Die Staufer und Italien


Innovationsregionen

 

Neue künstlerische Aktivitäten und Ausdrucksformen, eine aufblühende Wissenskultur, höfisches Leben in ungeahnter Pracht und Größe, veränderte Vorstellungen von Herrschaft, erneuerte kirchliche Strukturen, gesellschaftliche Umbrüche, der Beginn städtischen Lebens, sich radikal verändernde wirtschaftliche Bedingungen – Die Ära der Staufer war ein Zeitalter der Innovationen und Entwicklungsschübe.

Im „staufischen Jahrhundert“, zwischen 1138 und 1268, vollzogen sich in ganz Europa weitgreifende Veränderungs- und Umschichtungsprozesse, die zu einem gewandelten Weltbild führten. Die staufischen Herrscher hatten hieran maßgeblichen Anteil. Innerhalb ihres weiträumigen Herrschaftsbereiches treten dabei drei Regionen deutlich hervor, in denen dieser Wandel besonders deutlich greifbar ist: der Rhein-Main-Neckar-Raum, Oberitalien und das Königreich Sizilien.

Im Bereich der Wissenschaft gingen die epochalen Neuerungen vom stauferzeitlichen Italien aus. Bereits unter Friedrich Barbarossa (1152-1190) entwickelte sich Bologna zu dem Ort, der Studenten der Rechtswissenschaften aus ganz Europa anzog. Nicht zufällig ist mit dieser Stadt die Gründung der ersten Universität verbunden. Die Innovationen des 13. Jahrhunderts schlechthin gehen jedoch auf den Kreis der Gelehrten am Hofe Friedrichs II. und den Herrscher selbst zurück. In einem für diese Zeit ungewöhnlich modern anmutenden Maße wurden hier empirische Studien und wissenschaftliche Beobachtungen in den Bereichen von Astronomie, Physik, Chemie, Mathematik, Biologie, Human- und Tiermedizin durchgeführt. Als Ziel gab Friedrich II. aus, die Dinge so zu zeigen, wie sie tatsächlich seien.

Prächtig mit kunstvollen Buchmalereien ausgestattete Wissenschaftscodices künden bis heute von diesem Bestreben.

Die größte gesellschaftliche Veränderung lag indes in der Entstehung der städtischen Kultur, die an Rhein, Main und Neckar um 1190 fassbar wird, in Oberitalien noch früher.

Voraussetzung dafür war vor allem eine Bevölkerungszunahme in ganz Europa. Als größte Kommune im Stauferreich wuchs Mailand auf 200.000 Einwohner an. Städte dieser Größenordnung konnten nur durch eine wohl durchdachte, schriftliche Verwaltung gesteuert werden. Statuten, Verordnungen und Erlasse veranschaulichen diese hoch entwickelte und wohl organisierte kommunale Struktur.

Eng verbunden mit der Bildung kommunaler Zentren war die wirtschaftliche Entwicklung der einzelnen Regionen. Unter herrschaftlichem Schutz der Staufer entwickelte sich Frankfurt zum führenden Handelszentrum der Rhein-Main-Neckar-Region und zum wichtigen europäischen Messeplatz. Der Aufbau weiter Handelssysteme wurde durch ausgedehnte Geldwirtschaft gefördert. In dieser Zeit erfuhr das Münzgeld einen ungeahnten Bedeutungszuwachs. Der Augustalis Kaiser Friedrichs II. gilt als die erste geprägte Goldmünze, die flächendeckend zum Geldhandel eingesetzt wurde. Nun wurde der Wert von Waren, Dienstleistungen und Abgaben in Geld bemessen. Die Entwicklung des modernen Bankwesens folgte; Konten wurden eröffnet, Kreditgeschäfte professionalisiert.

Bevölkerungswachstum, steigende Produktion und Geldwirtschaft bedingten eine Veränderung der Lebensverhältnisse und beschleunigten die gesellschaftlichen Differenzierungsprozesse. Als Reflex des sozialen und wirtschaftlichen Wandels kann die Entstehung neuer Frömmigkeitsbewegungen, den Bettelorden, gesehen werden. Die neuen Gemeinschaften fanden in den Städten Oberitaliens und des Reichs starken Zuspruch. Ihre zahlreichen Niederlassungen prägten fortan das religiöse Leben und das architektonische Erscheinungsbild der Städte entscheidend. In Oberitalien wurde der erste städtische Laie, der homo bonus – der gute Mensch – von Cremona heilig gesprochen.

Aus den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und religiösen Wandlungsprozessen resultierten neue Bedingungen für die Kunst. Die soziale Stellung der Künstler veränderte sich ebenso wie die Arbeitssituation in den Werkstätten. Die Schöpfer großartiger Kunstwerke sind in dieser Zeit erstmals namentlich fassbar, da sie begannen, ihre Werke zu signieren. Glanzvolle Arbeiten entstanden im Auftrag des Herrschers und wurden durch zahlreiche Reichsfürsten gefördert. Deren Höfe in der Rhein-Main-Neckar Region, in Mainz, Heidelberg oder Worms, wuchsen zu neuen Zentren der ritterlich-höfischen Kultur an. Hochrangige Werke des Minnesangs und der Dichtkunst zeugen bis heute von dieser Kulturblüte.

    Texte & Bilder: rem
 

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