23.8.17

Geschichte der Migration im Landkreis Rastatt (Teil 3)

(lkra) „Das zwanzigste Jahrhundert ist zu einem Jahrhundert der Heimatlosen geworden“, so beginnt Leonhard Wagenbrenner seinen Beitrag zu den „Vertriebenen und Flüchtlingen im Landkreis Rastatt“, der im Heimatbuch des Landkreises Rastatt „Um Rhein und Murg“ von 1966 erschienen ist. Wagenbrenner beschreibt darin sehr lesenswert die Situation und Ereignisse, die zu diesem Prozess geführt haben und darüber, was sich im damaligen Landkreis Rastatt ereignet hat.

Im Landkreis, vielmehr in den Gemeinden des alten Landkreises Rastatt, fanden von 1948 bis 1965 insgesamt 25.616 Heimatvertriebene und Flüchtlinge eine neue Heimat. Das entspricht einem Anteil von 19,5 Prozent der Gesamtbevölkerung des Kreises. Die meisten dieser Menschen wohnten in Gaggenau und Rastatt, aber die Hardtgemeinde Durmersheim folgte hier auf dem dritten Platz. Insgesamt 1.405 Personen fanden in Durmersheim eine neue Heimat, hinzu kamen 39 Personen, die in Würmersheim untergebracht waren.

Naturgemäß hatten auch die Gemeinden einige neue und sehr weitreichende Aufgaben zu schultern. Vor allem der Bau von Wohnungen, das Ausweisen von Baugebieten, wurde auch in Durmersheim intensiviert. Von der Währungsreform 1948 bis in das Jahr 1964 wurden in Durmersheim fast 500 neue Wohnhäuser gebaut, das ist heute kaum vorstellbar und eine Zahl, die von fast keiner anderen Gemeinde im Regierungsbezirk Südbaden erreicht wurde. Die Stadt Gaggenau nahm in diesem Zeitraum 3.074 Vertriebene auf, in Rastatt waren das für denselben Zeitraum weit über 10.000 Menschen.

Aber nicht nur die Gemeinden hatten damit einiges zu tun, auch die Verwaltung des Landkreises selbst war intensiv damit beschäftigt, zum einen als ausführende Behörde im Lastenausgleich und zudem als Vertriebenenbehörde. Der Landkreis Rastatt ließ gegen Ende der 1950er Jahre zahlreiche Übergangswohnheime errichten und betrieb diese über viele Jahre hinweg. In der Folge wurden auch die Versorgung von adäquatem Wohnraum und die Förderung der wirtschaftlichen Eingliederung zu wichtigen Aufgaben. Die Aufgaben des nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufenen Ausgleichsamtes waren naturgemäß sehr vielfältig und umfassten Bereiche der Kriegsschadensfeststellung oder Feststellung von Vertreibungsschäden, oder es wurden Feststellungsverfahren gemäß dem Bundesvertriebenengesetz durchgeführt. Wie viele dieser Anträge zwischen 1952 und 2005 bearbeitet worden sind, ist schwierig zu schätzen. Eine Erhebung im Jahr 1994 nennt 70.000 Vorgänge allein im Landratsamt. Heute ist der Lastenausgleich Geschichte. Diese Einrichtung des Landkreises half aber unzähligen Einzelpersonen und Familien bei ihrem neuen Start in ihrer neuen Heimat am Oberrhein.

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