n. Chr. auf den Tod Neros folgten. Nachdem sie eine Zeitlang
einen der Thronanwärter, Otho, unterstützt hatte,
und nach Italien marschiert war, schloss sich die Legion
dem zukünftigen Kaiser Vespasian an und kämpfte
in der Schlacht von Cremona. Um die römische Vorherrschaft
gegen die während des Machtvakuums in Gallien ausgebrochenen
Revolten zu verteidigen, entsandte Vespasian seine Truppen
dorthin, darunter die 8. Legion. Als der Frieden wiederhergestellt
war, schlug Letztere ihr Lager in Mirebeau nahe Dijon auf.
Bedeutende Grabungen unter der Leitung von Prof. M. Reddé haben
ergeben, dass die Legion mindestens bis zu den Jahren 83-84
n. Chr., wahrscheinlich sogar bis 89-90, in Burgund stationiert
blieb. Diese bahnbrechenden Arbeiten konnten die bislang
vorherrschende Lehrmeinung widerlegen, der zufolge die
Legion bereits 70 n. Chr. in Straßburg eintraf.
Die 8. Legion in Straßburg
Die Regierungszeit Vespasians brachte einen grundlegenden
Wandel für die römische Politik in Germanien.
Ab 73-74 n. Chr. marschierte die römische Armee im
Schwarzwald und im Neckartal ein.
Aufgrund seiner strategisch günstigen Position war
Straßburg wahrscheinlich einer der Ausgangspunkte
der Offensive jenseits des Rheins, im Zuge derer eine von
kleineren Militärposten gesäumte direkte Verbindungsstraße
zur Donau angelegt wurde. Nichts deutet darauf hin, dass
Straßburg damals ständiger Sitz einer Garnison
war – die Stützpunkte der Provinz wurden hauptsächlich
von den zwei in Mainz stationierten Legionen, von einer
weiteren aus Windisch in der Schweiz und von der in Mirebeau
(Bourgogne) ansässigen achten Legion bedient.
Nach dem Aufstand des Legaten Saturninus 89 n. Chr. erfuhren
die Streitkräfte in der Provinz Germania Superior
eine radikale Umbildung. In diese Zeit fiel die Verlegung
der 8. Legion von Mirebeau nach Straßburg, wo sie
ihr neues Lager errichtete. Ab dem Jahre 101 n. Chr. waren
nur noch zwei Legionen in der Provinz Germania Superior
verblieben: Die 22. in Mainz und die 8. in Straßburg.
Dadurch wurde die Rolle Straßburgs als grenznahe
Basis noch verstärkt: Die 8. Legion war aktiv an der
Kontrolle der neuen Gebiete beteiligt und kam auch bei
der Überwachung des Limes (äußere Reichsgrenze)
jenseits des Rheins zum Einsatz.
Das bemerkenswertes Fragment eines verzierten Schildes,
das in South Shields im Fluss Tyne am Ostende des Hadrianwalls
entdeckt wurde, zeugt zudem von der Teilnahme der 8. Legion
an Feldzügen in Großbritannien unter Septimus
Severus im späten 2. und frühen 3. Jh. n. Chr.
Die Bedrohung durch einfallende Germanen zwang die Römer
ab 260 n. Chr. sämtliche Gebiete östlich des
Rheins aufzugeben und die Reichsgrenze an den Rhein zurückzuverlegen.
Straßburg lag damit an vorderster Front und nahm
mehr als ein Jahrhundert lang eine zentrale strategische
Stellung bei der Verteidigung der Rheingrenze ein, wodurch
der 8. Legion eine umso größere Rolle zukam.
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