Landesmuseum Württemberg


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Vielsagend und facettenreich: die wunderbare Bilderwelt der Antike

 

Wenn uns die Antike heute marmorweiß erscheint, so täuscht dieser Eindruck, denn der antike Alltag war sehr stark von Farbigkeit bestimmt. Nicht nur waren alle steinernen Skulpturen und tönernen Statuetten bunt bemalt, sondern die Kunst der Antike war generell in hohem Maße von einer vielfarbigen wie vielfältigen Bilderwelt gekennzeichnet, die eine große Bandbreite an Motiven und Themen aufweist und ein Spiegel der griechischen, etruskischen und römischen Lebenskultur ist. Dementsprechend groß ist die Bilderfülle, die auf verschiedenen Bildträgern – z. B. Vasen, Reliefs, Wandmalereien und Mosaiken – überliefert ist. Die Auswahl der Bildthemen erfolgte dabei aber nicht willkürlich, denn die Bilder dienten keineswegs einzig der bloßen Dekoration; vielmehr standen Aussagen und Botschaften dahinter, die sich an den Betrachter richteten. Das Bild war ein bedeutendes Medium und diente der Kommunikation innerhalb der Gesellschaft.

Leda mit dem Schwan. 380/370 v. Chr. Landesmuseum Württemberg, StuttgartBesonders bevorzugt wurden Darstellungen mythischer Geschichten von Göttern und Helden. Neben Szenen aus den großen Mythen über die olympischen Götter wie Zeus oder vergöttlichte Heroen wie Herakles erfreuten sich vor allem die homerischen Epen zum Trojanischen Krieg oder zu den Irrfahrten des Odysseus besonderer Beliebtheit. Durch Handelskontakte und den kulturellen Austausch mit den griechischen Kolonien in Italien hielten Szenen wie das Paris-Urteil oder Achills Kampf gegen die Amazonenkönigin Penthesileia sogar in die Bilderwelt der Etrusker Einzug. Auch in Rom dominierten griechische Mythen die heimischen Bilderwelten: Sie sind das häufigste Motiv auf Wandmalereien in römischen Häusern. Sie sollten sowohl die Bildung des Hausherrn unterstreichen als auch die Funktion eines Raumes hervorheben: In Schlafräumen etwa wurden gerne die Liebschaften des Zeus dargestellt, farbenprächtige Beispiele dafür finden sich auch im Landesmuseum Württemberg.

Leda mit dem Schwan. 380/370 v. Chr. Landesmuseum Württemberg, Stuttgart
© P. Frankenstein, H. Zwietasch; Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

Ein besonders breites Spektrum an unterschiedlichen Motiven zeigen die Darstellungen auf griechischen Vasen: Diese bilden nicht nur die bereits angesprochenen mythischen Wesen, Götter oder Heroen ab, sondern auch Szenen aus der Lebenswelt: Männerrunden beim Symposion – manchmal in der Gesellschaft von Hetären, Athleten beim Training im Gymnasion, Liebeswerbungen, Krieger im Kampf, Damen beim Schminken und bei der Kleiderauswahl oder sogar Töpfer bei der Arbeit an der Töpferscheibe. Solche Bilder erlauben Einblicke in Aspekte des täglichen Lebens, die in den Schriftquellen nur selten so detailliert geschildert werden. Zugleich ermöglichen sie Rückschlüsse darüber, welche Bereiche des Alltags als so prägend empfunden wurden, dass sie als angemessener Gegenstand für die Kunstfertigkeit der Vasenmaler galten. Im Wandel der Motive lassen sich dabei auch Veränderungen im Zeitgeist beobachten, wie das Beispiel der besonderen Bedeutung zeigt, die Krieg und Kampf im 6. und 5. Jahrhundert vor Christus für die Lebensrealität hatten. In dieser Zeit kämpften nicht nur die einzelnen Stadtstaaten um die Vormachtstellung, sondern die griechische Freiheit war durch die Großmacht der Perser bedroht. In Vasenmalereien schlägt sich dies etwa in der Beliebtheit des Motivs des Kriegerabschieds nieder: Auf einer Bauchamphora verabschiedet sich ein Gerüsteter von seiner Frau. Szenen wie diese sollten an die Möglichkeit des eigenen Todes auf dem Schlachtfeld erinnern, thematisierten aber zugleich auch die Möglichkeit eines ruhmreichen, ehrenvollen Todes „für eine gute Sache“.

Griechische Trinkschale mit Sportdarstellungen
Griechische Trinkschale mit Sportdarstellungen, um 500 v. Chr. Landesmuseum Württemberg, Stuttgart
© P. Frankenstein, H. Zwietasch; Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

Durch alle Zeiten beliebt waren Athletendarstellungen wie die von Diskuswerfern oder Ringern, die das männliche Leistungsethos zum Ausdruck bringen sollten. Das Training des Körpers war von Bedeutung, um sich anderen gegenüber auszuzeichnen, zugleich aber auch unerlässlich für den Kampf und die Verteidigung des Gemeinwesens. Ein gestählter Körper zählte zudem auch zu den Wesensmerkmalen der moralischen und geistigen Vollkommenheit – kalos kai agathos (= gut und schön) galt als Ideal der griechischen Gesellschaft. Die körperliche Ertüchtigung spielte vor allem in der Erziehung der Jugend zur Elite eine zentrale Rolle.

Häufiger finden sich bei den Athletendarstellungen auch Inschriften wie o pais kalos (= der Knabe ist schön). Diese sogenannten Lieblingsinschriften sind vielfach auf Vasen schönen jungen Männern und ihren Vorzügen gewidmet, manchmal werden die Bewunderten auch namentlich genannt. Auf der Stuttgarter Duris-Schale mit Sportdarstellungen ist dies ein gewisser Chairestratos.

Mumienporträt der Eirene. Ägypten, 40/50 n. Chr. Landesmuseum Württemberg, StuttgartAuch Kulturkontakt und Kulturtransfer schlugen sich besonders deutlich in Bildern nieder: Bildinhalte wurden dabei ebenso tradiert und neu aufgenommen wie Formensprache oder spezielle Techniken in der Malerei. Ein einzigartiges Beispiel für Akkulturationsprozesse sind die farbenprächtigen Mumienporträts aus dem römischen Ägypten. Schon seit der Eroberung Ägyptens durch Alexander den Großen hatte sich hier die jahrtausendealte pharaonische Tradition mit der der griechischen Kultur vermischt. Nach der Eroberung durch die Römer im Jahr 30 vor Christus kam dann auch der römische Kultureinfluss zum Tragen. Mumienporträts sind auf dünne Holztafeln gemalte Porträts, die in die Bandagen am Kopfteil von Mumien eingebunden wurden. Sie entstanden, als die Jenseitsvorstellungen und der Totenkult der gemischten ägyptisch-griechischen Bevölkerung auf die römische Bildnistradition und Tafelmalerei trafen. Das Stuttgarter Mumienporträt der Eirene belegt besonders eindrucksvoll die multikulturelle Gesellschaft des römischen Ägyptens. Eine Inschrift nennt hier den Namen der Toten: „Eirene, Tochter des Silvanos und der Senpnoutis“. Während Eirenes Vater einen Namen römischen Ursprungs trägt, ist der Name ihrer Mutter ägyptisch und ihr eigener typisch griechisch.

Mumienporträt der Eirene. Ägypten, 40/50 n. Chr. Landesmuseum Württemberg, Stuttgart
Foto © H. Zwietasch; Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

    Intro unter Verwendung von Bildern von Ausstellungsobjekten© LMW
Plakat & Text: LMW

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