Parallel zu den 17 Textbänden der von Diderot und d'Alembert
herausgegebene "Encyclopédie ou dictionnaire raisonné des sciences,
des arts et des métiers, par une société des gens de lettres"
entstanden zwischen 1762 und 1772 zwölf Tafelbände mit 2885 Kupferstichtafeln
unter dem Titel "Recueil de planches sur les sciences, les arts
libéraux, et les arts méchaniques, avec leur explication". Diderot
widmete sich in diesen Tafeln anatomischen, zoologischen, botanischen
und kunstgeschichtlichen Bereichen, vor allem aber der umfassenden
Darstellung des Handwerks, welches er als eigene Kunst gewertet
haben wollte. Seine Herkunft aus einer alteingesessenen Handwerksfamilie
manifestiert sich an dieser Stelle deutlich.
Diese Tafeln sind es, die heute die besondere Bedeutung der Encyclopédie
ausmachen, denn sie überliefern uns die Kenntnisse zahlreicher
Handwerksgeräte und Gepflogenheiten sowie den technischen Entwicklungsstand
dieser Zeit. So gewährt uns das vorliegende Blatt "Tailleur d'habits,
outils" - Tafel 1 von insgesamt 24 Tafeln zum Beruf des Schneiders,
Tafelband 9 - Einblick in eine Schneiderwerkstatt um 1770 mit
der bereits erfolgten Arbeitsteilung in Maßnehmen, Zuschneiden
des Stoffes sowie Zusammenfügen und Nähen der Einzelteile. Mit
leichtem, malerischen Duktus wird diese Interieurszene mit Ausblick
auf einen Straßenzug wiedergegeben. Darunter ist detailgetreu
ein Teil des Handwerkszeugs des Schneiders dargestellt, u.a. ein
Nähkästchen mit Schublade für Garn, Nadeln und andere Utensilien.
Auf diesem Nähkästchen konnte ein ebenfalls abgebildeter Kerzenhalter
befestigt werden, der bei den damaligen Lichtverhältnissen unentbehrlich
war. Drei Scheren verschiedener Größe runden das Blatt ab, dem
zwei weitere Tafeln mit Werkzeugen folgen
Kristine Scherer
|