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Schloss Mannheim

3. August 1785: „… ein noch nie erlebtes Gewitter bei furchtbarem Sturm und Hagel“

(ssg) Der Klimawandel und seine akuten Folgen beherrschen die Medien. Dass die Gewalt der Natur eine Bedrohung für die Menschen und ihre Werke sein kann – das war wahrscheinlich früher sehr viel präsenter im Bewusstsein. Da konnte auch ein so mächtiges Bauwerk wie das Barockschloss Mannheim betroffen sein. Am 3. August 1785 zerstörte „ein noch nie erlebtes Gewitter bei furchtbarem Sturm und Hagel“ viele Fenster der Südseite der kurpfälzischen Residenz.

Extremes Wetter – damals und heute

Hitze, Stürme und Überschwemmungen: Extremwetterereignisse prägen die Nachrichten. Die Auswirkungen des Klimawandels verlangen längst vorausschauende Maßnahmen – auch bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg. Immer mehr müssen Vorkehrungen getroffen werden, um das einzigartige Kulturerbe zu schützen und für die Zukunft zu erhalten. Was früher ein seltenes Unglück war, könnte künftig eine ständige Bedrohung werden. Von einem spektakulären Unwetter in Mannheim berichten die Dokumente für den 3. August 1785. Damals zog ein Gewitter über das Barockschloss und entglaste weite Teile der Schlossfront.

Ein Sturm zieht auf

Über das verheerende Unwetter berichtete die Mannheimer Zeitung am 6. August 1785: „Eins der heftigsten Gewitter, dergleichen hier noch kein Mensch erlebt hat, zog zwischen 7 und 8 Uhr über uns hin und goß seine ganze Gewalt, in Bliz, Sturm, Regen und Hagel über uns aus. … um halb 8 Uhr brachte es der heftigste Sturmwind, der je gewesen; unaufhörliches mit den härtesten Donnerschlägen begleitetes Blizen durchkreuzte die Luft und aus den Wolken fiel ein so dichter mit Regen zermischter Hagel, daß man keine drei Schritte vor sich auf die Erde sehen konnte.“

Schwere Schäden am schloss und in der stadt

Der Hagel richtete große Zerstörung in Mannheim an. Einzelne Hagelkörner sollen laut Bericht um die „20 Lot“ (300 Gramm) schwer gewesen sein. „Schon diese auffallende Schwere war hinreichend die Gegenstände zu zerschmettern; hiezu half aber noch mehr die Gewalt des Windes, wodurch sie wie aus Geschossen getrieben auffuhren.“ Zahlreiche Gebäude waren betroffen, allen voran das monumentale Schloss: „Die ganze Süd- und Westseite des Kurfürstlichen Schlosses war der Gewalt dieses Wetters gänzlich ausgesezet, und von den vielen hundert wie Spiegelscheiben versehenen Fenster ist kein einziges verschont geblieben, so daß die Wiederherstellung mehrere tausend Gulden kosten wird.“

„… kein fenster ist mehr ganz …“

Auch das Umland Mannheims wurde in Mitleidenschaft gezogen: „Wenden wir unsere Blicke in die Gärten und auf das Land, so werden wir bis zu Thränen gerühret werden. Die stärksten Bäume liegen gestreckt da, die Dächer sind abgedeckt, kein Fenster ist mehr ganz, das in tausendfältigem Schmuck und Segen dagestandene Getraide liegt in verworrenen Halmen ausgedroschen zur Erde, das aufblühende Welschkorn, der Hanf, der Tabak, das Obst, die schönen Weintrauben sind zerschlagen, zersplittert, und dieses alles geschah in weniger als 10 Minuten.“

Glück im Unglück beim Verkehrsunfall

Das Unwetter erwischte auch einige unvorbereitete Reisende. Sie kamen jedoch mit einem Schrecken davon: „ Auf der Ogersheimer Hochstraße geschah es, daß der Mainzer Postwagen von dem heftigen Windstoße über die Straße hinab in das Feld geworfen worden ist, wozu die Blitze, die Donnerschläge, der Hagel, die Verfinsterung, die Betäubung des Führers und der Pferde, kurz alle Umstände des schrecklichen Wetters mit beigetragen haben. Ueber zehen in dem Wagen befindlich gewesene Personen hat die Hand der Vorsehung dergestalt gemacht, daß keine einzige im mindesten beschädiget worden.“

Ein denkwürdiger Tag

Gleich zu Anfang resümiert die Zeitung: „Der vorgestrige Abend wird allen Bewohnern der hiesigen Stadt und umliegenden Gegend in immerwährendem schrecklich-traurigen Andenken bleiben.“ Die Zeitung behielt recht: Noch 1855 erinnerte man sich an „ein noch nie erlebtes Gewitter bei furchtbarem Sturm und Hagel, so daß im Schlosse und der Stadt alle Fenster gegen die Mittagsseite zerstört waren.“

Im Forschungsverbund Climate HeriTage Network

Die Gefahren, die heute von den zunehmenden Extremwetterlagen ausgehen, erfordern vor allem Prävention. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg beteiligten sich am Projekt „KERES“. Bei diesem untersuchen mehrere Fraunhofer-Institute im wissenschaftlichen Verbund, wie Kulturgüter vor Extremklimaereignissen geschützt und deren Resilienz erhöht werden kann.

Aus der Schlossgeschichte

Als der Hagelsturm das Schloss beschädigte, war es schon sieben Jahre nicht mehr Residenz. 1778 war Kurfürst Carl Theodor nach München übergesiedelt. 1802 fiel Schloss und Stadt Mannheim an Baden. Schloss Mannheim erlebte seine zweite Blüte. Das Erbgroßherzogspaar Carl und Stéphanie von Baden zog in die ehemalige kurfürstliche Residenz. Nach dem Tod ihres Ehemannes nahm Stéphanie dort ihren Witwensitz. Nach ihrem Tod 1860 wurde die Hofhaltung aufgelöst. Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg begann 1947 der Wiederaufbau des Barockschlosses. Das Hauptgeschoss, die prächtige Beletage, lässt den Glanz der Residenz mit originalen Einrichtungsgegenständen heute wieder aufleben.

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