Am 1. März des Jahres 1562 versammeln sich in der kleinen
Gemeinde Wassy in der Champagne etwa 5-600 Reformierte in einer
Scheune zu einem Gottesdienst. Damit verstoßen sie gegen
das kurz zuvor erlassene königliche Edikt (Januar-Edikt
oder Edikt von St. Germaine), nach dem protestantische Gottesdienste
nur außerhalb der Städte und befestigten Orte stattfinden
durften.
Der Herr des Ortes Wassy, Herzog François de Guise, selbst
ultrakatholisch und ein erbitterter Gegner der von der Königin
Katharina de Medici eingeleiteten Toleranzpolitik, kommt mit
einem Trupp bewaffneter Reiter in den Ort, hört von dem
Gottesdienst und versucht, die Versammlung auseinander zu treiben.
Nach seinen eigenen Angaben hätten die Protestanten ihrerseits
einen Gottesdienst seiner Leute durch ihren Gesang vor der Kirche
gestört.
Aus dieser Konfrontation entwickelt sich das Massaker von Wassy,
das auf protestantischer Seite 31 Tote und einhundert Verletzte,
nach anderen Berichten über 40 Tote und 150 Verletzte kostete.
Im Gefolge dieses Massakers fielen Protestanten weiteren Massakern,
einer ersten „Bartholomäusnacht“, in Sens, Tour,
im Maine und im Anjou zum Opfer.
Die Beurteilung der Historiker betrifft vor allem den zufälligen
Charakter des Zwischenfalls. Wenn man auch dem Herzog de Guise
keinen zielgerichteten Plan zur Vernichtung der Protestanten
unterstellen kann, hat er doch die Gelegenheit genutzt, die ihm
verhasste und als ketzerisch angesehene Partei einzuschüchtern.
Insofern ist weniger die Gelegenheit, wohl aber das Ausmaß des
Massakers zufällig. Zu dieser antiprotestantischen Haltung
der de Guise kommt noch ihre Rivalität mit dem französischen
Königtum, gegenüber dem sie durch die eingeleitete
Toleranzpolitik an Einfluss zu verlieren glaubten.
Das Blutbad gab den Anlass zum Ersten Hugenottenkrieg in Frankreich
in den Jahren 1562/63, der nach katholischer Sicht mit der Einnahme
von Orléans durch die Protestanten begann. Auf hugenottischer
Seite kämpften hier Antoine von Navarra und Louis de Condé,
beide Mitglieder der bourbonischen Familie. Der Krieg wurde am
19. März 1563 mit dem Edikt von Amboise beendet, das die
Rechte der Hugenotten bekräftigte. In den ersten der Religionskriege,
die bis 1598 Frankreich erschütterten, griffen deutsche
Fürsten noch nicht ein, wohl aber die englische Königin
Elisabeth I., die die Protestanten finanziell unterstützte
und dafür beabsichtigte, sich Le Havre abtreten zu lassen.
In Wassy wurde im 20. Jahrhundert die Scheune des Massakers
von 1562 rekonstruiert (Bild: Wikimedia Commons/Ji-Elle). Allerdings
muss man sich angesichts der Größe des Bauwerks fragen,
wie hier 600, nach anderen Berichten bis zu 1200 Menschen zum
Gottesdienst Platz fanden.
Den ersten Hugenottenkrieg, der auf dieses Blutbad hin ausbrach,
unterstützte Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz mit einem
Kredit an die Hugenotten. Die Pfalz griff erst in den Zweiten
Hugenottenkrieg 1567 militärisch ein. |