24.4.19

Staatliche Schlösser und Gärten

Riesen mit jahrhundertealter Geschichte: Ausflüge zum Tag des Baumes am 25. April

(ssg)  In den Schlossgärten in Baden-Württemberg spürt man nicht nur etwas vom Glanz des höfischen Lebens früherer Jahrhunderte. Diese grünen Paradiese sind die Heimat von jahrhundertealten Bäumen. Für die Erkundung der eindrucksvollen Baumriesen bietet sich der „Tag des Baumes“ am 25. April an: etwa in den historischen Arboreten des Schlossgartens Schwetzingen.

Flatterulme in der Quincunx-Anlage im Schwetzinger Schlossgarten. Foto: Karolin Boem/SSGBlutbuche im Schlossgarten Favorite. Foto: SSGEibe an der Wasserkasematte im Schlossgarten Heidleberg. Foto: Petra Schaffrodt/SSGFlatterulme in der Quincunx-Anlage im Schwetzinger Schlossgarten. Foto: Karolin Boem/SSG

Blutbuche im Schlossgarten Favorite. Foto: SSG

Eibe an der Wasserkasematte im Schlossgarten Heidleberg. Foto: Petra Schaffrodt/SSG

Landschaftsbilder und Baumsammlungen in Schwetzingen
Im Schlossgarten Schwetzingen erwartet die Besucherinnen und Besucher eine eindrucksvolle Baum- und Pflanzenvielfalt. Ein Spaziergang durch den Garten führt durch eine kunstvoll inszenierte Abfolge von Landschaftsbildern. Der Gartenarchitekt Friedrich Ludwig von Sckell legte ab 1777 einen englischen Landschaftsgarten um den älteren Barockgarten an. Am nordwestlichen Rand des Schlossgartens entstand das „Arborium Theodoricum“; der Baumlehrgarten des Kurfürsten Carl Theodor. Dafür durfte Schlossgärtner Friedrich Ludwig von Sckell im großen Stil einkaufen: Von einer Englandreise brachte er eine ganze Schiffsladung exotischer Baumsetzlinge mit. Beziehungsreich steht mitten im Garten ein „Tempel der Waldbotanik“. Die alten Baumriesen in diesem romantisch anmutenden Teil des Schwetzinger Gartens, der ältesten Partie im Stil des englischen Landschaftsgartens, sind eindrucksvoll. Viele davon sind heute noch genau so exotisch und rar wie vor 200 Jahren.

Schwetzingen als Prototyp des Englischen Gartens
Im Gegensatz zu den strengen Symmetrien der französischen Anlagen wollte Sckell einen natürlich wirkenden Garten erschaffen – ganz im Sinne der damaligen Philosophie. Mit seiner Arbeit verhalf Sckell dem landschaftlichen Gartenstil zum Durchbruch. Und zwar nicht nur in Schwetzingen, sondern auch in anderen Orten in ganz Süddeutschland: Nach dem Schwetzinger Garten schuf er eine andere berühmte Anlage – den Englischen Garten in München.

Arboretum – Ein Garten für Studienzwecke
Während der badischen Herrschaft entstand ab 1804 unter dem Nachfolger von Sckells, dem Gartenbaudirektor Johann Michael Zeyher, ein weiteres Arboretum. Im Areal nördlich der Orangerie, des Badhauses und des Naturtheaters legte Zeyher einen forstbotanischen Garten zu Studienzwecken für junge Gärtner an, in dem er die stolze Zahl von 9.500 Gehölzen sammelte – eine in Deutschland damals einzigartige Auswahl. Viele dieser Schätze – wie beispielsweise der Jahrtausendbaum Ginkgo, die imposanten mächtigen Mammutbäume oder der Maulbeerbaum – sind auch heute noch zu sehen und werden im Rahmen von Sonderführungen vorgestellt.

Obst für die fürstliche Tafel
Ein weitläufiger Obstgarten schließt sich östlich an die Moschee an. Hier wurde bereits im 18. Jahrhundert Obst zur Versorgung des kurpfälzischen Hofs angebaut. Die heutige Bepflanzung mit Apfel- und Kirschbäumen verweist auf diesen nützlichen Aspekt des Schlossgartens. Die prachtvolle Blüte der direkt vor dem „Türkischen Garten“ der Moschee gepflanzten japanischen Zierkirschen entwickelt sich jedes Frühjahr zu einer bekannten Schwetzinger Besonderheit: Der große Obstgarten verwandelt sich dann für einige Tage in ein überwältigendes rosa Blütenmeer.

Baum des Jahres im Schlossgarten
2019 rückt die „Baum des Jahres Stiftung“ eine Ulmenart ins Licht der Öffentlichkeit, die bisher wenig bekannt ist: die Flatterulme. Sie ist ein hochgewachsener Baum der Feuchtwälder und Flussauen, in ganz Mitteleuropa heimisch und kann bis zu 250 Jahre alt werden. Ein typisches Merkmal des ca. 30 Meter hohen Baumes ist die Asymmetrie der Blätter am Blattgrund. Im Schlossgarten Schwetzingen ist er seit einer Neupflanzung im Jahr 2012 wieder im nördlichen Boskett zu finden. Wie in der ursprünglichen Pflanzung des 18. Jahrhunderts ist die Flatterulme dort als regelmäßiges Raster in Form der „Fünf“ eines Würfels angeordnet. Diese „Quincunx“ genannte Struktur gegeneinander versetzter Baumreihen galt zur Zeit Kurfürst Carl Theodors als Höhepunkt der Gestaltung eines Gartenbosketts, denn sie bietet dem Besucher Schatten und gewährt im Gegensatz zu den mit Füllgehölzen dicht bewachsenen Rändern freien Durchblick.

Mehr als 300 Jahre alte Bäume in Rastatt-Favorite
Bäume mit eigenwilligen Formen, spektakulären Blattfarben oder ungewöhnlichen Eigenschaften: Das lässt sich im Garten von Schloss Favorite bei Rastatt anhand eines „Dendrologischen Rundgangs“ entdecken. Der baumkundliche Leitfaden, aufgestellt von den Gartenfachleuten der Staatlichen Schlösser und Gärten, führt durch den alten Schlossgarten rund ums Lustschloss der Markgräfin Sibylla Augusta von Baden-Baden. Einige Linden und Rotbuchen stammen noch aus dem 18. Jahrhundert. Die Eichen im angrenzenden ehemaligen Fasanengarten sind teilweise zwischen 240 und 300 Jahre alt. Johann Michael Schweyckert, der den Landschaftsgarten im englischen Stil anlegte, brachte von seinen Reisen aber auch Samen von Pflanzen mit, die damals in Deutschland noch unbekannt waren. So sind im Schlossgarten Favorite unter anderem südeuropäische, asiatische und nordamerikanische Gehölze zu bewundern, beispielsweise der Japanische Schnurbaum, der Amberbaum, der Urwelt-Mammutbaum, der Amerikanische Tulpenbaum, die Sumpfzypresse oder die Schirmmagnolie mit ihren großen Blüten. Für den Dendrologischen Rundgang wurden 62 Bäume mit botanischen Schildern versehen, die über ihre Namen und Herkunft informieren.

Herrschaftliche Kastanien im Schlosspark Favorite
Die Rosskastanie ist ein barocker Modebaum par excellence. Aus dem Balkan stammend wurde sie 1575 von Konstantinopel aus in Wien eingeführt. Von dort gelangte sie über Frankreich 1699 nach Deutschland und wurde für kurze Zeit der beliebteste Zierbaum in den neu angelegten Barockgärten. Die Kastanie wurde von den Fürsten so hoch geschätzt, dass sie sogar – entgegen den Regeln der Gartenkunst – im hochherrschaftlichen Parterre, direkt am Schloss, angepflanzt wurde. Dies ist besonders eindrucksvoll als Randeinfassung im Schlossgarten Favorite Rastatt zu erleben: Markgräfin Sibylla Augusta von Baden-Baden erhielt für ihr Lustschloss „600 Stück junge Maronien Bäum“ aus der Baumschule der Fürstbischöfe von Schönborn im Schloss Seehof bei Bamberg.

Vom Renaissance- zum Landschaftsgarten
Neben den Schlossgebäuden war die Gartenanlage beim Schloss Heidelberg, der Hortus Palatinus (Pfälzischer Garten), besonders berühmt. Kurfürst Friedrich V. hatte ihn zwischen 1616 und 1619 auf den südöstlichen Terrassen über dem Friesental anlegen lassen – ein Höhepunkt kurpfälzischer Baukunst. Was heute zu sehen ist, hat sehr viel mit der Geschichte des Heidelberger Schlosses als Ruine zu tun. Im 19. Jahrhundert pflegte man die Gartenterrassen eher im Sinne eines Landschaftsgartens: Spazierwege unter Bäumen, angelegt, um möglichst eindrucksvolle Blicke von den Geländestufen auf die efeubewachsene Schlossruine und die umgebende Landschaft zu erhalten.

Botanische Raritäten in Heidelberg
Den nordöstlichen Teil des Schlossgartens bildet die so genannte Scheffelterrasse mit ihrer großen Stützmauer. Hier wurden im 19. Jahrhundert botanische Raritäten angepflanzt: 20 seltene Baumarten, von der Sumpfzypresse, dem Ginkgo und der Atlas-Zeder über den Mammutbaum, die Kanadische Hemlocktanne und die Morgenländische Platane bis zur Erbsenfrüchtigen Scheinzypresse und Kaukasischen Flügelnuss, sind zu finden. Manche von den alten Bäumen auf den Gartenterrassen sind Besonderheiten, die damals zu Lehrzwecken gepflanzt wurden: Der Garten war romantische Kulisse und Nutzfläche in einem. Bereits Goethe hat sich 1815 von dem an englischer Gartenarchitektur orientierten Ambiente inspirieren lassen. Bekannt sind die berühmten, seiner Freundin Marianne von Willemer gewidmeten Verse der verzauberten Stimmung in seinem „West-östlichen Divan“.

Vielfalt der Gärten
Zu den Staatlichen Schlössern und Gärten gehören weitere lohnende Gartenanlagen, etwa der Barockgarten von Weikersheim, der nicht nur über ein barockes Gartenparterre verfügt, sondern auch einen Obstgarten bietet. Zu den Schlössern von Bruchsal und Rastatt-Favorite gehören ebenfalls historische Gärten mit altem Baumbestand. Der Botanische Garten in Karlsruhe ist eines der Herzstücke des Schlossgartens aus der Zeit der Stadtgründung vor 300 Jahren, in dem zahlreiche großartige Bäume zu erleben sind. Schloss Favorite in Ludwigsburg, direkt beim Residenzschloss, liegt inmitten von Baden-Württembergs ältestem Naturschutzgebiet – ein Refugium alter Baumriesen.

Der Tag des Baumes in den Schlossgärten und Parks
Der „Tag des Baumes“ wurde 1951 eingeführt. Er wird jedes Jahr am 25. April begangen und soll dazu beitragen, die Bedeutung der Bäume und des Waldes für den Menschen präsent zu halten – und auch an die wirtschaftliche Rolle des Waldes zu erinnern. Für die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg ist der „Tag des Baumes“ ein Anlass, auf den Reichtum der historischen Gärten hinzuweisen: In vielen Fällen haben sich in den traditionsreichen Anlagen alte Baumriesen erhalten.

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