Vom Minnesang zur Popakademie


Bruchsal: Schwarzwaldmädel

 

»Schwarzwaldmädel« – dieser Begriff löst widersprüchliche Gefühle aus. Während er für die einen ein Ausdruck von Kitsch und triefender Sentimentalität ist, gilt das »Schwarzwaldmädel« den andern als Sinnbild anrührender Natürlichkeit, verkörpert die Sehnsucht nach Harmonie, Naturverbundenheit und »Bei-Sich-Sein«. Dem Phänomen des „Schwarzwaldmädel“ und vor allem seiner Rezeption widmet das Deutsche Musikautomaten-Museum in Bruchsal, eine Außenstelle des Badischen Landesmuseums Karlsruhe, vom 1. Mai bis zum 1. August 2010 eine Sonderausstellung. Sie begleitet die Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2010 „Vom Minnesang zur Popakademie. Musikkultur in Baden-Württemberg“, die im Karlsruher Schloss sechs kulturgeschichtliche Aspekte von Musik beleuchtet (12. April bis 16. September 2010), und präsentiert ein wichtiges Stück deutscher Mediengeschichte.

Plakatmotiv der Ausstellung
Plakatmotiv der Ausstellung "Schwarzwaldmädel. Ein Motiv bewegt die Zeit"

Berthold Auerbach: LorleDie Ausstellung illustriert, wie der später unter dem Titel „Schwarzwaldmädel“ bekannt gewordene Stoff der Novelle „Die Frau Professorin“ von Berthold Auerbach (1846) entnommen wurde, und welche Berühmtheit er durch Bearbeitungen für die Bühne, für die Operette und den Film erlangte. Im Zentrum steht die Entstehungs-, Aufführungs- und Rezeptionsgeschichte der Operette »Schwarzwaldmädel« von Léon Jessel aus dem Jahr 1917. Die zu populären Schlagern der Weimarer Republik gewordenen Couplets werden von Musikautomaten des Museums wie z. B. der Philharmonie-Orgel der Freiburger Firma Welte aufgeführt. Abspielgeräte vom Grammophon bis zum MP3-Player illustrieren die Geschichte der Toneinspielungen der Operette und dokumentieren Aspekte der Technikgeschichte. Ein Seitenaspekt widmet sich der »Arisierung« des »Schwarzwaldmädels«, dessen Komponist Jessel Jude war und im Dritten Reich ermordet wurde.

Auf die Operette folgte zwischen 1920 und 1933 eine spektakuläre Rezeptionsgeschichte durch das neue Medium der Zeit, den Kinofilm. Die Kinorezeption mündete in die legendäre Kinofassung Hans Deppes von 1950, dem ersten deutschen Farbfilm nach dem Zweiten Weltkrieg. Deppes Kinofassung machte den Kulturraum Schwarzwald zum Kunstraum und zur vielfach zitierten Filmkulisse. Darum bilden die von den neuzeitlichen Medien mitgeformten Klischees einen wichtigen Aspekt der Ausstellung: Das »Schwarzwaldmädel« ist Symbol und Markenzeichen für eine Landschaft und ihre Bewohner, als Souvenirmotiv, als Antityp und als Kulturträger.

Begleitet wird die Ausstellung am Donnerstag, 13. Mai, 19 Uhr (Christi Himmel-fahrt) von einer Veranstaltung im Karlsruher Schloss: An diesem Abend widmet sich ein Gespräch mit prominenten Gästen dem „Schwarzwaldmädel“ und seiner Geschichte. Es sprechen die Kuratorin Brigitte Heck, Rolf Schlenker, Projektent-wickler, Ko-Autor und Redakteur der Doku-Serie „Schwarzwaldhaus 1902“ (so-wie Wilhelm Keitel, Dirigent der „Schwarzwaldmädel“-Produktion an der Hoch-firstschanze Titsee-Neustadt. Es moderiert Katrin Lorbeer M.A. Der Eintritt kostet 4,-/3,- Euro, um Reservierung wird unter Tel. 0721-926-2828 gebeten.

Die Begleitausstellungen in Bruchsal und im Landesmuseum Württemberg in Stuttgart sowie die Große Landesausstellung 2010 im Badischen Landesmuseum werden von einem musikalischen Programm in ganz Baden-Württemberg begleitet. Es kann als Broschüre angefordert oder im Internet unter der Web-Adresse www.musikkultur-bw.de eingesehen werden


Zur Ausstellung erscheint ein Katalog:

Brigitte Heck, Ulrike Näther, Daniela Reiff, Andreas Seim (Hg.): Schwarzwaldmädel. Ein Motiv bewegt die Zeit. Volkskundliche Veröffentlichungen des Badischen Landesmuseums Karlsruhe, Bd. 11, hg. von Harald Siebenmorgen, Karlsruhe 2010, 9,90 € (ISBN 978-3-937345-41-3

   

Text & Bilder: BLM

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