Massenmedien, die wie heute die Bilder von Staatsmännern
und Berühmtheiten in der Welt bekannt machen, gab es in
der Antike noch nicht. Dennoch waren es Bilder in Form von Statuen
und Porträts, oder auf Münzen und Reliefs, die der
Inszenierung von Macht und Herrschaft dienten. Das Bild war Medium
der Selbstdarstellung und Repräsentation für alle Personen
des öffentlichen Lebens. In besonderem Maße galt dies
natürlich für die Abbilder der Herrscher und deren
Familien, die vor allem in Rom und in den hellenistischen Königreichen
den öffentlichen Raum dominierten. Hervorragende Beispiele
für die Wirkmächtigkeit von Herrscherbildern sind die
Porträts von Alexander dem Großen, der in der Antike
unbestreitbar als einer der größten Feldherren galt.
Eine Besonderheit seiner Porträts waren die über der
Stirn aufgeworfenen Haarsträhnen – die anastole –,
die das Löwenhafte seiner Natur ausdrücken sollten.
Einige Herrscher der hellenistischen Diadochenreiche, die nach
dem Zerfall von Alexanders Großreich entstanden waren,
griffen bei ihren Bildnissen auf diese Chiffre zurück, um
sich diesem anzugleichen. Auch in römischer Zeit spielte
die ikonografische Identifikation mit Alexander noch eine Rolle:
So ließ sich etwa der römische Feldherr Gnaeus Pompeius
Magnus, einer der Rivalen Caesars, mit dem über der Stirn
aufgeworfenen Haar darstellen. Auch historische Quellen berichten,
dass Pompeius sich gerne mit Alexander vergleichen ließ.
Greifbarer Beleg dafür ist die Annahme des Beinamens Magnus
(„der Große“).
Büste des Nero Julius Caesar.
Fundort unbekannt, 20/25 n. Chr. Landesmuseum Württemberg, Stuttgart
©
H. Zwietasch; Landesmuseum Württemberg, Stuttgart Die Bilder der Herrscher waren nicht als realistische Abbilder
lebender Personen gedacht, sondern folgten einer medialen Strategie,
die dazu diente, über Bildformeln und Chiffren der Öffentlichkeit
ein bestimmtes politisches, religiöses und ideologisches
Programm zu vermitteln, das sowohl die persönliche Herrschaftslegitimation
wie auch gesellschaftliche Leitvorstellungen kommunizierte. Es
war Kaiser Augustus, der hinsichtlich der visuellen Inszenierungen
der eigenen Person neue und reichsweite Maßstäbe setzte.
Im Verlauf seiner Regierungszeit (27 vor Christus–14 nach
Christus) entstanden mehrere Bildnistypen, die die politische
und gesellschaftliche Ideologie, die er zu vermitteln wünschte,
zum Ausdruck brachten; spätere Kaiser folgten Augustus‘ Vorbild.
Die Bildvorlagen aus Rom wurden überall in den Provinzen
kopiert, wodurch sich die kaiserliche Selbstdarstellung und Propaganda
im gesamten Imperium verbreitete.
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die Repräsentation
kaiserlicher Herrschaft findet sich auf dem sogenannten Iuppiter-Kameo
in der Antikensammlung des Landesmuseums Württemberg. Hier
sind Marc Aurel und seine Gemahlin Faustina Minor in Gewand und
Gestus von Iuppiter und Iuno, dem höchsten römischen
Götterpaar, dargestellt. Symbolisch wurde so die kaiserliche
Herrschaft sakral überhöht und als besonders gesegnet
herausgestellt. Die Kaiser regierten im Auftrag der Götter.
Sie galten zwar zu Lebzeiten noch nicht selbst als Götter,
wurden jedoch nach dem Tod in diesen Status erhoben.
Neben der Darstellung der eigenen Person konnte die kaiserliche
Macht auch über Gegenbilder vermittelt werden: So brachten
etwa Bilder von unterworfenen und versklavten „Barbaren“ auf
Münzen, Reliefs oder Statuen die militärische Überlegenheit
des Kaisers und damit Roms zum Ausdruck. Besonders deutlich wird
die Macht der Bilder auch dort, wo sie gebrochen werden sollte:
So findet sich in der Antikensammlung ein Porträt Kaiser
Domitians, das ursprünglich nicht ihn, sondern Kaiser Nero
darstellte, und das im Zuge der damnatio memoriae umgearbeitet
wurde. Diese „Auslöschung des Andenkens“ war
eine posthume Strafe, bei der der Name und das Bild eines Toten
aus allen Inschriften und Darstellungen getilgt wurden.
Ein spezielles Massenmedium der Antike waren die Münzen,
die durch unzählige Hände gingen. Ihre weitreichende
Verbreitung machte sie zu einem zentralen Kommunikationsmittel
für die darauf geprägten Bilder. Die römischen
Kaiser nutzten das Bildrepertoire der Münzen, um gezielt
bestimmte politische Ereignisse, militärische Triumphe oder
die kaiserliche Herrschaftslegitimation zu kommunizieren, wodurch
Münzen zum grundlegenden Medium der kaiserlichen Selbstrepräsentation
wurden. Während auf der Vorderseite der Münze das Porträt
des Kaisers prangte, konnten auf der Rückseite seine Siege
und politischen Großtaten oder seine persönlichen
Tugenden gefeiert werden. Im Römischen Reich galt eine einheitliche
Währung, weshalb die serienmäßigen Prägungen
nahezu jeden erreichten, auch in den entlegenen Provinzen. Sogar über
die Reichsgrenzen hinaus fanden sie als Zahlungsmittel noch Verbreitung. Über
die Nominale konnte zudem gesteuert werden, welche Botschaften
ganz allgemein in der Bevölkerung oder eben nur in bestimmten
sozialen Schichten kommuniziert werden sollten: Bronze- oder
auch Silberprägungen waren einer breiten Bevölkerung
zugänglich, während sich Sonderprägungen in Gold
meist speziell an die politischen Eliten richteten; das Bildprogramm
war auf die entsprechende Zielgruppe abgestimmt.
|