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Heidelberg im Barock

 Neunjähriger Krieg | Wiederaufbau | Verlust der Residenz - Heidelberg im 18. Jahrhundert

Neunjähriger Krieg, sog. Pfälzischer Erbfolgekrieg

Im Jahr 1671 verheiratete Karl Ludwig seine Tochter Elisabeth Charlotte (besser bekannt als Liselotte von der Pfalz) aus politischen Gründen mit dem französischen Herzog Philipp I. von Orléans, einem Bruder des "Sonnenkönigs" Ludwigs XIV. Karl Ludwigs politisches Kalkül sollte sich aber als fatale Fehleinschätzung erweisen. Denn nachdem sein Sohn und Nachfolger Karl II. 1685 kinderlos verstarb, erlosch die Linie Pfalz-Simmern des Hauses Wittelsbach. Die Kurfürstenwürde ging nun auf Philipp Wilhelm, einen Vertreter der katholischen Seitenlinie Pfalz-Neuburg, über. Für den französischen König Ludwig XIV. war dies ein willkommener Anlass, mit Verweis auf seine Schwägerin Elisabeth Charlotte das Erbe der Kurpfalz für sich zu beanspruchen. Auf der Grundlage seiner Ansprüche konnte er den Krieg gegen die Augsburger Liga, der unter anderem in Savoyen und den Niederlanden geführt wurde, um einen Neben-Kriegsschauplatz und den sogenannten Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) erweitern. Der Krieg gegen die Augsburger Liga wurde damit zu einem gesamteuropäischen Kabinettskrieg.

Für Heidelberg war der Pfälzische Erbfolgekrieg besonders verheerend, denn die Stadt wurde zweimal von französischen Truppen unter Ezéchiel de Mélac eingenommen und verwüstet. Die Franzosen führten den Krieg, neuen kriegstheoretischen Überlegungen folgend, als planmäßigen Vernichtungsfeldzug und gingen gezielt mit enormer Brutalität vor. Die erste Eroberung im Oktober 1688 war noch verhältnismäßig harmlos, wenn auch das Rathaus und der Dicke Turm auf dem Schloss gesprengt wurden. Zwischenzeitlich mussten die Franzosen sich wieder hinter den Rhein zurückziehen, doch stießen sie 1693 wieder in die Pfalz vor und nahmen Heidelberg erneut ein. Diesmal wurde die gesamte Stadt in Schutt und Asche gelegt. Nur wenige Gebäude wie das Haus zum Ritter überstanden die Zerstörung. Das Schloss wurde zur Ruine, als die Franzosen seine Türme und Mauern sprengten. [nach oben]

Wiederaufbau

Nachdem der Frieden von Rijswijk 1697 den Pfälzischen Erbfolgekrieg beendet hatte, begann unter der Herrschaft von Kurfürst Johann Wilhelm der Wiederaufbau Heidelbergs. Man behielt den alten Grundriss bei und baute auf den Fundamenten der zerstörten Gebäude neue Häuser im Barockstil. Bis heute hat die Stadt dieses Gesicht als Barockstadt auf mittelalterlichem Grundriss bewahrt. Zwar herrschte seit dem Westfälischen Frieden Religionsfreiheit, doch förderten die nunmehr katholischen Kurfürsten den Katholizismus und siedelten in Heidelberg Jesuiten an. In der Altstadt entstand ein ganzes Jesuitenviertel mit Jesuitenkirche, -kolleg und -gymnasium. Durch die Gegenreformation konvertierte schließlich ein Drittel der Bevölkerung Heidelbergs zum katholischen Glauben. An die Rekatholisierung der Stadt erinnern die Mariensäule auf dem Kornmarkt und die zahlreichen Madonnenstatuen an den Häusern der Altstadt, mit denen wohlhabende katholische Bürger ihr Bekenntnis zur Schau stellten. In vielen reformierten und lutherischen Kirchengebäuden, die nunmehr als Simultankirchen von den Katholiken mitbenutzt wurden, baute man Trennwände. In der Heiliggeistkirche etwa wurde eine solche erst 1936 wieder entfernt. [nach oben]

Verlust der Residenz - Heidelberg im 18. Jahrhundert

Johann Wilhelms Stammlande waren die Herzogtümer Jülich und Berg mit der Residenz in Düsseldorf. Weil das zerstörte Schloss unbewohnbar war, residierte Johann Wilhelm bei seinen Aufenthalten in der Kurpfalz teils in Weinheim, teils in Schwetzingen. Das Heidelberger Schloss entsprach derweil kaum mehr dem barocken Zeitgeschmack, der großzügige Schlossanlagen nach dem Vorbild von Versailles bevorzugte. Der Kurfürst hatte sich bereits von seinem Hofarchitekten Matteo Alberti Pläne für eine solche Residenz ausarbeiten lassen, die in der Ebene im heutigen Stadtteil Bergheim entstehen sollte. Der Plan scheiterte aber daran, dass die Heidelberger Bürgerschaft sich weigerte, den Schlossbau zu finanzieren. Auch das Projekt, das alte Schloss am Berghang teilweise abzubrechen und auf seinen Grundmauern einen barocken Schlossflügel zu errichten, scheiterte an der Machbarkeit, vor allem aber am Widerstand der Bürger gegen die geplante Zufahrtsrampe.

Johann Wilhelms jüngerer Bruder und Nachfolger Karl III. Philipp entschloss sich dann, sich eine neue Residenz zu schaffen, und verlegte nach einem Streit mit den Heidelberger Protestanten um die Nutzung der Heiliggeistkirche die Hauptstadt der Kurpfalz im Jahr 1720 nach Mannheim. Dort ließ er ein neues Residenzschloss errichten und die Stadt ausbauen. Mit ihrem - bei der Gründung der Stadt 1608 festgelegten - geometrischen Grundriss entsprach die "Quadratestadt" Mannheim weitaus besser dem barocken Zeitgeist und dem Repräsentationsinteresse des Kurfürsten als das mittelalterliche Heidelberg. Bis zur Fertigstellung des Mannheimer Schlosses residierte Karl Philipp im Winter in einem angemieteten Palais am Mannheimer Marktplatz, im Sommer in Schwetzingen. Heidelberg verlor indes seine Stellung als politisches Machtzentrum und litt auch ökonomisch durch den Weggang des Hofstaats. Auch die Universität sank nach dem Residenzverlust in die Mittelmäßigkeit ab, wenn sie auch 1735 mit der Domus Wilhelmina, heute als Alte Universität bekannt, ein neues Hauptgebäude bekam.

Unter Kurfürst Karl Theodor (1743-1799) erlebte die Kurpfalz eine wirtschaftliche wie kulturelle Blütezeit, von der auch Heidelberg profitierte. Karl Theodor wollte das Heidelberger Schloss instandsetzen lassen, um es als Sommerresidenz nutzen zu können. Nach einem verheerenden Blitzschlag im Jahr 1764 wurde die Schlosssanierung aber wieder eingestellt. Auf den Kurfürsten geht auch das neben dem Schloss wohl bekannteste Wahrzeichen Heidelbergs zurück: die 1788 fertiggestellte Karl-Theodor-Brücke, besser bekannt als Alte Brücke. Sie wurde als insgesamt neunte Brücke an dieser Stelle errichtet, nachdem die alte Steinpfeilerbrücke mit hölzernem Oberbau vier Jahre zuvor einem Hochwasser mit Eisgang, bei dem auch Teile der Altstadt zerstört wurden, zum Opfer gefallen war. Als Dank an den Kurfürsten ließ die Bürgerschaft Heidelbergs 1781 das Karlstor erbauen. [nach oben]

Text: Wikipedia (leicht verändert)

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