Die Highlights der frühkeltischen Sammlungen im Lichte modernster
Forschung
Nach der Großen Landesausstellung „Die Welt der
Kelten“ im Jahre 2012 waren die Herzstücke der frühkeltischen
Sammlung des Landesmuseums Württemberg über drei Jahre
nicht zu sehen. Vor ihrer Präsentation ab dem 21. Mai in
der Schausammlung „Wahre Schätze“ wurden die
berühmten Ensembles aus den „Fürstengräbern“,
wie etwa dem von Eberdingen-Hochdorf oder die hochkarätigen
Funde von der Heuneburg vom Restauratorenteam des Landesmuseums
Württemberg für die Neuaufstellung „fit gemacht“ und
von den Fotografen für die Begleitpublikation ins Bild gesetzt.
Vor allem wurden die vergangenen Jahre auch für eine weitere
intensive wissenschaftliche Erschließung und Neubewertung
genutzt. Nicht weniger als drei internationale Forschungsprojekte
und zahlreiche Einzeluntersuchungen widmeten sich spektakulären
Einzelstücken und unscheinbaren, aber wahre Schätze
an Informationen bergenden Funden.
So konnten im von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
und der Agence Nationale de la Recherche (ANR) geförderten
Projekt „Rethinking earliest Celtic gold – Economic,
social and technological perspectives in the West Hallstatt Culture“ etwa
300 Goldobjekte aus den Beständen des Landesmuseums Württemberg,
darunter die bekannten Funde aus den „Fürstengräbern“ um
den Hohenasperg und die Heuneburg, mit den neuesten Methoden
naturwissenschaftlicher Analysen betrachtet und unter ganz neuem
Blickwinkel untersucht werden. Diese Arbeiten führten überraschend
zu neuen Erkenntnissen, insbesondere zum technologischen Know-how
in frühkeltischer Zeit. Dem Forscherteam des Landesmuseums
Württemberg, der Universitäten Tübingen, Toulouse
und Orleans, des CNRS (Centre national de la recherche scientifique)
und des Curt-Engelhorn-Zentrums in Mannheim gelang unter anderem
der Nachweis bis dahin unentdeckter Lötverbindungen in frühkeltischer
Zeit sowie der früheste Beleg für die Technik der Diffusionsvergoldung
in Mitteleuropa. Darüber hinaus konnten ganz neue Erkenntnisse
zur Organisation und Vernetzung frühkeltischer Goldwerkstätten
gewonnen werden.
Das ebenfalls von der DFG geförderte Projekt zur „Sitzbank
von Hochdorf – Untersuchungen zur Machtdemonstration in
der frühen keltischen Welt“ beschäftigte sich
seit 2012 mit einem der bedeutendsten Meisterwerke aus frühkeltischer
Zeit überhaupt. Die Wissenschaftler des Landesmuseums Württemberg,
des Landesamtes für Denkmalpflege, des Bergbaumuseums Bochum,
der Sorbonne/ENS Paris und des Curt-Engelhorn-Zentrums kombinierten
modernste bildgebende Verfahren, wie 3D-Laserscans samt Orthografie
und hochauflösende 3D-Computertomografie, mit den Ergebnissen
der archäometallurgischen Untersuchungen und kulturhistorisch-stilistischer
Betrachtungen, um das bis heute einzigartige „Sofa des
Fürsten“ zu enträtseln. Die Ergebnisse des Projekts
werden derzeit zur Publikation vorbereitet.
Seit 2015 arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
der Universitäten Heidelberg und Tübingen, des Landesmuseums
Württemberg sowie des Landesamtes für Denkmalpflege
im Regierungspräsidium Stuttgart innerhalb des Forschungsprojekts „BEFIM – Bedeutungen
und Funktionen mediterraner Importe im früheisenzeitlichen
Mitteleuropa“ an der Erforschung von Speise- und Trankresten
in Gefäßen aus frühkeltischer Zeit. Die vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung im Rahmen des Förderschwerpunkts „Die
Sprache der Objekte“ geförderten Untersuchungen gehen
der Frage auf den Grund: Was taten die frühen Kelten mit
griechischer Keramik? Wie lassen sich die zahlreichen Funde griechischer
Trinkgefäße und Weinamphoren in den frühkeltischen
Territorien nördlich der Alpen des 7. bis 5. Jahrhunderts
vor Christus erklären?
Die Forscherinnen und Forscher untersuchen einerseits die Fundzusammenhänge
der Importgefäße und analysieren andererseits Nahrungsreste
und Gebrauchsspuren in den Gefäßen. So wird sich zeigen,
ob die fremden Gefäße wirklich von lokalen Eliten
oder ganz unterschiedlichen Teilen der Bevölkerung verwendet
wurden und ob aus der Keramik Traubenwein oder nicht vielmehr
einheimischer Honigmet getrunken wurde. Dabei geht es um Prozesse,
wie vormals fremde Dinge Teil der eigenen Kultur werden und sich
in diesem Zusammenhang ihre Funktionen und Bedeutungen verändern.
Der Forschungsansatz geht davon aus, dass interkulturellen Begegnungen
nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in der Vergangenheit
eine entscheidende transformative Kraft beigemessen wurde und
fremden Dingen hier eine ganz wesentliche Rolle zukam. Erste
Ergebnisse liegen vor und konnten bereits in die neue Präsentation
zu den „Prunkgräbern und Machtzentren der frühen
Kelten“ einbezogen werden.
Die genannten Beispiele zeigen eindrücklich die Bedeutung
und die Notwendigkeit einer stetigen Erschließung und Erforschung
der Sammlungen des Landesmuseums. Die überraschenden und
beachtlichen Ergebnisse lieferten nicht nur wissenschaftliche
Erkenntnis, sondern auch neuen Stoff für die Geschichten,
die die Besucher des Landesmuseums Württemberg ab dem 21.
Mai in der Präsentation „Wahre Schätze“ erleben
können.
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