1. Weltkrieg 1914 - 1918


Im Osten Neues

Archäologie des Ersten Weltkriegs im Elsass und in Lothringen

Das Ausstellungsprojekt

Aufgrund ihrer geografischen Lage spielen die beiden Grenzregionen Elsass und Lothringen im Zusammenhang mit den Gedenkfeierlichkeiten zum Ersten Weltkrieg eine besondere Rolle. Sie waren ein Konfliktgegenstand dieses Krieges: Das seit 1871 vom Deutschen Kaiserreich verwaltete Reichsland Elsass-Lothringen fiel 1918 wieder an Frankreich. Die Geschichte der beiden Regionen ist also eng mit dieser tragischen Periode verbunden, und die Erinnerung an die Schlachten des Ersten Weltkriegs wird nach wie vor als ein wesentlicher Bestandteil der regionalen Geschichte und Identität gelebt.

Die Kämpfe auf elsässischem und lothringischem Boden haben die Landschaft dauerhaft verändert (vor allem im Südelsass, in den Vogesen und im Departement Meuse), auch der Boden trägt noch die Spuren der vielen kriegsbedingten Bauten, insbesondere von Schützengräben und unterirdischen Befestigungen. Bei großen Infrastrukturvorhaben in der Region werden daher nicht selten Funde aus dem Ersten Weltkrieg zutage gefördert. Außerdem bieten zahlreiche Gedenkstätten und Kriegsschauplätze (Saint- Mihiel, Vauquois, Verdun, aber auch die Feste Mutzig, die Forts um Straßburg, die Schlachtfelder Hartmannsweilerkopf, Le Linge, La Tête des Faux u. a.) schon seit langem Besucherführungen an, die sich als Teil der Erinnerungsarbeit verstehen und nach wie vor auf großes Interesse stoßen.

Die archäologische Untersuchung der jüngeren Kriegsschauplätze, insbesondere des Ersten Weltkriegs, ist ein neuer Forschungszweig, der vor allem der Geschichtsforschung zahlreiche Perspektiven eröffnet. Auch liefert er wichtige Aufschlüsse über den Alltag der Frontsoldaten. Im letzten Jahrzehnt konnten im Elsass und in Lothringen bei archäologischen Präventivgrabungen an Feldbefestigungsanlagen viele neue Erkenntnisse gewonnen werden, beispielsweise erst vor kurzem an den Standorten Geispolsheim Schwobenfeld im Departement Bas-Rhin und Carspach Kilianstollen im Departement Haut-Rhin.

Die Ausstellung zieht eine erste Bilanz dieser Forschungsarbeiten und präsentiert einen breiten Überblick über die Grabungsfunde der Standorte in Elsass und Lothringen sowie über die freigelegten Feldbefestigungen an der Front und im Fronthinterland. Anhand der rund 60 bisher untersuchten Grabungsstätten in der Region wird eine Vielzahl historischer und archäologischer Fragestellungen aus verschiedenen Fachgebieten beleuchtet. Ein Abschnitt der Ausstellung macht auch mit den zuweilen bemerkenswerten archäologischen Funden bekannt, die ab Ende 1914 bei der Errichtung der zahlreichen Feldbefestigungen in diesen beiden Regionen zutage gefördert wurden.

Darüber hinaus will die Schau Verständnis für die Problematik der Bewahrung dieses empfindlichen und bedrohten Militärerbes schaffen und auf Bestrebungen zum Schutz dieser Orte der Erinnerung und des Gedenkens hinweisen. Diese Maßnahmen sind umso dringlicher, als im Zusammenhang mit großen Bauvorhaben immer mehr materielle Zeugnisse der Vergangenheit zerstört werden. Eine weitere Bedrohung stellen Plünderungen dar, die durch die isolierte Lage der Kriegsschauplätze begünstigt werden. Verantwortlich hierfür sind geldgierige und skrupellose Sammler, deren Grabungen großen Schaden anrichten. Weiter geschürt wird dieses Phänomen heute durch die vielen Möglichkeiten des Verkaufs oder Tauschs im Internet.

Die Ausstellung ist Teil der Gedenkfeierlichkeiten zum 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegs. Sie wird in Zusammenarbeit mit dem Pôle d’Archéologie Interdépartemental Rhénan und den Regionalen Ämtern für Archäologische Forschung von Lothringen und Elsass durchgeführt.

Ein innovatives Projekt mit zahlreichen Wissenschaftspartnern

Die Ausstellung ist von Mitte Oktober 2013 bis Ende Dezember 2014 im Straßburger Archäologischen Museum zu sehen. Sie wird vom Museum in wissenschaftlicher Partnerschaft mit dem Pôle d’Archéologie Interdépartemental Rhénan und den Regionalen Ämtern für Archäologische Forschung von Lothringen und Elsass durchgeführt. Die wissenschaftliche Steuerung und Koordination liegen in den Händen eines multidisziplinären Teams unter Leitung von Michaël Landolt (PAIR, Sélestat), Stéphanie Jacquemot und Jean-Pierre Legendre (SRA Lorraine, Metz), die die Ausstellung gemeinsam mit der Leiterin des Straßburger Archäologischen Museums ko-kuratieren. Beratend wird sie von General Jean-Claude Laparra, Spezialist für Militärgeschichte, unterstützt.

Rund 50 weitere Sachverständige, Amateure und Fachleute, von denen sich die meisten schon seit langen Jahren in Vereinen für die Erhaltung, Untersuchung und Pflege dieser Standorte einsetzen, unterstützen das Projekt mit ihren wissenschaftlichen Beiträgen zum Ausstellungskatalog. Viele von ihnen haben bereits an der großen Zusammenfassung mitgewirkt, die 2011 unter der Leitung von Stéphanie Jacquemot und Jean-Pierre Legendre (ebenfalls Kuratoren der Straßburger Ausstellung) in Lothringen veröffentlicht wurde ( „Vestiges de guerres en Lorraine. Le patrimoine des conflits mondiaux“).

Die meisten Exponate der Ausstellung stammen aus den Grabungen der letzten Jahre, in der Hauptsache auf Initiative und unter Leitung des Pôle d’Archéologie Interdépartemental Rhénan (Grabung Michaël Landolt), aber auch des Institut national de recherches archéologiques préventives und des Unternehmens Antea-Archéologie. Einige Stücke wurden sogar erst im Frühjahr 2013 aus der Erde befreit! Ein Teil der Carspacher Funde wurde so gut wie vollständig von den Restauratorinnen des Pôle d’Archéologie Interdépartemental Rhénan behandelt und restauriert.

Eine Reihe ergänzender Leihgaben stammt aus anderen Einrichtungen (Gedenkstätte Verdun) sowie von Historikern und Liebhabern, die sich schon seit langem mit dieser geschichtlichen Periode in Ostfrankreich beschäftigen. Wissenschaftliche Kontakte bestehen auch zum Militärhistorischen Museum der Bundeswehr, das dem Kriegsschauplatz Carspach in der für 2014 in Zusammenarbeit mit dem Pôle d’Archéologie Interdépartemental Rhénan geplanten Ausstellung „1914. Ein Tag der Rosen im August“ einen großen Abschnitt widmen wird.

Unter der Leitung des Kulturreferats der Stadt Straßburg werden Partnerschaften und Öffentlichkeitsarbeit mit den anderen Kultureinrichtungen der Stadt abgestimmt, die aus Anlass dieses 100. Jahrestags ebenfalls Ausstellungen und Veranstaltungen durchführen.

MUSEEN DER STADT STRASSBURG
Joëlle Pijaudier-Cabot
Conservatrice en chef du Patrimoine,
Direktorin der Straßburger Museen

ARCHÄOLOGISCHES MUSEUM
Ausstellungskuratoren:
Bernadette Schnitzler, Leiterin des Archäologischen Museums,
in Zusammenarbeit mit Michaël Landolt, Pôle d’Archéologie Interdépartemental Rhénan, Stéphanie
Jacquemot und Jean-Pierre Legendre, Ministerium für Kultur und Regionales Amt für Archäologische
Forschung Lothringen



 
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