Die Untersuchung eines Ibis
Erstmals wurde am Landesmuseum Württemberg die Mumie
eines Heiligen Ibis mittels modernster Hochtechnologie
untersucht. Wissenschaftlern aus Botanik, Tierkunde und
Archäologie gelang es dabei eine altägyptische Ibis-Mumie
aus der Zeit um 30 vor Christus bis 395 nach Christus
zerstörungsfrei und hoch auflösend zu analysieren. Hierbei
gelangte ein industrieller 3DComputertomografen der Audi AG
in Neckarsulm zum Einsatz, der speziell auf technische
Bauteile und deren Geometrien und nicht auf die Untersuchung
von menschlichen Organismen ausgerichtet ist. Die
herkömmliche medizinische CT kann hierbei bis um den Faktor
100 übertroffen werden. Der Ibis (Threskiornis aethiopicus)
galt im Alten Ägypten als Heiliger Vogel. Er wurde im
gesamten Land verehrt. So auch das untersuchte Exemplar, das
aus dem Hessischen Landesmuseum in Darmstadt stammt. Der
virtuelle Blick in das Innere der Vogelmumie galt zunächst
der exakten osteometrischen Bestimmung des Tiers, seiner
Körpergröße, seinem Alter und Geschlecht – es war männlich,
im Vergleich mit heutigen Exemplaren ungewöhnlich groß,
ausgewachsen und ohne am Skelett ablesbare Spuren seiner
Todesursache. Offenbar hat man den Kadaver sehr zügig
mumifiziert, da weder Verbiss- noch Verwesungserscheinungen
sichtbar sind. Die Verdauungsorgane und Lunge blieben bei
der Mumifizierung unversehrt. Sehr ungewöhnlich war die
Beobachtung, dass der Mageninhalt des eigentlichen
Fleischfressers pflanzliche Reste enthielt. Die nähere
botanische Bestimmung, die hier erstmals aufgrund einer
3DComputertomografie gelang, ergab, dass es sich um einen
Olivenkern und drei weitere fragmentarisch erhaltene Samen
handelt, wohl von einem Korbblüter. Nach Zusammenführung der
Untersuchungsergebnisse liegt die Vermutung nahe, dass der
Heilige Ibis ein an Pflege und Zufütterung gewöhntes Tier
gewesen sein dürfte und in einer Vogelkolonie auf heiligem
Gelände wahrscheinlich ganzjährig beheimatet war.
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