Nach der Erfindung des Steindrucks von Aloys Senefelder
und der Chromolithografie durch den aus Mulhouse stammenden
Godefroy Engelmann verbreitete sich das neue Druckverfahren
sehr schnell.
Die farbigen Bilderbogen konnten nun zu geringen Kosten
in den europäischen Druckereizentren vervielfältigt
werden, sodass die Produktion im 19. Jahrhundert schlagartig
anstieg. In den Städten wurden sie von Buchhändlern
vertrieben, auf dem Land gelangten sie durch Kolporteure
bis ins kleinste Dorf.
1835 erhielt der Weißenburger Jean Frédéric
Wentzel das Patent für den Druck von Lithografien.
Er gründete daraufhin eine Druckerei, die ein Jahrhundert
lang Bilderbogen in großen Auflagen herstellte und
sie von Warschau bis Dublin europaweit exportierte. In
Wentzels Todesjahr 1869 druckte das elsässische Unternehmen
zwei Millionen Bilderbogen auf 18 Lithopressen.
Mit rund 200 Bilderbogen will die Ausstellung vor allem
die große Vielfalt der Weißenburger Produktion
veranschaulichen. Zwar war die Religion das vorherrschende
Thema, doch J.-F. Wentzel und sein Sohn druckten auch viele
dekorative Bogen, Familienszenen und zeitgeschichtliche
Motive.
Am gefragtesten waren allerdings die Bilder für Kinder.
Diese neuen Kunden (und ihre Eltern) versuchte man mit
allem, was sich auf Papier drucken ließ, zu gewinnen:
Hampelmänner, Spiele, Märchen, Papiertheater,
optisches Spielzeug, kleine Soldaten u. v. m. In der Serie „Der
kleine Baumeister“ konnten die Kinder Bauwerke und
Kulissen (Bahnhof, fahrender Zug) ausschneiden und zu dreidimensionalen
Spielen ausbasteln.
Nach der Angliederung des Elsass an das Deutsche Reich
im Jahr 1871 wurde Weißenburg vom französischen
Markt abgeschnitten. Zwar druckte die Pariser Zweigstelle
des Unternehmens Bilderbogen für französische
Abnehmer, doch insgesamt ging die Produktion des Verlages
zurück. Ab 1880 wurden lebensgroße Papierfiguren
gedruckt, die an die deutsche Tradition anknüpften
und zur Dekoration von Lokalen, Vereinsräumen und
Kirmesfeiern dienten. Im Zweiten Weltkrieg stellte die
Druckerei die Produktion ein.
Bild: Türkischer Soldat in der traditionellen Uniform
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