Karl Wilhelm 1679 - 1738


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Die Residenz und das Karlsruher Schloss - Eine Bau-Historie (1715 - heute)
 

Vor 300 Jahren soll Markgraf Karl Wilhelm bei der Jagd eingeschlafen sein und sich seine Fächerstadt erträumt haben. Zwar gibt es eine schriftliche Quelle, die von dieser Begebenheit berichtet, doch scheint dies eher eine schöne Legende der Nachwelt zu sein. Die Gründung und Gestaltung von Schloss und Stadt Karlsruhe, in der sich das absolutistische Staatssystem widerspiegelt, basiert vielmehr auf bewusster Planung. Unbestritten ist jedoch, dass der Markgraf selbst als Urheber der Gestaltung gilt.

Ausgangspunkt von Karl Wilhelms Bauvorhaben war die Zerstörung der markgräflichen Residenz von Baden-Durchlach, die Karlsburg in Durlach, während der Pfälzischen Erbfolgekriege 1689. Markgraf Karl Wilhelm stand damit vor der Wahl, die Karlsburg entweder wieder aufzubauen oder eine neue Anlage zu errichten. Er entschied sich für letzteres und folgte damit unmittelbar einem Trend seiner Zeit: Nach dem Vorbild des vom französischen „Sonnenkönig" Ludwig XIV. vor den Toren von Paris errichteten Versailles begannen auch die deutschen Fürsten Anfang des 18. Jahrhunderts, räumlich ausgreifende neue Residenzen in der freien Ebene zu errichten. Die ab 1661 ausgebaute große Schlossanlage von Versailles mit ihren rechtwinklig ausgerichteten Seitenflügeln, drei strahlenförmig auf den Ehrenhof zulaufenden Straßen und der hinter dem Schloss weit ausgreifenden Anlage mit Lustgarten und anschließendem Landschaftsgarten gilt als architektonisches Vorbild für alle Schlossgründungen dieser Zeit. Im deutschen Südwesten entstanden so die Schlösser in Ludwigsburg, Rastatt (gegründet vom Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden-Baden, dem Türkenlouis, aus der katholischen Linie des Hauses Baden) - und eben Karlsruhe.

Modell der Gründungsanlage von Schloss und Stadt. Badisches Landesmuseum Karlsruhe
Modell der Gründungsanlage von Schloss und Stadt. Badisches Landesmuseum Karlsruhe

Die Gründung Karlsruhes fällt in die Zeit des Rastatter Friedens, der am 6. März 1714 unterzeichnet wurde und den seit 1701 wütenden Spanischen Erbfolgekrieg beendete. Er begründete die Hoffnung auf eine friedvolle Epoche in Europa. Der Reiseschriftsteller Karl Ludwig Wilhelm von Pöllnitz besuchte Karlsruhe in der Gründungszeit. Sein Bericht kann zwar nicht als wahre historische Quelle angesehen werden, doch ist schon beachtenswert, dass auf das Oberrheingebiet als Kriegsschauplatz hingewiesen wird. Pöllnitz lässt den Markgrafen Karl-Wilhelm in wörtlicher Rede zur Gründung seiner Stadt sagen: „Hierbey habe ich auch dieses noch in Überlegung gezogen, daß meine Lande jedesmal ein rechter Schauplatz des Krieges gewesen; ich aber nicht im Stande bin, eine Vestung hier anzulegen, oder auch nur den Ort mit einer Mauer zu umgeben. Wie soltet ihr also wohl für vernünftig halten können, vieles Geld auf einen Ort zu wenden, welchen ich gar leicht eben so wieder könte abbrennen sehen, wie ich es leider an meinem Schloß zu Durlach, und an meinen ändern Lust-Häusern habe wahrnehmen müssen, als welche die Franzosen in die Asche gelegt haben?"

So ließ Karl Wilhelm von Baden-Durlach Schloss und Stadt Karlsruhe aus Holz errichten. Dafür hatte er noch weitere Gründe: Mit Holz ließ sich entscheidend billiger und schneller bauen als mit Backsteinen. Reiseschriftsteller Pöllnitz lässt den Markgrafen weiter berichten: „Vielmehr da ich nicht der reichste Herr bin, habe ich bloß ein Hauß nach meinen Umständen erbauet, und will ich lieber, daß man von mir sagen solle, ich wohne übel, und hätte dabey keine Schulden, als daß man sagte, ich hätte ein kostbares Schloß, wäre aber vieles schuldig." Schließlich wollte Karl Wilhelm das Schloss selbst nutzen und nicht für seine Nachkommen errichten. Schon zwei Jahre nach der Gründung verlegte er die Residenz offiziell von Durlach nach Karlsruhe.

Prospekt der Stadt- und Schlossanlage
Christian Thran, Karlsruhe, 1739
Kupferstich
© Staatliche Kunsthalle Karlsruhe

Die Grundsteinlegung für „Carols Ruhe" erfolge am 17. Juni 1715. Dabei hatte Karl Wilhelm zunächst ein Lustschloss im Hardtwald geplant, der sich nördlich einer von Durlach nach Mühlburg verlaufenden Land- und Poststraße erstreckte. Der Architekt Friedrich von Batzendorf zeichnete wohl im Frühjahr 1715 das „Dessein eines Fürst. Lusthauses in den Haardt Wal". Der Plan zeigt ein Fachwerkgebäude mit schräg gestellten, im rechten Winkel zueinander stehenden Seitenflügeln und rückwärtig angebautem Turm. Die für das Karlsruher Schloss charakteristische Architektur war also von Beginn an angelegt. Karl Wilhelm entschied sich dann aber rasch für den Bau einer Residenz mit einer angegliederten Stadt.

Für die Erschließung des Hardtwaldes wurde ein Wegenetz aus 32 Radialstraßen gebaut, wie es die zeitgenössische Jagdliteratur empfahl. Die Wegeanlage folgt den Richtungslinien eines 32-windigen Kompasses und ergibt im Gesamten das Bild einer in alle Richtungen ausstrahlenden Sonne. Im Zentrum der Anlage wurde ein achteckiger Turm errichtet. Er ist bis heute Mittelpunkt der Gesamtanlage aus Schloss und Stadt. Die Stadt entwickelte sich nach Süden hin aus neun Radialen und bildete die Form eines gleichseitigen Dreiecks.

Dem Turm wurde nach Süden das Schloss vorgelagert. Beide Gebäude verband ein eingeschossiger Gang. Im Zentrum des Schlosses, dem so genannten Corps de Logis, das der Markgraf selbst nutzte, waren u.a. das private Speisezimmer, der Audienzraum, die Bibliothek und die Schlosskirche untergebracht. Der rechte, nach Osten gelegene Flügel war ganz dem Vergnügen des Markgrafen und seines Hofstaates gewidmet. Dort gab es ein Theater und einen weiträumigen Ballspielsaal. Der Westflügel wurde hingegen nur etwa zur Hälfte gebaut, blieb also unvollendet. So erreichte das Karlsruher Schloss unter seinem Erbauer Karl Wilhelm nie die für die barocke Architektur typische Symmetrie, die auf allen zeitgenössischen Veduten aber in idealtypischer Vollendung dargestellt wurde.

An der Vorderseite des Schloss befand sich der symmetrisch angelegte Lustgarten Karl Wilhelms, der mit Blumenrabatten, Fontänen, Vogelvolieren etc. ausgestattet und seitlich von Kastanienalleen gesäumt wurde. Die Platzierung des Lustgartens vor dem Schloss ist ein Aiieinstellungsmerkmai der Karlsruher Anlage, befinden sich barocke Lustgärten doch üblicherweise unmittelbar hinter dem Schloss und gehen dann in der Distanz in den Landschaftsgarten über.

Orangerien und Marställe bildeten die seitlichen Rahmen des Lustgartens. Den südlichen Abschluss schufen wiederum die sogenannten Zirkelhäuser, in denen Karl Wilhelm den Adel und Hofbeamte ansiedeln wollte. Diese acht zweistöckigen Mansardenhäuser mit vorgelagerten Arkadengängen waren in einer im Viertelkreis stehenden Reihe angeordnet. Dahinter, und also in weiterer Distanz zum Fürsten, lagen die Bürgerhäuser, die in der ersten Bauphase einstöckig mit Mansardendach gebaut wurden.

Am südlichen Rand der Stadtanlage bildete sich ein bürgerliches Zentrum mit Kirchen, Rathaus, Marktplatz und Gymnasium. Die zentrale evangelischlutherische Konkordienkirche wurde als Grablege des Stadtgründers Karl Wilhelm von Baden-Durlach gebaut. Eine Radialstraße weiter östlich wurde eine kleinere evangelisch-lutherische Kirche errichtet. Der dazu Richtung Westen spiegelsymmetrisch liegende Bauplatz für eine katholische Kirche blieb unbebaut. Zwar hatte Karl Wilhelm in seinem Privilegienbrief zur Stadtgründung 1715 die Religionsfreiheit garantiert, da aber die Katholiken in Bischof und Papst geistliche Oberhäupter hatten und also den protestantischen Markgrafen nicht als einzigen Herren anerkannten, wurde ihnen das Recht auf eine eigene Kirche verwehrt.


Schloss mit heutigem vorderen Schlossgarten

Bereits Mitte des 18. Jahrhunderts war das Karlsruher Schloss baufällig geworden. So musste Markgraf Karl Friedrich, der mit seiner Volljährigkeit 1746 die Nachfolge seines Großvaters Karl Wilhelm antrat, grundlegende Umbaumaßnahmen durchführen. In einer rund zwanzig Jahre dauernden Bauphase erhielt das Karlsruher Schloss die Form, in der es sich auch heute - also in der nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg rekonstruierten Form - nach außen hin präsentiert. Das Schloss erhielt seine vollständige symmetrische Form. Corps de Logis und Turm wurden durch einen zweigeschossigen Galeriebau verbunden. Die Schlossfassade wurde mit einem Figurenprogramm ausgestattet. Die Schlosskirche wurde an das äußere Ende des Ostflügels verlegt und zwei Seitengebäude, der Küchenbau im Westen und die Bibliothek im Osten, gebaut. Auch der Lustgarten fand einen neuen Platz - an der Rückseite des Schlosses. Im Gegenzug wurde vor dem Schloss ein Paradeplatz eingerichtet, den zum Schloss hin zwei neue Wachhäuser abschlossen und an Stelle der mittleren Orangerie wurde ein Hoftheater gebaut.

Das Karlsruher Schloss blieb bis 1918 Residenz der Markgrafen und Großherzöge (ab 1806) von Baden. Nachdem Großherzog Friedrich II. 1918 abgedankt hatte, ging das Karlsruher Schloss in das Eigentum des Landes Baden über und wurde als Sitz des neu gegründeten Badischen Landesmuseums bestimmt. Der Zweite Weltkrieg brachte als Folge eines Luftangriffs der Alliierten auf Karlsruhe vom 27. September 1944 die Zerstörung des Schlosses und seiner historischen Innenräume. Im Mai 1955 begann die Wiedererrichtung. Am 13. Juni 1966 wurde das vollständig wieder aufgebaute Schloss dem Badischen Landesmuseum übergeben.


Intro-Bild: blm/ONUK   Text: blm

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