Freilichtmuseum Heuneburg


Landeskunde > Geschichte > Altertum > Kelten > Fundstätten und Orte
Höhensiedlung Heuneburg
 

HeuneburgHöhensiedlung der späten Hallstattzeit (6./5. Jh. v. Chr.) auf steiler Talkante 60 m über der Donau bei Herbertingen-Hundersingen, durch ausführliche Grabungen zwischen 1950 und 1977 als hallstattzeitlicher und frühlatènezeitlicher Fürstensitz erwiesen.
Der Gesamtkomplex besteht aus einer planierten, in der Hallstattzeit dicht bebauten Bergfläche mit einer Erstreckung von ca 200 x 300 m und einer im aktuellen Zustand frühmittelalterlichen, aber im Ursprung wohl ebenfalls keltischen Befestigung durch Wall und Graben, sowie einer unmittelbar zur Heuneburg gehörenden Außensiedlung.
Heuneburg und Außensiedlung wurden, parallel zum offenbar in der gesamten keltischen Welt eingetretenen Umschwung in den gesellschaftlichen Bedingungen, am Ende des 6. Jh. v. Chr. zerstört (oder aufgelassen?), während eine in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen "Südsiedlung" noch während des 5. Jh. bestand. Die Heuneburg indessen erlebte nach diesem Umschwung, der sich vor allem im Ersatz der Lehmziegelmauer durch ein "herkömmliches" Holz-Erde-Bollwerk zeigte, einen neuen Aufschwung, eine neue politische und wohl auch kulturelle Blüte.

Das Bild zeigt den Zustand des Plateaus vor dem Bau des Freilichtmuseums (Bild: Landesmedienzentrum B-W, # LMZ004728, Hans Steinhorst)

Luftbild der HeuneburgLuftbild der keltischen Höhensiedlung (späte Hallstattzeit, 6./5. Jh. v. Chr.) von Nordwesten. Bild: Landesamt für Denkmalpflege

Oberhalb der Bildmitte das befestigte Plateau, darunter der Bereich der hallstattzeitlichen Außensiedlung mit den später dort angelegten, modern wieder aufgeschütteten Grabhügeln.

Genese und soziale Struktur
Was zunächst Hypothese war, konnte durch ein Forschungsprojekt 1999 - 2003 nachgewiesen werden: Grundlage der Entstehung der Heuneburg und der großen Grabhügel in der Umgebung gleichermaßen ist eine Festigung der vorangegangenen verstreuten bäuerlichen Siedlung durch Prosperität, verbunden mit der Herausbildung lokaler Eliten, was zur Konzentration dieser verschiedenen kleineren Siedlungsverbände in der Neusiedlung Heuneburg geführt hat. Die lokalen Eliten, die zur Schaffung einer Festung dieses Ausmaßes allein in der Lage waren, hatten ihren Schwerpunkt weiterhin in den umliegenden Siedlungen, wo sie auch ihre aufwendig errichteten Grabhügel errichteten.

Diese Phase der Prosperität lag gleichzeitig mit der Blütezeit der Heuneburg, also im 7. Jahrhundert, und erbrachte für die Siedlungen dieser Zeit das Bild sowohl von rapider Zunahme der Bevölkerung als auch Hinweise auf spezialisiertes Handwerk. Rang und Fähigkeiten der Burgherren zeigen sich im Import von Weinamphoren aus dem Mittelmeerraum und griechischen Tongefäßen und damit in vielfältigen Kontakten der Burgherren mit den Hochkulturen des Mittelmeerraumes im 6. und 5. Jh v.Chr.

Die Heuneburg war in dieser Zeit mit einer Blockwerkmauer befestigt und hatte die Struktur einer lockeren Ansiedlung mit einzelnen Gehöften. Mitte des 6. Jahrhunderts aber wurde diese alte und traditionelle Struktur zu Gunsten einer regelmäßigen und dichten Bebauung verändert, und - wohl etruskischen Vorbild folgend - eine Fesdtungsmauer aus luftgetrockneten Lehmziegeln errichtet. Die Anlage zeigte sich in dieser Phase - zumindest in der Modellvorstellung - als befestigte "Höhenburg mit planmäßig angelegten Gebäuden, mit Wohn-, Wirtschafts- und ausgesprochenen Repräsentationsbauten".

Bild links: Landesmedienzentrum B-W, # LMZ020645

In weiteren Grabungen konnte die Außensiedlung - in der Vorstellung "mit gehöftweise gruppierten Wohn-, Wirtschafts- und Werkstattgebäuden" (beide Zitate S. Kurz, 2000) - statt ursprünglich nur auf ca 10 ha auf einer Fläche von mindestens 35 ha und einer ständig hier lebenden Bevölkerung von einigen tausend Menschen nachgewiesen werden.

Das Ende der Außensiedlung ist offenbar auch das Ende der die Heuneburg bestimmenden Gesellschafts- und Herrschaftsstruktur. Gegen Ende des 6. Jh. v. Chr. ließen die zentralistischen Kräfte nach, die altgewohnte Streusiedlung in Einzelhöfen und Weilern erhielt wieder den Vorrang. Die Heuneburg smt ihrer Lehmziegelmuer wurde zerstört, die Außensiedlung aufgelassen und planiert, auf ihrem Gelände wurden neue Grabhügel der (neuen?) Burgherren errichtet.

Betrachtet man die Entstehungsgeschichte der Heuneburg mit ihrer Außensiedlung und die mit der Größe verbundenen Problemlösungsfähigkeit in Wirtschaftskraft und Versorgung, stellt diese Siedlung den "nördlich der Alpen ältesten Ansatz zur Stadtbildung" dar (S. Kurz, 2003). Größe und Kraft dieser Siedlung lassen inzwischen an der Annahme, dass der Brand der Heuneburg und das Verlassen der Außensiedlung am Ende des 6. Jh. mit einem feindlichen Überfall zusammenhängen, erhebliche Zweifel aufkommen.

Die Rückkehr zu "traditionellen" Siedlungsformen brachte auch eine Rückkehr zur alten Holz-Erde-Befestigung mit sich. Um die Wende des 6. zum 5. Jahrhundert lässt sich im Südosten der Burg ein Herrensitz nachweisen, währenddessen im unmittelbaren Vorfeld der Burg eine neue Siedlung mit einer Umwehrung entstand. Das Areal der alten Außensiedlung gab Platz für die Großgräber der neuen Herren.

Die Heuneburg samt ihrer vorgelagerten Siedlung wurde gegen 400 v. Chr. zerstört, verlassen und nicht wieder aufgebaut.

Der Hohmichele

Der "Hohmichele" ist der größte Grabhügel im Umkreis der Heuneburg und wurde wohl im 6. Jh. v. Chr. als einfacher Grabhügel von ca 5 m Höhe begonnen. Erst im Zusammenhang mit später angelegten Gräbern wurde er auf die dann erreichten Maße von 85 m Durchmesser und 15-16 m Höhe aufgeschüttet.


Hohmichele mit umliegenden Grabhügeln und hallstattzeitlichen Siedlungen
Kartenskizze aus: S. Kurz, Siedlungsforschungen (2001) S. 62

War der Grabhügel ursprünglich als Grabmal für einen prominenten Verstorbenen errichtet, wurde er mit den weiteren Bestattungen zum Monument eines Familienverbandes, das dessen Bedürfnis nach Repräsentation erfüllte und seinen Bezug auf einen vornehmen "Spitzenahn" kultiviert

     

im Detail:

weiter:

siehe auch:

 

zurück:

Startseite | Service | Aktuelles | zur ZUM | © Badische Heimat/Landeskunde online 2017