Archäologische Abteilung, Römische Geschichte
Seit November 1995 kann in der geöffneten Archäologische
Abteilung des Lobdengau-Museums im Bischofshof in 3 Sälen
die römische Geschichte Ladenburgs erschlossen werden.
Über vier zentrale Themenkomplexe ist nach modernstem
museumsdidaktischem Konzept ein vertiefender Einstieg in den
geschichtlichen Zeitraum vom letzten Jahrhundert vor Christi
Geburt bis zum 4. nachchristlichen Jahrhundert möglich.
Dem ersten Leiter des Museums, Dr. Berndmark Heukemes, war
es gelungen, im Lobdengau-Museum den Aufbau einer Sammlung zu
verwirklichen,
die gleichzeitig wissenschaftliche Forderungen erfüllt und
doch auch eine breite Öffentlichkeit und besonders auch
Jugendliche zu interessieren versteht.
Mit der langjährigen Erfahrungen eines Archäologen
und Museumsfachmanns hat er bei der Gestaltung des Lobdengau-Museums
ein Konzept verwirklicht, das die Funde aus Ladenburg hervorragend
präsentiert.
Sueben in Ladenburg
Der Kleine Gewölbekeller ist der Bevölkerungsgruppe
der Sueben gewidmet; Angelpunkt der Exponate ist deren Bestattungskult.
Geschichte: Aus Elbgermanischem Gebiet sickerten im letzten
Jahrhundert vor Christ Geburt die Sueben von Nordosten in den
Unteren-Neckar-Raum ein, da sie hier ein Vakuum vorfanden, das
die Helvetier im Oberrheingraben hinterlassen hatten, als sie
sich vor den vorrückenden römischen Legionen in die
Alpenregion zurückzogen.
Daß die Römer auf die Sueben trafen, hatte für
beide Parteien Vorteile: die Römer erhielten in den Sueben
eine Art Bauernmiliz gegen den Siedlungsdruck der nordöstlicheren
Völkerschaften, und die Sueben waren begierig, römische
Kultur aufzunehmen, da sie von den übermächigen Machthabern
tolleriert werden wollten. Als Neckar-Sueben wurden die Einwanderer
an Ort und Stelle angesiedelt.
Präsentation im Museum: Die Veränderungen
im Bestattungskult machen deutlich, wie stark das Bemühen
war, wie die Römer zu sein: In wenigen Jahrzehnten gaben
die Sweben ihre Keramik für die Bestattung der Verbrennungsreste
der Verstorbenen auf und nutzten Urnen nach römischem Vorbild.
Die Grabbeigaben wurden mit Stücken ergänzt, die auf
die Übernahme der römischen Kultur und Lebensweise
hinweisen. Gleichzeitig wurden aber auch swebische Besonderheit
beibehalten: In Ladenburg fand sich eine Darre für das Behandeln
von gekeimtem Emmerweizen, so daß Bierherstellung möglich
wurde. Die Verstorbenen erhielten als Beigaben u.a. auch Trinkhörner
mit Beschlägen aus Bronze.
Exemplarisch wird hier schon die Museumskonzeption deutlich:
Dr. Heukemes will an einem Beispiel Spezifisches aufzeigen und
beleuchten. Nicht Vielfalt, nicht "Protzen" mit Außergewöhnlichem
ist sein Museumskonzept, sondern die anschauliche Präsentation
von archäologischen Funden, die über Querverbindungen,
Nachbildungen und Modelle Lebensverhältnisse und - umstände
einer Bevölkerungsgruppe erfahrbar machen.
Römische Militärzeit in Ladenburg
Die südliche Hälfte des Zwingersaales berichtet über
Soldatenleben und zeigt militärische Ausrüstungsdetails.
Geschichte: Infanteristen und Kavaleristen hielten sich von
Christi Geburt bis 98 n. Chr. in Militärkastellen in Ladenburg
auf. Das 1 Reiterregiment Cannanefaten(ca. 500 Reitersoldaten)
stammte vom Niederrhein und wurde aus Bundesgenossen der Gegend
um Nymwegen rekrutiert. Nach 98 wurde es an den Unterlauf der
Donau verlegt. Was die Archäologie zutage fördern konnte,
ist aufbereitet und erläutert.
Präsentation im Museum: Der Plan des Kastells mit den
einzelnen Bereichen für Menschen und Tiere, für Verwaltung
und Wohnen und die Verteidigungskonzeption ist plakativ sichtbar
gemacht. In einem Lackprofil von Grabenanlagen und Holz- bzw.
Steinkastell wird der arbeitstechnische Aufwand zum Erbauen eines
Militärkastells ebenso sichtbar wie die Erschließung
und Auswertung der Befunde durch die Archäologie. Fotos
von Grabungsfortschritten (Lagertor, Kastellmauer, Pfostenlöcher
etc.) ergänzen diese Einsichten. Ganz plastisch aber wird
der Miltäralltag durch eine große Glasvitrine, in
der zwei lebensgroße Puppen stehen, die als römische
Fuß- und Reitersoldaten angezogen und ausgerüstet
sind. Mit all jenen Teilen sind die Nachbildungen ausgestattet,
die als ausgegrabene Reste gezeigt werden konnten und die sich
jetzt in den Nachbildungen zu einem anschaulichen, besprechbaren
Bild ergänzen. Texttafeln und Schaubilder ergänzen
die Funde .
Römische Zivilsiedlung in Ladenburg
Die nördliche Hälfte des Zwingersaales ist der bürgerlichen
Zeit der Römer in Ladenburg gewidmet.
Geschichte: Nach dem Abzug der Truppen entwickelte sich in
der "Civitas Ulpia Sueborum Nicrensium" rasch bürgerliches
Leben. Die Italiker brachten ihre Ansprüche als römische
Bürger mit und hatten die finanziellen Mittel, sie zu realisieren.
Präsentation im Museum: Am Beispiel der Ergänzung
des Bruchstücks einer Säule und ihrem Zusammenhang
mit einer Tempelanlage werden die Dimensionen der öffentlichen
Gebäude deutlich. Dies dient als anschaulicher Indikator
für den Reichtum der stiftenden Oberschicht. Löwenköpfe,
Apollo, Eroten, Seeleoparden und überdimensionale Schließbleche
aus dem Bronzeschatz, der in der Südstadt Ladenburgs bei
Bauarbeiten gefunden wurde, ergänzen den genannten Eindruck,
wenn gleich sich Ladenburg mit den Kopien zufrieden geben muß,
da sich die Originale im Landesmuseum in Konstanz befinden.
In Vitrinen werden zahlreiche Funde ausgestellt, die durch
die archäologische Ausgrabungen zutage gefördert wurden.
Weitere Veranschaulichungen ergeben sich aus Fotos, Modellen
oder Nachbauten:
- Lebensmittel und deren Verarbeitung für die Grundversorgung
der Bevölkerung ,
- Herkunft und Transport von Luxusgütern wie Fischsoße,
Olivenöl oder Austern.
- Schreibgriffel, Tonlichter, Spiele,
- Terra sigilata mit Angaben über Werstatt, Herkunft und
zeitliche Einordnung,
- Ausrüstung eines Arztes,
- Baumaterialien und ihre Verarbeitung, Keramik und Keramiköfen,
- Feuerbestattungen
Ein Modell der Stadtmauer in bürgerlich-römischer
Zeit und die dahinter aufgestellte Mauerbrüstung aus Originalteilen
schließen diesen Teil des Museums ab.
Religion, Kulte, Theater
Der dritte große Museumsraum ist der Große Gewölbekeller,
in dem ein umfangreiches Lapidarium zusammengestellt ist.
a) Exemplarisch für die offizielle Staatsreligion steht
in Ladenburg das Original einer 1963 in einem römischen
Brunnen innerhalb der Stadtmauer von Lopodunum entdeckten Jupiter-Giganten-Säule des
Novanius Augustus. Ergänzt sind die profilierte Platte über
dem Viergottstein, der Pferdekopf sowie Oberkörper, Kopf,
Arme und Blitzbündel des Reiters. Ohne den Stufenunterbau
beträgt die Gesamthöhe der Säule 4,13 m. Der in
der unteren Zone mit Ornamenten verzierte Viergottstein zeigt
Herkules, Merkur, Minerva und Juno. Über der Abdeckplatte
folgt der Zwischensockel mit der Stifterinschrift, die an der
darüberliegenden Säulenbasis beginnt: IN H(onorem)
D(omus) D(ivinae)/I(ovi) O(ptimo) M(aximo)/ ET IUNONI/ REGIN(a)E/
NOVANIUS/ AUGUSTUS/ IN SVO/ R(estituit) (= Zu Ehren des göttlichen
Kaiserhauses. Jupiter, dem Besten und Größten, und
der Königin Juno. Novanius Augustus hat -dieses Denkmal-
auf eigenem Boden wiederhergestellt). Die Inschrift vor der Zerstörung
der Säule ist nicht ganz beseitigt, aber nicht mehr zu rekonstruieren.
Über der schuppenverzierten Säule erkennt man auf
den Seiten des Kapitells vier Frauenköpfe, die die Jahreszeiten
darstellen, und weiter oben Jupiter, der zu Pferd über einen
Erdgiganten hinwegsprengt, wobei dieser Gigant in Grund und Boden
geritten wird.
Dieser Denkmaltypus ist in Italien unbekannt. Gemeint ist hier
der keltische Wettergott, wie er über alle Jahreszeiten
hinweg und alle Widerstände bezwingend zum guten Gelingen
der Ernte beiträgt.
Da die Anfang des 3. Jahrhunderts entstandene Säule sehr
wahrscheinlich 233 n. Chr. erstmals und dann nach der Restauration
durch einen Stifter 259/260 n. Chr. zum zweitenmal in den Brunnen
gestürzt wurde, ist dieses Denkmal von großer geschichtlicher
Bedeutung für die Zeit der Alamanneneinfälle. In dem
Brunnenschacht fanden sich die Skulptur des Jupiter vom ersten
Sturz und die später angefertigte zweite Skulptur. Wie der
Fundplan aufzeigt, wurden die gegenerischen Gottheiten jeweils
zuallererst in den Brunnen (=Unterwelt) gestürzt, um sie
zu vernichten.
Bildwerke und Bruchstücke zu weiteren Gottheiten (Jupiter
und Juno, Epona, Minerva etc.) ergänzen diesen Teil der
religiösen Fundstücke.
b) Originale und Kopien von Sitzstufen
aus dem römischen Schauspieltheater gehörten
zu dem auf Luftaufnahmen 1955 entdeckten und 1967 bei Bauarbeiten
an der Ausoniusstrasse nachgewiesenen römischen Schauspieltheater
von Lopodunum, das inzwischen völlig überbaut wurde.
Als Gewann "Burgäcker" wurde es bis zum 19. Jh. (1867)
zur Gewinnung von behauenen Bundsandsteinen (Abtransporte nach
Heddernheim, F.a.M.) genutzt. Sitzstufen befinden sich auch
im Landesmuseum Karlsruhe. Durchmesser der Orchestra: ca. 30
m, Länge der Theaterwand:ca. 90 m, Sitzplätze für
ca. 5000 Menschen. Erbaut wurde es von mehreren Stiftern, z.B.:
OPTATI TETRICI (Stiftung des Optatus Tetrici). Zur besseren
Anschaulichkeit ist eine Rekonstruktionszeichnung des Theaters
von Pompeji angebracht.
c) Die Ausstellung des Ladenburger
Sol-Mithras-Reliefs und einer nach dem Original rekonstruierten
und bemalten Kopie bilden den zweiten Schwerpunkt im Großen
Gewölbekeller.
Die Nordwand des Großen Gewölbekellers ist ganz
dem Mithras-Kult vorbehalten. Ladenburg besitzt mit dem ausgestellten
Relief eine bisher einzigartige Darstellung zu diesem Kult, der
aus Persien kam und im ganzen Römischen Reich Verbreitung
fand. Erhalten hat sich dieses Relief, weil es von den Germanen
umgestürzt worden war, bevor es die Christen entdeckten
und es wie in Südeuropa nicht mehr rekonstruierbar verstümmelten
oder völlig zerstören konnten, was sie dort systematisch
taten, da sie die Affinität des Kultes zum Christentum erkannten.
Während die Opferung des Stiers üblicherweise Schwerpunkt
in der Darstellung war, haben sich auf dem Ladenburger Sol-Mithras-Relief
die beiden Götter zum Opfermahl eingefunden. In einer Grotte
sitzen auf der Stierhaut der Helios-Sohn und sein Bruder Mithras.
Seit der Reform des Kultes ca. 630 v. Chr. durch Zarathustra
verkörpern die Opfergaben, Gebäck und Trauben, das
Blut und das Fleisch des Gottes und stehen als Zeichen für
die Auferstehung der Gläubigen.
Mithras, persisch bekleidet (mit phrygischer Mütze) hat
die Hand auf die Schulter des Bruders, Sol, gelegt. Dieser befreit
als Licht-Gott von Dunkelheit und Sünde.
In Rom konnte der Mithras-Kult ca. 90 n. Chr. nachgewiesen
werden; ca. 30 Jahre später hat sich der Kult bis Lopodunum
verbreitet.
Die bis hierher aufgezeigte Archäologische Abteilung des
Lobdengau-Museums wird in Nebenräumen durch aufgefundene
Wandmalerei nach pompejanischem Vorbild, durch Amphoren aus römischen
Kellern und durch die Dokumentation und Rekonstruktionszeichnung
des schon oben genannten römischen Burgus (4.Jh.) ergänzt.
Text: Heimatbund Ladenburg - M. Schaub |