Kunstwerk des Monats
Juli 2008

Tailleur d'Habits, Outils

 

Die von Diderot und d'Alembert herausgegebene "Encyclopédie ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, par une société des gens de lettres" stellte die aufwändigste Publikation des 18. Jahrhunderts dar und hat mit ihrem aufklärerischen Geist ganz zweifelsohne der französischen Revolution den Weg geebnet.

Die Idee eines das gesamte menschliche Wissen umfassenden Nachschlagewerkes geht bereits auf antike Schriftsteller wie Vitruv, Plinius oder Horaz zurück. Zahlreiche Enzyklopädien entstanden vor allem im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert, von denen die 1728 von dem Engländer Ephraim Charles in zwei Bänden herausgegebene "Cyclopaedia or an Universal Dictionary of Arts and Sciences" am populärsten war. Der französische Verleger Le Breton fasste daher 1745 den Entschluss, dieses englischsprachige Werk ins Französische zu übersetzen. Das Projekt erhielt aber erst 1748 wichtige Impulse, als Le Breton sich potente Mitverleger in Gestalt von Briasson, David und Durand suchte und mit Diderot und d'Alembert als Herausgebern zwei engagierte Persönlichkeiten gewinnen konnte.

Parallel zu den 17 Textbänden entstanden zwischen 1762 und 1772 zwölf Tafelbände mit 2885 Kupferstichtafeln unter dem Titel "Recueil de planches sur les sciences, les arts libéraux, et les arts méchaniques, avec leur explication". Diderot widmete sich in diesen Tafeln anatomischen, zoologischen, botanischen und kunstgeschichtlichen Bereichen, vor allem aber der umfassenden Darstellung des Handwerks, welches er als eigene Kunst gewertet haben wollte. Seine Herkunft aus einer alteingesessenen Handwerksfamilie manifestiert sich an dieser Stelle deutlich.

Diese Tafeln sind es, die heute die besondere Bedeutung der Encyclopédie ausmachen, denn sie überliefern uns die Kenntnisse zahlreicher Handwerksgeräte und Gepflogenheiten sowie den technischen Entwicklungsstand dieser Zeit. So gewährt uns das vorliegende Blatt "Tailleur d'habits, outils" - Tafel 1 von insgesamt 24 Tafeln zum Beruf des Schneiders, Tafelband 9 - Einblick in eine Schneiderwerkstatt um 1770 mit der bereits erfolgten Arbeitsteilung in Maßnehmen, Zuschneiden des Stoffes sowie Zusammenfügen und Nähen der Einzelteile. Mit leichtem, malerischen Duktus wird diese Interieurszene mit Ausblick auf einen Straßenzug wiedergegeben. Darunter ist detailgetreu ein Teil des Handwerkszeugs des Schneiders dargestellt, u.a. ein Nähkästchen mit Schublade für Garn, Nadeln und andere Utensilien. Auf diesem Nähkästchen konnte ein ebenfalls abgebildeter Kerzenhalter befestigt werden, der bei den damaligen Lichtverhältnissen unentbehrlich war. Drei Scheren verschiedener Größe runden das Blatt ab, dem zwei weitere Tafeln mit Werkzeugen folgen

Kristine Scherer

 

Literatur
Cornelius, Peter von und Xeller, Christian: Die Taunusreise beschrieben und gezeichnet von Peter Cornelius und Christian Xeller. Hrsg. vom Verlag Franz Hanfstaengl. Mit einer Einf. von Rosy Schilling. München 1923.
Griesinger, Peter: Christian Xeller (1784-1872). Ein Biberacher Landschaftszeichner der Romantik. Biberach a. d. Riß 1966.
Bernhard, Marianne (Hrsg.): Deutsche Romantik. Handzeichnungen. Band 2. München 1973. S. 1947-1959.
Steinsdorff, Sibylle von: "Bettina Arnim lässt grüßen... ." Christian Xeller, ein Maler im Umkreis Bettine von Arnims in Berlin. Mit einem unveröffentlichten Brief Xellers an Peter Cornelius vom 23. Mai 1826, in: Christophersen, Claudia u.a. (Hrsg.): Romantik und Exil. Würzburg 2004. S. 170-180.


 

Am unteren Darstellungsrand mittig mit Bleistift bezeichnet: Johannis=Berg am Rhein.
Bleistift, 21,2 x 26,1 cm
Inv.Nr. Z 2197

 
 
siehe auch:

Sammlungsblatt
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