Residenzschloss Mannheim


Schlossmuseum

  

Der Entwurf für das Hochaltargemälde der Mannheimer Schlosskirche
Szene aus dem Marienleben, Pierre Goudreau, um 1730

Ein spektakuläres Zeugnis für den künstlerischen Rang der Mannheimer Ausstattung: Die Staatlichen Schlösser und Gärten konnten eine farbige Skizze des verlorenen Altarbildes der Mannheimer Schlosskapelle erwerben. Der Maler, Pierre Goudreau, war Hofmaler von Kurfürst Carl Philipp von der Pfalz. Er schuf diesen „Bozzetto“ – so der Fachbegriff für die Ölskizze – als Entscheidungsgrundlage für den Auftraggeber, den Kurfürsten. Nach diesem aufwendigen Entwurf wurde dann das Altarbild der Schlosskirche gemalt. Da die Schlosskirche und ihre Ausstattung wie das gesamte Schloss im Krieg zerstört wurden, ist die Skizze die einzige originale bekannte farbige Darstellung aus der zerstörten Kirche.

Der Bozzetto gibt einen guten Eindruck von der Schönheit und Pracht der Schlosskirche. Der Maler Pierre Goudreau hatte den Entwurf 1729 angefertigt; das Altargemälde, das danach entstand gehörte also zur ersten Ausstattung des Schlosses. 1944 wurden Schlosskapelle und Ausstattung vernichtet; nur wenige Schwarzweiß-Aufnahmen haben sich davon erhalten. So gibt die vom Maler Goudreau signierte und datierte Farbskizze als einzige Ansicht eine Vorstellung vom Kolorit des Mannheimer Altarbildes. Das Stück ist dank seiner Einzigartigkeit von besonderem Wert – und als Zeugnis für Mannheim kann seine Bedeutung kaum hoch genug geschätzt werden.

Der Maler Pierre Goudreau (1694-1731) war Hofmaler am Mannheimer Hof des Kurfürsten Carl Philipp und erhielt 1729 den Auftrag, das Altarblatt für die neu errichtete Hofkirche beim Schloss zu malen. 1731 wurde die Hofkirche, mit ihrem Hochaltar und den beiden Seitenaltären, geweiht.

Der Bozzetto zeigt die Heimsuchung Mariens. Man erkennt im Zentrum des Bildes die jugendliche Maria, die von einer älteren Frau, Elisabeth, umarmt wird. Es handelt sich also um die Begegnung der beiden schwangeren Frauen nach dem Bibeltext bei Lukas 1, 39. Marias Haupt ist von einem strahlenden Heiligenschein umgeben. Sie blickt auf eine Wolkenformation, aus der ein Engel hervortritt und es scheint so, als würde der Engel Maria den Weg weisen. Rechts im Hintergrund öffnet sich ein Portal in ein größeres Gebäude, man erkennt gestikulierende Menschen.

Der Maler hat sich für diesen Entwurf in Ölfarbe auf Leinwand der typischen virtuos-flüssigen, ja fast flüchtigen Technik bedient, wie es bei solchen Bozzetti üblich ist. Die feinere Ausführung mit Details blieb dann dem späteren tatsächlichen Auftragsbild vorbehalten.

Der Bozzetto ist seit den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges eines der letzten Originale aus dem Umkreis der Mannheimer Schlosskirche. Er gehört, wie die erhaltene Signatur des Künstlers zeigt, zu den Erstausstattungsarbeiten des Schlosses und ist daher für die Bau- und Inventargeschichte des Schlosses ein außergewöhnlich bedeutendes Dokument. Zudem gibt der Bozzetto die ursprüngliche Farbgebung des Altargemäldes wider: erhaltenen Fotoaufnahmen aus der Zeit vor der Zerstörung zeigen ein stark nachgedunkeltes Bild, so dass die ursprüngliche Farbigkeit nicht mehr nachvollziehbar ist. Nach der Zerstörung des Altarbildes ist es, neben einem Farbdia der ebenfalls zerstörten Asamfresken der Decke, die einzige Quelle über die Farbgebungen im Mannheimer Schloss, weshalb es auch vielfach in der Literatur abgebildet wurde. Zuletzt war das Bild vor 20 Jahren in der Ausstellung „Barock in Baden-Württemberg“ zu sehen. Der Bozzetto liefert uns heute einen Eindruck von der prachtvollen Ausstattung des Schlosses und den künstlerischen Leistungen am Mannheimer Hof.

Das Bild befindet sich in einem zeitgenössischen, sehr wertvollen Rahmen, der reich geschnitzt und vergoldet ist. Im Giebel ist ein Spiegel eingefügt, dessen geschliffene Oberfläche ein Vogelmotiv zeigt. An den Seiten hängen Blumengirlanden.

Auf der Leinwandrückseite befindet sich die alte Aufschrift mit Datierung, wohl die Signatur des Künstlers. Ebenso ist auf der Rückseite eine handschriftliche Nummerierung „Nro 700“ zu sehen, die auf eine alte Inventarliste hinweist.

Beim Wiederaufbau der Schlosskirche nach dem Zweiten Weltkrieg hielt man sich nur grob an die ursprüngliche Situation. Der neue Hochaltar ist eine Neuausformung barocker Hochaltäre; das Altarbild wurde nach einem Gemälde von G. B. Tiepolo in der Pinakothek in München kopiert.

Daten zum Bild
Gemälde: 44 x 28 cm. Gesamthöhe mit Rahmen: 70 cm
Öl auf Leinwand
Auf der Rückseite vom Maler signiert.

     

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