![Reliquie Cranium sacti Galli (Hirnschale)](reliquie.jpg)
Die
Reliquie Cranium sacti Galli (Hirnschale) fand erst 1993
ihren rechtmäßigen Platz in der Galluskrypta.
Erst im 20. Jh. wieder entdeckt, wurde sie 1989 für
echt befunden. Heute ist sie in dem von Silber- und Goldschmied
Josef Tannheimer gefertigten Gallus Haupt-Reliqiar eingebettet.
Bild: ARGE Gallusjubiläum 2012
Liess sich Gallus wirklich im Herbst 612 oder erst ab
dem Frühjahr 613 im Steinachtal nieder? Stammt er
aus Irland oder dem Elsaß? Die historische Figur
Gallus (um 560/70 bis um 640) wirft zahlreiche Fragen in
Fachkreisen auf. Der Abstand zum 7. Jahrhundert ist groß,
und so bleibt vieles im Dunkeln. Wichtigste Quelle für
jede Auseinandersetzung mit Gallus ist jedenfalls die Vita
in ihren drei Versionen: einer ältesten, nur fragmentarisch überlieferten
Fassung wahrscheinlich noch aus dem 7. Jahrhndert sowie
die beiden vollständigen Lebensgeschichten, welche
die Reichenauer Mönche Wetti und Walahfrid im
9. Jahrhundert verfassten.
Woher Gallus wirklich kam, ist umstritten. Der Historiker
Max Schär, Autor des Buches „Gallus - Der Heilige
in seiner Zeit", sieht das Elsaß als wahrscheinlichen
Herkunftsort. Über Gallus' Kindheit und Jugend ist
nichts bekannt. Sicher ist aber, dass er als Gefolgsmann
und Schüler des irischen Abtes Kolumban ganz unter
dem Einfluss des insularen Mönchtums stand. Mit anderen
Glaubensbrüdern folgte Gallus dem irischen Missionar
im Jahr 611 nach Tuggen ans obere Ende des Zürichsees
und später dann an den Bodensee. Über das heutige
Arbon am Schweizer Seeufer gelangten die Mönche nach
Bregenz, wo sie, wie schon in Tuggen, versuchten, die Bevölkerung
zu bekehren. In Tuggen wurden sie aber vertrieben, und
Bregenz mussten sie hauptsächlich aus politischen
Gründen (Herrschaftswechsel) verlassen.
Nach wohl nur knapp einjähriger gemeinsamer Missionstätigkeit
verweigerte Gallus dem Lehrer Kolumban die Gefolgschaft.
Diesem sicherlich mutigen Entschluss ging offensichtlich
ein innerer Kampf voraus, der sich in dem von den Viten
berichteten Fieber (Wetti und Walahfrid, Kapitel 9) entladen
haben mag. Er blieb am Bodensee, während Kolumban
mit den übrigen Mönchen nach Oberitalien (Bobbio)
zog. Gallus wanderte über Arbon ins wilde Hochtal
der Steinach, in das Gebiet des heutigen St. Gallen. Wie
es dem mönchischen Denken seiner Zeit entsprach, blieb
er in der Einöde, um in der Einsamkeit Gott nah zu
sein.
Doch Gallus war sicherlich kein verschrobener Einzelgänger.
Denn weder hauste er allein im Wald noch lebte er isoliert.
Wie die Quellen belegen, waren andere Mönche bei ihm.
In seiner Umgebung war er als Heiler und Hellseher bekannt.
Er war sicherlich angesehen und bedeutend, aber auch eigenwillig.
Denn sowohl das ihm schon kurz nach seiner Ankunft im Steinachtal
angebotene Bischofsamt als auch die 629 angebotene Würde
eines Abtes von Luxeuil lehnte er ab.
Getreu seiner Berufung lebte er bis zu seinem Tod zusammen
mit seinen Gefährten asketisch als Gottsuchender im
Wald. In seiner Persönlichkeit und seinem langjährigen
Wirken in der Region liegt sicherlich der Grund, weshalb
er der Namensgeber von Kloster und Stadt wurde.
Quelle: Der Text basiert auf dem Buch von Max Schär: „Gallus
- Der Heilige in seiner Zeit", Schwabe Verlag Basel
2011
Unteres
Bild: Nach seiner Ankunft im Steinachtal befiehlt Gallus
dem Bären, Holz zu sammeln und ins Feuer zu werfen.
Er reicht ihm ein Brot und gebietet ihm, das Tal zu verlassen.
Diakon Hiltibod hält sich im Hintergrund. St. Galler
Legendar des Conrad Sailer, 1451/60. Cod. Sang. 602, S.44,
Stiftsbibliothek St.Gallen.
Bild: Stiftsbibliothek St.Gallen |