Weltsehnsucht.
Weltflucht. Sechs zeitgenössische
Künstler setzen sich mit der Landschaft der Berliner
Pfaueninsel und dem Leben der Königin Luise von Preußen
auseinander. Sie spüren Luises Sehnsüchten nach,
nehmen den Atem dieses unwirklichen Ortes auf und ermöglichen
durch ihre Werke einen neuen Blick auf die wechselvolle
Geschichte der Insel und des preußischen Königshauses.
Im Dialog mit den architektonischen Objekten und der von
Lenné gestalteten Landschaft, entwerfen die international
renommierten Künstler Sylvie Bussieres, Christian
Engelmann, Joan Fontcuberta, Michael Lukas, Robert Stieve
und Martin Weimar künstlerische Installationen und
museumsdidaktische Stationen, die den Besucher auf seiner
Wanderung durch die "Weltlandschaft" Pfaueninsel
begleiten. Durch ausgewählte Themenbereiche werden
Fragen zu dem jeweiligen Ort, zur Person der Königin
Luise und ihrer Rolle als Frau, Gattin, Mutter, Königin
und Heilige gestellt und reflektiert.
Auf ihrem Inselrundgang entdecken die Besucher insgesamt
18 Orte künstlerischer Interventionen. In leuchtendem
Orange laden verschieden geformte Sitzbänke zur Rast
ein. Wer hier verweilt, kann über das eigene Mobiltelefon
Toncollagen abrufen. Während man den Blick schweifen
lässt werden unter der Regie von Christian Schult
Themen wie "Spiele und Feste", "Luise und
der Krieg" und "Ferne Welten" zu einem Kino
im Kopf.
Damit wird die Pfaueninsel zum Ort eines einmaligen Ausstellungsexperiments
der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten
Berlin-Brandenburg, wie es in dieser Form erstmalig im
Welt-kulturerbe erlebbar ist. Neben dem Schloss und der
Meierei öffnen im Luisenjahr 2010 erstmals Parkgebäude
wie u.a. der Beelitzer Jagdschirm und das Kavaliershaus
ihre Pforten, die bisher der Öffentlichkeit nicht
zugänglich waren. Die Verknüpfung von internationaler
Gegenwartskunst mit den auf der Insel vorhandenen kulturhistorischen,
politischen und naturwissenschaftlichen Themen bietet den
Besuchern eine einzigartige Mischung aus Bildung und Kunst.
Königin Luise (1776–1810) ist neben Friedrich
dem Großen die populärste dynastische Gestalt
der preußischen Geschichte. Die Stiftung Preußische
Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg begeht
ihren 200. Todestag im Jahr 2010 mit Ausstellungen und
zahlreichen Veranstaltungen. Die Pfaueninsel ist Teil der
Legenden um die "bürgerliche" Königsfamilie
und Ort des Gedenkens an die Königin. Gleichzeitig
ist sie ein Ort preußischer Geschichte, den zahlreiche
Besucher aus europäischen Fürstenhäusern
betraten und der Zeuge eines für die Fortsetzung der
preußischen Reformen bedeutenden Treffens Luises
und ihres Gatten mit dem Freiherrn von Hardenberg wurde.
Die künstlerische Auseinandersetzung mit der Geschichte
des Ortes und dem Mythos um die Person der Königin
Luise birgt die Chance einer kritischen Hinterfragung der Überlieferungen,
wie auch die Möglichkeit einer persönlichen künstlerischen
Stellungnahme.
Die Pfaueninsel, Fauna-Flora-Habitat-Gebiet der Europäischen
Gemeinschaft und zum Unesco-Welterbe der königlichen
Gartenlandschaften von Berlin und Potsdam gehörig,
stellt eine architektur-, kultur- und gartengeschichtliche
Einzigartigkeit dar, in der sich Einflüsse aus aller
Welt in zuweilen bizarrer Exotik mischen. Der Insel haftet
ein eskapistischer Zug an: Hier wurde man durch fremdländische
Pflanzen, Tiere und Bauten in ferne Zeitalter und Regionen
hineinversetzt, zum Beispiel mit dem otaheitischen Kabinett,
der holländischen Küche, dem Schweizerhaus und
dem italianisierend gestalteten Lamahaus. An die Bildungslandschaften
der europäischen Aufklärung knüpfte der
Jakobsbrunnen als verkleinerte Nachbildung der Ruine des
antiken Serapistempels in Rom an. Vierzig Jahre im Grenzgebiet
der beiden deutschen Staaten gelegen und nur vom Westteil
Berlins aus zugänglich, kann die Insel heute von Besuchern
aus nah und fern entdeckt werden.
Nachdem im 17. Jahrhundert der Alchimist Johannes Kunckel
auf der Insel bereits mit der Rubinglasherstellung experimentierte,
begann Ende des 18. Jahrhunderts unter König Friedrich
Wilhelm II. die Bebauung als Lustinsel mit einem Schlösschen
und Bauten wie der Meierei, die im Kontext der auf dem
europäischen Kontinent seit der Aufklärung beliebten
Schmuckdörfer steht. König Friedrich Wilhelm
III. und Königin Luise bereicherten die Insel mit
Viehbestand und Felderwirtschaft im Sinne der agrarreformerischen
Ideen um 1800.
Nach dem Tod Luises wurde sie zum Gedenkort und von dem
Gartenkünstler Peter Josef Lenné in einen Landschaftspark
umgewandelt. Eine Vielzahl heimischer und exotischer Tiere
bevölkerte die Insel. Für die Tiere und die botanischen
Attraktionen entstand bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
ein buntes Gemisch an Gebäuden, oft versetzt mit Originalbauteilen
aus aller Welt. Das 1880 abgebrannte Palmenhaus galt als
einmalige Sehenswürdigkeit im kontinentalen Europa. "Berlins
erster Zoo" wurde schon damals regelmäßig
dem bürgerlichen Publikum geöffnet. Heute sind
es noch die Pfauen, die der Insel ein exotisches Gepräge
geben.
Im Zusammenklang von künstlerischen Positionen und
wissenschaftlicher Aufbereitung entsteht ein innovativer
Ansatz kultureller Vermittlung, der gleichermaßen
an moderner Kunst wie an Kulturgeschichte interessierte
Besucher sowie Garten- und Naturliebhaber anspricht. Die
historischen Phänomene der Insel spiegeln sich in
deren neuer Funktion als interkultureller Ort des Lernens,
des Spiels und der Begegnung.
"Luise. Die Inselwelt der Königin"
Berlin, Pfaueninsel
1. Mai–31. Oktober 2010
Öffnungszeiten:
Pfaueninsel: Mai–August täglich 8–21
Uhr, September und Oktober täglich 9–19
Uhr
Schloss: Di–So von 10–18 Uhr
Parkgebäude und Meierei: täglich 10–17
Uhr
Letzter Einlass jeweils ½ Stunde vor Schließzeit
Eintritt: Inselticket (Pfaueninsel, Parkgebäude,
Meierei und Fähre) 5 Euro / ermäßigt
4 Euro
Gruppenführungen: Pfaueninsel inkl. Eintritt
Parkgebäude, Meierei, Schloss und Fähre:
pauschal 120 Euro (max. 20 Personen)
Ausstellungsführer
"
Luise. Die Inselwelt der Königin."
Ca. 120 Seiten mit zahlreichen Farbabbildungen, Herausgeber
SPSG
9,95 Euro |
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