Franz Meisner: Der Tabakanbau in der Ortenau
Badische Heimat 22 (1935) S. 547 - 557
Der nachstehende Artikel wurde um die einleitenden und im
Stil der Zeit das Bauerntum verherrlichenden Absätze gekürzt.
Die Bilder zum Aufsatz sind separat veröffentlicht.
Ohne Übertreibung darf man sagen, dass in fast allen Gemeinden
des Riedes, der Ortenau, des Hanauerlandes und Bühlertals
[der Erfolg der Landwirtschaft sich aus dem Erfolg der Sonderkulturen
ergibt]. In der engeren Ortenau (Offenburg, Durbach, Diersburg,
Appenweier usw.) ist es der Weinbau, der hier besonders gepflegt
wird, und in der Gegend von Lahr und Kehl, also im „Ried", „Hanauerland" und „Bühlertal" ist
es in überragendem Maße der Tabakbau. Mehr dem Gebirge
zu wird bevorzugt der Obstbau gepflegt. Es sei nur an die „Bühler
Frühzwetschgen" und an die „Staufenberger Erdbeerkulturen" erinnert.
Von der großen wirtschaftlichen Bedeutung dieser Sonderkulturen,
die so vielen Händen Arbeit geben, erhält man erst
dann eine richtige Vorstellung, wenn man sich vergegenwärtigt,
dass die badische Wein-, Tabak- und Obsternte im Durchschnitt
der Jahre einen Wert von etwa 70 bis 90 Millionen Mark besitzt.
Unter den Handelsgewächsen nimmt der Tabakbau in Baden wohl
die erste Stelle ein. Sein Einfluss auf die Betriebs-- und Eigentumsverhältnisse
ist von großer wirtschaftlicher und sozialer Bedeutung.
Obwohl in dem dicht benachbarten Elsass der Tabakbau schon seit
dem Jahre 1620 feldmäßig betrieben wurde, finden wir
die ersten Anbauversuche im „Hanauerland" reichlich
100 Jahre später. Dort, wie auch im „Ried" und „Bühlertal",
konnte der Tabakbau in jener Zeit nicht Fuß fassen, da
andere Handelsgewächse, wie Hanf, Krapp und Zichorie eine
bessere Wirtschaftlichkeit gestatteten. Auf eine im Jahre 1782
angestellte Umfrage der Negierung über den Betrag des „Tabakzehnten",
gab das Oberamt Willstädt den Erlös in seinem Bezirk
mit ganzen „10 Gulden 8 Kreuzer" an. Diese Einnahme
verteilte sich auf die Orte Willstädt und Hesselhurst. Danach
kann die Tabakanbaufläche in jener Zeit im „Hanauerland" nur
wenige Morgen betragen haben. Auf Beschluß des Hofratskollegiums
wurde zwecks Festsetzung eines „Tabakzehnten" von
allen Verrechnungsstellen der Markgrafschaft Baden, also auch
von den 1803 badisch gewordenen Herrschaften Lichtenau und Lahr,
Berichte erhoben, ob und wieviel Tabak angebaut wurde. Nach den
eingegangenen Berichten war in den Ämtern Bühl, Achern,
Renchen, Oberkirch, Lahr, Gengenbach zu jener Zeit überhaupt
kein Tabak gebaut worden! Aus Rheinbischofsheim, Lichtenau, Willstädt,
Kehl und Kork wurde gemeldet, dass nur hin und wieder Tabak gebaut
wird. In dem ganzen Gebiet der „Ortenau", ja sogar
darüber hinaus von Baden-Baden bis Freiburg wurden also
zu jener Zeit nur wenige Morgen mit Tabak bepflanzt. Erst im
Jahre 1810 berichtet die Gefällverwaltung Lahr, dass man
im Amt Lahr seit zwei Jahren langsam anfängt Tabak feldmäßig
zu bauen.
Seinen eigentlichen Anfang nahm der Tabakbau in jener Gegend
erst um 1815 herum, nachdem Freiherr Karl von Lotzbeck im Jahre
1774 unter der Firma „Gebrüder Lotzbeck" eine
Schnupftabakfabrik gegründet hatte. Die Fabrik musste ihren
Bedarf an inländischen Tabaken aus dem Elsass, bzw. aus
der heutigen bayerischen Rheinpfalz decken, wodurch infolge der
Entfernung zum Teil erhebliche Frachtkosten entstanden. Durch
die französische Revolution war der Bezug von pfälzischem
Rohtabak sehr erschwert, zeitweise sogar unmöglich, so dass
Freiherr von Lotzbeck alles versuchte die Bauern in der näheren
und weiteren Umgebung von Lahr zum Anbau von Tabak zu bewegen.
Klima und Boden waren nach seiner Ansicht zum erfolgreichen Anbau
geeignet. Da aber der Hanf- und Zichorienbau guten Ertrag, glatten
Absatz und günstige Preise brachte, waren die Bauern nur
sehr schwer zum Tabakbau zu bewegen. Nur langsam entwickelte
sich der Tabakbau! — Bei einer Erhebung durch die Großherzogliche
Kammer des Mittelrheinkreises wurde 1812 in folgenden Oberämtern
Tabakbau festgestellt:
Lahr (in den Orten Friesenheim, Hugsweier, Langenwinkel) - 4
badische Morgen
Mahlberg (in den Orten Ettenheim, Grafenhausen,
Ichenheim, Kappel, Kürzell, Meissenheim, Ringsheim, Schutterzell) — 41
badische Morgen
Offenburg (in den Orten Appenweier, Griesheim,
Urloffen) — 28
badische Morgen
Rheinbischofsheim (in den Orten Helmlingen, Lichtenau,
Scherzheim, Unzhurst) — 28 badische Morgen
Kork (in den
Orten Kork und Sand) — 2 badische Morgen
Achern (in den Orten
Gamshurst und Oberachern) — 1 badischer Morgen
also insgesamt 84 badische Morgen Tabak! Dagegen betrug in jener
Zeit die Hanfanbaufläche im Mittelrheinkreis = 7466 Morgen!
Abnehmer dieser Tabake war einzig und allein die Firma Gebr.
Lotzbeck und Firma Gebr. Hugo, beide in Lahr, die für den
Zentner 6 bis 7 Gulden bezahlten. Rohtabake aus der Pfalz im
dachreifen Zustand kosteten damals 9 bis 10 Gulden, dazu die
Frachtkosten. Ursache der geringen Preise für die oberbadischen
Rohtabake war das Fehlen der Konkurrenz der Käufer, vor
allem aber auch die mangelhafte Qualität der Tabake selbst.
Die dortigen Bauern kannten eben noch nicht die Technik eines
guten Qualitätsbaues. Doch schon wenige Jahre darauf trat
eine Besserung ein. Durch die Einführung der Tabakregie
in Frankreich siedelten sich mehrere französische Tabakfabrikanten
im Hanauerland und in der Ortenau an. Die Einfuhr elsässischer
Rohtabake hörte wegen eines französischen Ausfuhrverbotes
auf, die Nachfrage nach badischen Tabaken aus der Ortenau steigerte
sich sprunghaft bei besseren Preisen. Dieser verstärkten
Nachfrage und günstigen Preisentwicklung ist es wohl zuzuschreiben,
dass nun auf einmal bei den Bauern ein größeres Interesse
für den Tabakbau wach wurde. Von Jahr zu Jahr nahm die Tabakanbaufläche
zu. Durch die von Napoleon verhängte Kontinentalsperre war
die Einfuhr amerikanischer Tabake verboten, so dass inländische
Rohtabake stark gefragt waren. Die Firma Gebr. Lotzbeck gab nun
eine gedruckte Anleitung über „zweckmäßigen
Anbau und geeignete Aufbewahrungsmöglichkeiten von Tabak" an
die Bauern heraus. Ja die Negierung, namentlich Großherzog
Karl Friedrich, der die Landwirtschaft sehr förderte, unterstützte
die Bestrebungen der Firma Gebr. Lotzbeck weitgehendst. Das Finanzministerium
erließ an das Kreisdirektorium Offenburg die Weisung auf
eine „planvolle Förderung des Tabakbaues" mit
allen Kräften hinzuwirken und sich um die „Verbesserung
der Qualität" und die „Absatzverhältnisse",
vor allen Dingen aber auch um die „Tabakauftrocknung" zu
bemühen. Noch im Jahre l8ll berichtet das Amt Rheinbischofsheim,
dass der Tabakbau für seine Gemeinde nicht in Frage käme. —-
Der Ertrag schwankte damals zwischen 9—IN Zentner je Morgen,
der Preis zwischen 9—15 Gulden, im Durchschnitt 11 1/2
Gulden. Der Tabak wurde damals nur nach Winterraps gebaut und
zwar aus der Überlegung heraus, dass der Bauer von dem geernteten
Winterraps den „Zehnten" abführte, so dass der
Tabak von der „Zehntabgabe" befreit war. Dadurch lässt
sich nun auch die wenig gute Qualität der damaligen Tabake
sehr leicht erklären; denn sogenannter „Rapstabak" konnte
niemals eine natürliche Reife erlangen und war deshalb für
die Herstellung von Schnupf-- und Rauchtabaken weniger geeignet.
Wurde in damaliger Zeit Tabak als Hauptfrucht auf dem Acker angebaut,
so musste von einem Morgen Tabak auf Anordnung des Finanzministeriums
4 Gulden 48 Kreuzer als „Zehntanteil" entrichtet werden.
Man legte bei der Berechnung den für Zichorie gültigen
Satz auch für den Tabak fest. Für Hanf betrug der Zehnte
in jener Zeit je Morgen 5 Gulden. Schon damals stellte man den
Tabak wegen seiner hohen Erzeugungskosten etwas günstiger
als die übrigen Gewächse. Tabakfabriken bestanden in
jener Zeit nur in Lahr, Gengenbach und Helmlingen. Die Fabrikation
war von allen Abgaben frei, ebenso die Fabrikate, wie Schnupftabak,
Rauchtabak und später Zigarren. 1899 beschäftigten
die Lahrer Tabakfabriken 136 Arbeiter, Gengenbach 4, Helmlingen
7 Arbeiter. Vis zum Jahre 1835 entwickelte sich der Tabakbau
in der Gegend von Lahr, Offenburg, Kehl, Bühl recht zufriedenstellend.
Das Amt Kork erzeugte etwa 400 Zentner
Offenburg 3500 Zentner
Bühl 2500 Zentner
Lahr rund 5000 Zentner
Nach Anschluss an den Zollverein im Jahre 1835 nahm der Tabakbau
im ganzen Lande Baden einen recht beachtlichen Aufschwung. Seit
jener Zeit besitzt das Land Baden bis zum heutigen Tage die größte
Tabakanbaufläche in Deutschland, rund 51 Prozent. Während
im Jahre 1840 im badischen Unterland von Rastatt nördlich
bis zur Landesgrenze rund 13000 Morgen mit Tabak bepflanzt waren,
betrug der Anbau im badischen Oberland südlich Rastatt bis
Freiburg etwa 5500 Morgen. Im Jahre 1854 betrug die Gcsamterzeugung
an Tabak in Baden rund 200000 Zentner, davon entfielen auf das
Oberland rund 35000 Zentner. Besonders in den Amtsbezirken Offenburg,
Lahr und Kehl fand eine starke Steigerung der Anbaufläche
von Tabak statt. Der Bezirk Lahr erzeugte damals rund 13000 Zentner,
Offenburg rund 18000 Zentner. Mit dem Übergang des Rauchgenusses
von der Pfeife zur Zigarre bekam gerade der Tabakbau in der Ortenau,
im Ried, Hanauerland und Bühlertal einen ganz gewaltigen
Aufschwung. Mit Unterstützung der Negierung und der landwirtschaftlichen
Vereine wurde stark auf die Verbesserung der Qualität hingearbeitet;
denn Boden und Klima brachten inzwischen den Beweis, dass hier
bei sorgfältigem Bau und richtiger Düngung ein ganz
vorzüglicher Zigarrentabak erzeugt werden kann. Die Güte
dieser Oberländer Zigarrentabake war für jene Zeit
derartig weit entwickelt, dass aus ihnen sogar „Deckblatt"-Tabake
für Konsumzigarren auf den Markt gebracht werden konnten.
Gleichzeitig entwickelte sich in der Ortenau eine blühende
Zigarrenindustrie, die vielen Händen Arbeit gab und deren
Erzeugnisse sich einer zunehmenden Nachfrage nicht nur aus Norddeutschland,
sondern auch aus England, Spanien, Russland, ja sogar Kleinasien
und Amerika erfreuen durften. 1857 betrug die Gesamttabakanbaufläche
in Baden rund 27000 Morgen = 9600 Hektar, auf welchen eine Ernte
von rund 480000 Zentnern eingebracht wurde.
Unter dem Druck einer starken Einfuhr billiger ausländischer
Deckblatt-Tabake ging etwa 1872 die Nachfrage nach oberbadischen
Deckblatt-Tabaken aus der Ortenau leider von Jahr zu Jahr zurück.
Spottbillige Javatabake bereiteten dem Absatz dieser pfleglich
gebauten Oberländer Tabake große Sorgen. Der oberbadische
Tabak konnte nur noch ein Unterkommen als Einlagetabak, günstigstenfalls
als Umblatt, in der billigen Konsumzigarre finden. Diese Absatzschwierigkeiten
bedingten gleichzeitig einen empfindlichen Preisrückgang,
unter dem die Bauern besonders stark zu leiden hatten. Aber zäh
hält der Hanauer- und Riedbauer an dem einmal liebgewonnenen
Tabakbau fest, wenngleich die zu erlösenden Preise kaum
in Einklang mit den tatsächlichen Erzeugungskosten zu bringen
waren. Ungenügender Zollschutz ließ die Einfuhr ausländischer
Rohtabake beinahe hemmungslos vor sich gehen. Eine weitere Schwierigkeit
für die Absatzmöglichkeiten dieser Tabake brachte die
Einführung des Tabaksteuergesetzes im Jahre 1879 bzw. 1882.
Nachdem diese überwunden waren, begann die Anbaufläche
wieder langsam zu steigen. Die Bauern versuchten nun den geringen
Preis, den sie noch erlösen konnten, durch entsprechend
große Ernten von der Flächeneinheit wettzumachen,
wodurch natürlich die Güte dieser Tabake nicht gerade
verbessert wurde; aber immerhin konnten sie Preise zwischen 25
und 30 Mark für den Zentner erlösen, ein Preis, der
bei der Größe der Ernte von der Flächeneinheit
noch eine Wirtschaftlichkeit gestattete. Wie groß die Bedeutung
des Tabakanbaues in der Ortenau für die einzelnen ländlichen
Gemeinden ist, geht daraus hervor, dass z. B. die Gemeinde Hohenhurst
23 Prozent ihrer Gesamtgemarkung, Hesselhurst 16 Prozent, Lahr
15 Prozent, Meißenheim 15 Prozent, Ichenheim 12 Prozent
alljährlich bebaut. Es muss aber ausdrücklich betont
werden, dass gerade in diesem Gebiet kein sogenannter „Konjunkturbau" betrieben
wird und wurde, sondern dass die Anbaufläche des Einzelpflanzers
durchweg auf die gesamtlandwirtschaftlich genutzte Fläche
des Einzelbetriebes im richtigen Nahmen abgestellt ist. Die Brotgetreideversorgung
der bäuerlichen Familie sowie der Futterbedarf für
die Tierhaltung ist dabei jeweils sichergestellt.
Eine dem deutschen Tabakbau wenig günstige Schutzzollpolitik
in den Jahren 1900 bis 1914 verursachte ein langsames aber stetiges
Zurückgehen der Anbaufläche auch in diesem Anbaugebiet.
Mit Kriegsausbruch und der dadurch bedingten Abschneidung Deutschlands
vom ausländischen Rohtabakmarkt kam der deutsche Tabak,
vor allen Dingen derjenige der Ortenau, wieder sehr zur Geltung,
da die Tabake aus dem Bühlertal, Hanauerland, Ried, Offenburger
Gegend ganz besonders gute Zigarrentabake darstellten. Die damals
notwendig gewordene Zwangsbewirtschaftung war alles weniger denn
schön für den Bauer, aber in jener großen Zeit
nahm man auch diese Zwangsmaßnahme auf sich, um dadurch
der Sache zu dienen. Ganz schlechte Verhältnisse entwickelten
sich aber in der Nachkriegszeit, besonders als die Wogen der
Inflation drohten alles unter sich zu begraben. Die Bauern in
der Ortenau haben unter den Folgen des verlorenen Krieges besonders
stark zu leiden, zumal ihnen wichtige Absatzgebiete wie das Elsass
mit Straßburg und die großen Garnisonsstädte
in der eigenen Heimat infolge der neutralen Jone verloren gingen.
Dazu kam, dass Rohtabakhandel und Tabak-Herstellung über
Gebühr ausländische Tabake zu billigen Zollsätzen
und noch billigeren Preisen einführten, so dass der erzeugte
Tabak nicht nur schlechten Absatz, sondern auch schlechte Preise
fand. Man warf den deutschen Tabaken seitens des Handels und
der Herstellung mangelhafte Qualität vor, so dass von denjenigen
Stellen, die mit der Förderung der Landwirtschaft betraut
waren, energisch der Versuch gemacht wurde, die Qualitäten
von Grund auf zu verbessern.
Als im Jahre 1926 die damalige Badische Landwirtschaftskammer
den ersten Aufruf zur Gründung von Qualitätstabakbauvereinen
erließ, waren es gerade einige bedeutsame Ortenauer Tabakbaugemeinden,
wo sich die Pflanzer bereit fanden diesem Rufe zu folgen. In
zäher Aufbauarbeit gelang es dann auch die Qualitäten
dieser Tabake durch scharfe Organisation der Pflanzer und Überwachung
der Anbauweise so zu verbessern, dass gerade die Zigarrenguttabake
aus dem Bühlertal, Hanauerland und Ried heute zu den Spitzentabaken
deutscher Erzeugung gehören. Diesen großen Bemühungen
und Opfern, wie sie nun einmal gebracht werden mussten, folgte
aber auch bald eine gerechte Bepreisung, so dass heute im badischen
Oberland, besonders in der Ortenau, alle Tabakpflanzer in örtliche
Tabakpflanzerfachschaften fest zusammengeschlossen sind und nach
den Richtlinien des Reichsnährstandes bzw. der Landesbauernschaft
Baden Qualitätstabake erzeugen. In den Amtsbezirken Bühl,
Offenburg, Lahr, Oberkirch und Kehl wurden im Jahre 1934 rund
1678 Hektar mit Tabak bepflanzt. Diese Fläche verteilt sich
auf die einzelnen Amtsbezirke wie folgt:
Bühl
|
263,40 Hektar |
Lahr |
588,12 Hektar |
Offenburg |
358,77 Hektar |
Oberkirch |
14,15 Hektar |
Kehl |
453,74 Hektar |
Diese Fläche von 1678 Hektar erbrachte eine Tabakernte
von rund 85090 Zentnern dachreife Ware, was einem Geldwert von
5,1 Million Reichsmark entsprechen dürfte. Diese Einnahme
verteilt sich auf rund 18000 bäuerliche Betriebe.
Vom zeitigen Frühjahr bis spät in den Winter hinein
verlangt der Tabak Arbeit, denn schon Mitte März beginnt
die Aussaat der Samen im Tabakanzuchtbeet. Die Heranzucht der
Setzlinge, die fast ausschließlich von der Bäuerin
besorgt wird, erfordert sehr viel Erfahrung und großes
Können (Abb. 1). Ende Ostermond (April), Anfang Wonnemond
(Mai) sind die Setzlinge soweit gediehen, dass sie auf den wohl
vorbereiteten Acker ins Freiland verpflanzt werden können
(Abb. 2). Wenn nun einmal der Tabak im Freiland sitzt, dann muss
er fast ständig betreut und gepflegt werden. Fleißiges
Hacken, Unkrautbekämpfung, Bekämpfung von tierischen
und pflanzlichen Schädlingen ist notwendig, um eine gesunde
Entwicklung zu gewährleisten (Abb.
3). Ende Heumond (Juli),
Anfang Ernting (August) beginnt die Sandblatternte, Anfang bis
Mitte Scheiding (September) die Ernte des Hauptgutes und Obergutes
(Abb. 4). Der Tabakpflanzer hat dann alle Hände voll zu
tun, um das Erntegut richtig einzuheimsen und zur Auftrocknung
unterzubringen. Das Aufreihen der einzelnen Tabakblätter
auf Schnüre (bandelieren) zum Trocknen erfordert viel Handarbeit,
genau so wie das Ausbrechen der reifen Tabakblätter auf
dem Feld selbst (Abb. 5).
Die ganze Bauweise der bäuerlichen Betriebe in den Tabakbaugemeinden
ist auf eine gute Auftrocknung der Tabakblätter hin abgestellt.
Große, breit ausladende Dächer, unter deren
Vorsprung das Sandblatt getrocknet wird, dazu große geräumige
Tabakschuppen, in denen das Hauptgut seinen Platz findet, kennzeichnen
schon von weitem eine Tabakbaugemeinde (Abb.
6).
Während der Auftrocknung selbst muss der Pflanzer den Tabak öfters
untersuchen und durch Jalousien am Trockenschuppen die Luftzirkulation
so regeln, dass aus dem Erntegut eine wertvolle Verkaufsware
sich entwickelt. Wenn dann die Auftrocknung unter Dach so weit
vorgeschritten ist, dass an einen Verkauf gedacht werden kann,
dann werden die Bandeliere abgehängt und auf Gleichmäßigkeit
hin sortiert und dann zu Büscheln zusammengebunden. Der
Verkauf erfolgt gemeinschaftlich unter Führung des Landesverbandes
badischer Tabakpflanzerfachschaften, eine Einrichtung, die sich
in des Wortes wahrster Bedeutung zum Segen unserer Tabakpflanzer
entwickelt hat. Die Einschreibungen (Verkaufssitzungen) finden
nach dem Muster des holländischen Welttabakmarktes statt,
und zwar abwechslungsweise in Kehl und offen--bürg. Ist
dann der Tabak verkauft, erfolgt die zollamtliche Verwiegung,
und dann kurz vor Weihnachten, meistens aber erst im Januar,
erhält der Tabakpflanzer endlich, wenn das Erzeugnis abgeliefert
ist, den wohl verdienten Lohn für seine große Arbeit.
Das „Tabakgeld" spielt in diesen Betrieben eine ganz
ausschlaggebende Rolle! Mit ihm bestreitet der Pflanzer (Bauer)
seine notwendigen geldlichen Ausgaben, da die übrigen Erzeugnisse
seines Betriebes fast ausnahmslos zum Lebensunterhalt seiner
Familie benötigt werden. Auch die Ausbildung der Kinder
muss größtenteils aus dem „Tabakgeld" bestritten
werden. Wer die Verhältnisse in einer Pflanzergemeinde kennt,
weiß, dass das Wohl und Wehe jeder einzelnen Bauernfamilie,
aber auch der ganzen Gemeinde, stark beeinflusst wird von dem
Ausfall der Tabakernte. Durch Forschung und Versuchsarbeit ist
es gelungen die Technik des heimischen Tabakbaues so zu verbessern,
dass heute Qualitäten erzeugt werden, die viele ausländische
Herkünfte an Güte übertreffen, so dass kraft der
Güte der oberbadischen Tabake auch ein guter Absah zu einem
gerechten Preis gewährleistet ist.