In der Kunst des 17. Jahrhunderts erscheint der Winter oft allegorisiert
in der Personifikation eines frierenden Greises, der sich in ein
Tuch hüllt oder mit Pelzmantel und Pelzmütze an einem Kohlebecken
zu wärmen versucht. In Holland, wo Wasserläufe, Kanäle und Häfen
oft für zwei bis drei Monate zufroren, jedermann auf dem Eis lebte
und das Hauptamüsement das Schlittschuhlaufen war, wurde die kalte
Jahreszeit aber vor allem in Landschafts- oder Genrebildern beschrieben,
die oft "Wintervergnügen" oder "Eisbelustigung" genannt wurden.
Die ersten bedeutenden Schilderer des nördlichen Winters, wie
Hendrick Averkamp, gaben detailliert vorrangig die Buntheit des
menschlichen Treibens auf dem Eis wieder. Ab den 30er Jahren des
17. Jahrhunderts, in denen auch das Gemälde Verstraelens entstand,
der sich auf dieses Sujet spezialisiert hatte, wurden die volkstümlichen
Genreszenen und Figurenstaffagen stärker in Licht und Atmosphäre
einbezogen, in der Tonalität vereinheitlicht und dem Stimmungsgehalt
der Natur untergeordnet. Anthonie Verstraelen ging es dabei mit
seinem Gemälde um die Wiedergabe der lyrischen Stimmung eines
Wintertages mit wirklichkeitsgetreuer Sittenschilderung und nicht
um den Gedanken der im Frost ergrauten Natur als Vanitasbild,
bei dem die Brüchigkeit des Eises als Hinweis auf die Gefährdungen
und die Unsicherheit der menschlichen Existenz gelesen werden
konnte.
Annette Frese
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