Schlossgeschichten

Schloss Ludwigsburg und die Herren Württembergs - Notizen zur Baugeschichte

Spatzen für Ludwigsburg? - Was das Schloss kostete

Bau- und Sanierungsmaßnahmen in Schloss Ludwigsburg

Neueinrichtung des Schlossmuseums im Alten Corps de Logis und Riesenbau zum Ludwigsburger Schlossjubiläum 2004

Wie richtet man ein Schloss ein ?

Dreihundert Jahre Geschichte in den Räumen Herzog Eberhard Ludwigs und seiner Familie

Das Flair eines festlichen Rokokoappartements aus der Zeit des Herzogs Carl Eugen

  

Spatzen für Ludwigsburg? - Was das Schloss kostete

Schöner Wohnen kostet Geld. Und richtig teuer wird der Neid der Nachbarn im Schlossformat. Ludwigsburg, Eberhard Ludwigs Schloss, verschlang bis 1733 mehr als drei Millionen Gulden. Dazu kamen jährliche Ausgaben für die Hofhaltung von 391.000 Gulden. Carl Eugen, der ab 1744 regierende Herzog, verbaute nochmals sechs Millionen Gulden und trieb bis 1765 die jährlichen Kosten der Hofhaltung auf 516.000 Gulden. Seit dem Beginn des Jahrhunderts hatte sich dieser Posten damit fast vervierfacht.
Solche Zahlen lassen sich für heutige Leser nur schwer übersetzen. Die Zahl direkt in heutige Kaufkraft umzusetzen oder auch einfach die Preise anhand der Löhne und Preise umzurechnen, scheidet aus, weil die Bedürfnisse im 18. Jahrhundert ganz andere waren und ein großer Teil der Wirtschaft - und auch der Löhne und Gehälter - in Naturalien abgewickelt wurde. Dass die Hofhaltung und der Schlossbau unter Eberhard Ludwig für ein Viertel des württembergischen Staatshaushaltes zu Buche schlugen, vermittelt aber doch einen Eindruck von der Bedeutung der Baukosten.
Herzog Eberhard Ludwigs Bauprogramm entsprang nicht individuellen Launen, sondern den Spielregeln aristokratischer Politik. Einem Fürsten war die Aufgabe in die Wiege gelegt, die "Hoheit" und "Gloire" des eigenen Hauses im Wettstreit der Dynastien zu mehren. Kleinere und mittlere Potentaten wie die Herzöge von Württemberg gaben im 18. Jahrhundert für ihren Hof und ihre Schlossbauten vergleichsweise hohe Beträge aus, weil ihnen auf diesem Gebiet noch möglich war, was militärisch außer Reichweite lag: auf der europäischen Bühne etwas vorzustellen. Herzog Carl Eugens glanzvoller Hof etwa wurde auf dem ganzen Kontinent gerühmt. Dagegen fielen seine 15.209 Soldaten, die den Herzog mit 2.107.547 Gulden bedeutend teurer als die Hofhaltung kamen, gegenüber den mehrere 100.000 Köpfe zählenden Armeen der Großmächte kaum ins Gewicht.
Nach alteuropäischem Rechtsdenken sollte der Fürst von "Eigenem" leben: von seinem Hausgut und von den staatlichen Domänen. Die nicht auf diesen Gütern lebenden Untertanen durfte er nur mit der Zustimmung ihrer Herren, des Landadels und der städtischen Oberschichten, besteuern. Ebenso waren die Besitzungen der Kirche seinem Zugriff entzogen. Groß und mächtig wurden Staaten, wenn es ihren Herrscherhäusern gelang, diese Aufteilung zu durchbrechen und ihre Finanzierungsbasis dauerhaft zu verbreitern. Klein und schmächtig oder - wie im Falle Württembergs - Mittelmaß blieb die Staatsmacht, wo sich die alten Strukturen erhielten. Die württembergischen Herzöge konnten nur 4 % ihrer Untertanen selbst besteuern, weil die Landstände ihr "gutes altes Recht" zu wahren wussten - notfalls indem sie beim Kaiser klagten. Und auch der Griff in den "Kirchenkasten" war für die Herzöge im Prinzip tabu.
Dass sich ein Projekt wie das Ludwigsburger Schloss dennoch finanzieren ließ, hing an den Inkonsequenzen der Politik im Ancien Régime. Auch den württembergischen Landständen war klar, dass sich die Geschäfte des Herzogtums nicht allein aus der herzoglichen (Privat-) Schatulle finanzieren ließen. Seit dem 17. Jahrhundert übernahmen die Landstände die beim Herzog aufgelaufenen Schulden in unregelmäßigen Abständen - nach mehr oder weniger ritualisierten Streitereien und gegen politische Zugeständnisse. Gelegentlich half auch ein Trick: Eberhard Ludwig errichtete sein Schloss teilweise auf Kirchenland und konnte darum doch Mittel aus dem "Kirchenkasten" abzweigen. Not und fiskalischer Erfindergeist gebaren schließlich manch kurioses Projekt. Beispielsweise erhob Eberhard Ludwig seit dem 1.12.1719 so genannte "Spatzengelder". Jeder Untertan war verpflichtet, der Obrigkeit jährlich 24 tote Spatzen abzuliefern. Bei Nichterfüllung wurde ein Strafgeld von 6 Kreuzern fällig. Technisch gesehen war das eine Maßnahme zur Policey, der Landespflege also. Real handelte es sich um eine verdeckte Steuer, deren Erträge aber lächerlich gering blieben. 1724 gingen gerade einmal 2.319 Gulden und 19 Kreuzer ein.$Merke: Anders als es das Sprichwort weiß, wäre es hier vielleicht manchmal sinnvoll gewesen, auf die Taube auf dem Dach zu warten.

Text Harald Haury, Staatsanzeiger-Verlag

   

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