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"Badische" Sprache

Hin und wieder liest oder hört man einen Satz wie "Der schwätzt badisch". Oder auch "Da unten reden die Leute badisch". Da sträuben sich denn doch die Nackenhaare, denn eins muss klar gesagt werden: Es gibt zwar Leute, die in Baden wohnen, das sind dann die Badner (und die Badnerinnen) - aber ihre Sprache ist nicht badisch.

Warum nicht?

Die Geschichte der Sprache(n) in Baden beginnt in einer Zeit, da gab es zwar schon heiße Quellen, in denen man baden konnte, aber den Begriff Baden für das Land gab es noch längst nicht. Das ist die Zeit der Völkerwanderung, im 5. nachchristlichen Jahrhundert, in denen das ganze Land von Alemannen besiedelt war. Die Alemannen waren vermutlich in Kleinkönigreiche organisiert, die mehr gegeneinander kämpften als sich gemeinsam gegen die Konkurrenz aus Nordwesten, gegen die Franken, zu organisieren. Ergebnis war die Unterwerfung der Alemannen unter die Herrschaft der Frankenkönige und die nachfolgende Besiedlung des Nordens von fränkischstämmigen Siedlern.

Grenze zwischen Nord und Süd waren die Flüsse Oos und Murg auf der rechten Rheinseite, die Selz auf der linken Rheinseite. Im Norden blieben vielleicht noch Alemannen wohnen, glichen sich aber schnell an die fränkische Bevölkerungsmehrheit an. Im Süden blieben die Alemannen unter sich, hatten hier aber damit zu tun, eine gallorömische Bevölkerung mit romanischer Sprache zu assimilieren.

Oos und Murg sind heute noch eine Sprachgrenze. Südlich davon spricht man die nördlichste der alemannischen Mundarten, das Niederalemannisch der Ortenau, nördlich davon spricht man die südlichste der rheinfränkischen Mundarten, den Dialekt der Karlsruher Region. Zweiteilung also.

Wenn jetzt das Alemannische ein einheitlicher Dialekt wäre und das Rheinfränkische auch ein einheitlicher Dialekt wäre, könnte dieses Statement abgeschlossen werden.

Im Breisgau spricht man aber wieder anders ("andersch"), im Markgräflerland anders, am Hochrhein anders und am Bodensee schon wieder anders. Was in Lörrach und am Hochrhein hörbar ist, ist nicht der Einfluss aus der (ebenfalls alemannischen) deutschen Schweiz, sondern die gemeinsame oberalemannische Sprache links und rechts des Rheins. Sprachwissenschaftler können erklären, warum die Dritte hochdeutsche Lautverschiebung, von Süden kommend, nur ein paar Kilometer über den Rhein vorgedrungen ist. Man geht da nicht in die Kirch', sondern in die Chilche (hartes stimmloses ch bitte). Weiter in Richtung Bodensee spricht man Seealemannisch, bis auf dem nördlichen Bodenseeufer schon Oberschwäbische Töne anklingen.

"Das" Alemannische gibt es also auch nicht, auch wenn Johann Peter Hebel diese Sprachform kultivert und ihr ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Für einen Niederalemannen ist die Sprache Hebels übrigens auch nicht gerade einfach.

Nördlich von Oos und Murg git es zwei große Mundartgruppen, das sind das Rheinfränkische von Karlsruhe, Pforzheim, Bruchsal und dem Kraichgau ("Zwoi woichi Ojer in oinere Roj"), und das sogenannte Kurpfälzische nördlich von Wiesloch und Hockenheim, das sich dann das Neckartal hoch zieht und in die Mundarten von Odenwald und Bauland übergeht. Kurpfälzisch ist auch Rheinfränkisch und wird auch in der Vorderpfalz gesprochen. Nur halt anders ("onnaschda").

Überflüssig zu betonen, dass es auch "das" Kurpfälzische nicht gibt. Der Verfasser dieser Zeilen, selbst in einigen Gegenden der Kurppfalz sprach-sozialisiert, weiß heute noch nicht genau zu sagen, ob er "hoom" geht, "hääm" geht oder "haam" geht, wenn er nach Hause will.

Am Main schließlich wird aus dem Rheinfränkischen das Mainfränkische, das wiederum sowohl mit dem, was man als "hessisch" kennt, eng verwandt ist als auch mit den unter-, mittel- und oberfränkischen Dialekten der östlichen Nachbarschaft.

Das Bestreben nach medientauglicher Vereinfachung hat wohl dazu geführt, dass die Mundart der Karlsruher Region als "Badisch" angesehen wird, denn Karlsruhe ist Baden und Baden ist Karlsruhe. Es ist einfach nicht richtig. Baden geht vom Main bis zum Bodensee, ist größer als Karlsruhe, und hat zwei große und eine dritte, kleinere, Mundartgruppen, die miteinander so wenig zu tun haben, dass sie nicht auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen sind.

Aber es gibt doch ein "Badisches Wörterbuch", dann muss es doch auch eine Badische Sprache geben!

Nein. Das "Badische Wörterbuch" ist ein Wörterbuch der Sprachen, die in Baden gesprochen werden. "Badisch" ist es, weil es seinen Ursprung und sein Untersuchungsgebiet in Baden hat.


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