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Kurfürstliche Appartements

Im ersten Obergeschoss des Altbaus befinden sich die Appartements des Kurfürsten und der Kurfürstin. Sie entsprechen in ihrer Anordnung der höfischen Etikette des 18. Jahrhunderts, wonach das fürstliche Paar getrennte und im Prinzip gleichartige und gleichwertige Räume bewohnte. Eine Symmetrie der Räume konnte jedoch wegen der baulichen Gegebenheiten nicht verwirklicht werden - das sollte wohl einem geplanten, aber nie realisierten Neubau vorenthalten bleiben.

Fürst und Fürstin wohnten selbstverständlich in getrennten Appartements. Das war seit der Zeit der Renaissance üblich, das Schlafzimmer gemeinsam zu nutzen galt als bürgerlich.

Das Appartement begann jeweils mit einem Ersten Vorzimmer, in dem "einfache" Besucher ohne ständische Qualität warteten. Es war einfach und schmucklos gehalten, die Etikette sah vor, dass daran anschließend die Prachtentfaltung von Raum zu Raum weiter zunahm. Die geringe Zahl der Räume und das damit erzwungene geringe Platzangebot erforderte, dass die meisten Räume doppelt und dreifach genutzt werden mussten. So schliefen hier die Kammerherren und Kammerdiener, die die persönliche Bedienung des Fürsten zu leisten hatten, bzw. die Kammerfrauen für die persönliche Bedienung der Fürstin. Tischbettladen waren nachts zum Schlafen geöffnet und tagsüber geschlossen, damit der Deckel als Arbeitsplatte genutzt werden konnte. Im Gegensatz zum wesentlich repräsentativer ausgestatteten Residenzschloss waren auf diese Weise nur "Appartements simples" verwirklicht - in Mannheim z.B. hatte das fürstliche Paar "Appartements doubles" mit parallel gelegenen Dienerräumen.

Im Zweiten Vorzimmer auf die Audienz beim Fürsten zu warten hatten nur Herren bzw. Damen von Stand das Recht. Dieses Vorzimmer war dann auch prächtiger ausgestattet und hatte statt der Holzpaneele eine Wandbespannung aus Baumwollstoff mit einer Goldleiste.

Das darauf folgende Schlafzimmer war gleichzeitig Empfangs- und Frühstücksraum und wie die Vorzimmer ein öffentlicher Raum, auch wenn sich das Recht, ihn zu betreten, sehr in Grenzen hielt. Da das fürstliche Paar nach dem österreichisch-burgundischen Zeremoniell lebten, fanden hier keine Lever- und Coucher-Zeremonien wie etwa am französischen Hof statt.

Bild oben: Schlafzimmer des Kurfürsten mit Lit a la Polonaise

Links: Kabinett der Kurfürstin (alte Einrichtung)

Im Anschluss an das Schlafzimmer liegt jeweils ein Kabinett als privater Rückzugsraum, das dieserm Rang entsprechend sehr kostbar ausgestattet ist. Unmittelbar in das Kabinett des Kurfürsten führt seine private Zugangstreppe vom Erdgeschoss aus. Die Kurfürstin musste ihre Zugangstreppe, von der aus sie direkt ihr Schlafzimmer betreten konnte, vermutlich mit Dienern und Dienerinnen teilen.

Hinter dem eigentlichen Appartement der Kurfürstin liegen die so genannten Degagements (frz. "Befreiung"), zusätzliche Räume, die man auch als "Appartements de commodité", als Räume zur Bequemlichkeit bezeichnen könnte: Ein Vorraum, eine Schlafkammer für die Kammerfrau, eine Puderkammer für die Pflege der Frisur, die Bibliothek der Kurfürstin sowie eine Werkstatt für die Schneiderinnen.

Der Geschichte des Schlosses und dem Charakter als Altbau entspricht es, dass auf der Hofseite ein großer Raum als Speisezimmer genutzt werden konnte und wohl auch für Diners im engeren Kreis genutzt wurde. Große Galadiners fanden nach Fertigstellung des südlichen Zirkelsaals dort statt.

Für die leiblichen Notwendigkeiten standen dem Fürst und der Fürstin eigene Kämmerchen für die Aufbewahrung des Leibstuhls zur Verfügung. Fürst und Fürstin wuschen sich dagegen wohl in ihren Schlafzimmern. Im Erdgeschoss, zum Garten hin gelegen, hatten beide ein gemeinsames Badekabinett.

   
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