Projekt kulturer.be
14.4.21
(blm) Heute, am 14. April 2021, findet der internationale Tag der Provenienzforschung statt. An diesem Datum soll gezielt auf die detektivische Suche nach der Provenienz oder der Herkunft von Museumsobjekten aufmerksam gemacht werden. Auch das Badische Landesmuseum betreibt seit 2010 intensiv Provenienzforschung.
Dr. Katharina Siefert untersucht die Sammlung auf Objekte, die vor 1945 entstanden und nach 1933 vom Badischen Landesmuseum erworben wurden. Dabei gilt es zu überprüfen, ob diese während des NS-Regimes unrechtmäßig entzogen wurden. Ihre Recherche ist ein fortschreitender Prozess, der je nach Dokumentenlage erst im Laufe eines längeren Zeitraumes abgeschlossen werden kann. Im Idealfall wird aus einem „offenen“ Provenienz-Status ein „unbedenklicher“ – so zum Beispiel beim Taufschleier aus Brüsseler Klöppelspitze aus dem Jahre 1775.
1969 wurde der Taufschleier vom Badischen Landesmuseum erworben. Auffällig war, dass der Schleier, der sich 1931 im Eigentum von Elisabeth Wolff-Merck befand, 38 Jahre später von einer Elisabeth Albrecht an das Museum verkauft worden war. Wurde Elisabeth Wolff-Merck, die Gattin des politisch missliebigen Verlegers Kurt Wolff, in der NS-Zeit verfolgt? Verlor sie ihre Vermögenswerte, also auch den Schleier?
Um die Umstände der Erwerbung nachzuweisen, forschte Siefert nach. Dabei konnte sie eindeutig nachweisen, dass Elisabeth Wolff-Merck und Elisabeth Albrecht ein und dieselbe Person sind. Elisabeth Wolff-Merck aus der Familie der Pharma-Dynastie Merck war in erster Ehe mit Kurt Wolff, einem bedeutenden Verleger expressionistischer Literatur, verheiratet. Während dieser 1933 Deutschland verfolgungsbedingt verlassen musste und in New York den Kunstverlag Pantheon Books gründete, verblieb Elisabeth in Deutschland. Bereits 1931 hatte sie in zweiter Ehe den Münchener Hans Albrecht geheiratet. Der Schleier befand sich somit fortwährend in ihrem Eigentum, so dass auch der Verkauf an das Badische Landesmuseum rechtmäßig war.
„Provenienzrecherche ist kontinuierliche Ermittlungsarbeit. Während meiner proaktiven Recherche suche ich gezielt nach Objekten, deren Aufnahmestatus bzw. Einträge in den Inventarbüchern auffällig sind. Anschließend forsche ich nach Hinweisen in Archivalien, im Netz und tausche mich mit Fachkolleginnen und Fachkollegen aus. Stück für Stück lässt sich die Geschichte der Objekte nachvollziehen. Im Falle des Taufschleichers konnte die Provenienz und der rechtmäßige Ankauf eindeutig geklärt werden. Es zeigt, wie wichtig es ist, die eigenen Bestände systematisch in den Blick zu nehmen. Ohne die Recherche wäre die Herkunft des Schleiers weiterhin unklar geblieben“, erklärt Katharina Siefert. „Mit der Provenienzrecherche am Badischen Landesmuseum stellen wir uns unserer Verantwortung, Kulturgut aus sog. Unrechtskontexten zu ermitteln, aufzuarbeiten und zurückzugeben. Wenn wir auf unrechtmäßig entzogenes Kulturgut stoßen, nehmen wir mit den Nachfahren Kontakt auf. Können wir Eigentümerinnen und Eigentümer nicht eruieren, stellen wir die Objekte in der Datenbank Lost Art ein“, so Katharina Siefert.
Weitere Beispiele aus der Provenienzforschung des Badischen Landesmuseums finden die Besucherinnen und Besucher auf der Homepage des Badischen Landesmuseums:
https://www.landesmuseum.de/provenienzforschung
Weitere Informationen zum Tag der Provenienzforschung und des Arbeitskreises Provenienzforschung e. V. unter https://www.arbeitskreis-provenienzforschung.org/tag-der-provenienzforschung/
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