Landesmuseum Stuttgart


Die Stadt Qatna im Lauf der Zeit

  

Qatna schien über Jahrtausende wie vom Erdboden verschwunden. Erst in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts stieß der französische Forscher Robert Comte du Mesnil du Buisson (1895 bis 1986) auf Überreste der Stadt. Bei diesen Ausgrabungen fand der Franzose auch die ersten Tontafeln, die den Namen der Stadt enthielten: Qatna. Dies war für lange Zeit der letzte Versuch, das Geheimnis des Stadtstaates zu ergründen, dessen Befestigungswall noch heute bis zu zwanzig Meter in die Höhe ragt.

Vor zehn Jahren gründete sich ein deutsch-italienisch-syrisches Ausgrabungsteam, das seither bereits einige Geheimnisse rund um die Königsstadt Qatna gelüftet hat. Gemeinsam sind sie jährlich für ca. zwei bis drei Monate in Qatna tätig.

Die ersten Zeugnisse einer Besiedlung stammen aus dem ausgehenden 4. Jahrtausend vor Christus. Danach wurde der Ort verlassen und erst in der späten Frühbronzezeit um 2700/ 2600 vor Christus erneut besiedelt. Zu diesem Zeitpunkt ist der Name des kreisförmig aufgebauten Ortes noch unbekannt. Seine Größe wird auf ca. 25 Hektar geschätzt. Die Lage an einem künstlich angelegten See versprach ertragreiche Ernten und somit eine ausgezeichnete Versorgung.

Die Häuser waren mit Feuerstellen, Öfen, Bänken und Vorratsgefäßen ausgestattet. Gegen Ende des 3. Jahrtausends vor Christus wurde ein großer Silo errichtet, der eine zentrale Verwaltung der Gemeinschaft belegt. Aus dieser Periode stammt auch ein großes Schachtgrab mit seitlichen Kammern, in dem 40 Personen beigesetzt wurden. Als Grabbeigaben dienten nahezu 300 Keramikgefäße. Außerdem wurden bronzene Trachtbestandteile, darunter zahlreiche Gewandnadeln, Armreife, Lockenringe und Dolche gefunden. Wahrscheinlich handelt es sich um den Bestattungsplatz der lokalen Elite.

Der Aufstieg der Siedlung begann am Anfang des 2. Jahrtausends vor Christus. Die Stadt expandierte, gewaltige Verteidigungsmauern mit Seitenlängen von ein Kilometer und einer Höhe von 20 Metern wurden erbaut. Fünf Tore gewährten Einlass in die nun über 100 Hektar große Stadt. Erste Schriftquellen nennen den Namen der Stadt: Qatna.

Luftbild Qatna
Luftbild Qatna. © Archäologische Ausgrabung der italienischen Mission der Universität Udine zu Mishrife/Qatna, Mirco Cusin

Um 1700 vor Christus entstand auf dem Kalksteinplateau in der Mitte der Stadt ein gewaltiger Königspalast mit mehr als 80 Räumen. Er gehörte zu den größten seiner Zeit. Neben einer Halle von 1300 Quadratmetern mit einem von nur vier Zederholzsäulen getragenen Dach lagen Thronund Zeremonialsaal. Von hier aus führte ein 40 Meter langer Flur in die königliche Gruft hinab.

Qatna war nicht länger nur eine lokale Größe, sondern ein Stadtstaat, der durch seine fruchtbare Umgebung und vor allem durch seine Lage an einer der wichtigsten Handelsrouten von Mesopotamien zum Mittelmeer Macht Wohlstand und Macht erlangte.

In die Spätbronzezeit, 1550 bis 1340 vor Christus, fiel die Blütezeit des Königreichs Qatna.

Neben dem Königspalast entstanden weitere Paläste. Als einflussreicher Stadtstaat konkurrierte Qatna mit anderen Kleinstaaten um Gebiete, bekämpfte und verbündete sich. So konnten diplomatische Heiraten zwischen den Königshöfen eine politische Einheit verstärken. Kontakte mit der gesamten Alten Welt erleichterten den Warenverkehr; Produkte aus dem Orient, Ägypten und der Ägäis erreichten Qatna. Dennoch lauerten Gefahren. Im 2. Jahrtausend vor Christus war die Levante Pufferzone und Zankapfel zwischen den Großmächten Ägypten im Süden und dem Mittani- und Hethitereich im Norden. Die Hethiter zerstörten bei ihrer Expansion gegen 1340 vor Christus schließlich auch Qatna: Der Palast ging in Flammen auf und wurde nicht wieder neu aufgebaut.

Nach der Eroberung Qatnas durch die Hethiter wurde der Ort verlassen. Frühestens im 10. Jahrhundert vor Christus scheint das Areal wieder besiedelt worden zu sein. Der Ort, dessen Name unbekannt ist, bildete jetzt nur noch ein kleines lokales Zentrum. Der dominierende Stadtstaat lag fast 50 Kilometer nördlich und hieß Hama.


     

im Detail:

weiter:

siehe auch:

 

zurück:

Startseite | Museen | Service | Aktuelles | zur ZUM | © Badische Heimat/Landeskunde online 2008