Projekt kulturer.be
1.12.20
(ssg) Siard II. Berchtold, der letzte Abt des Klosters Schussenried, unterzeichnete am 1. Dezember 1802 seine Abdankungsurkunde. Damit zog er zugleich einen Schlussstrich unter eine mehr als 600 Jahre dauernde reiche Klostertradition. Indirekter Auslöser war die Französische Revolution von 1789 gewesen, in deren Folge Frankreich nach mehreren Kriegen linksrheinische Gebiete dauerhaft besetzte. Kaiser Napoleon Bonaparte versprach im Jahre 1802 den betroffenen deutschen Territorialherren Entschädigung für den verlorenen Besitz, nicht zuletzt um deren Unterstützung beim anstehenden Russlandfeldzug zu erkaufen. Diese Veränderungen gingen als Säkularisation in die Geschichte ein.
Kloster Schussenried, der lezte Abt Siard II. Berchtold. Bild: SSG
Bibliothekssaal im Kloster Schussenried.
Die Säkularisation in Oberschwaben wurde konkret
Oberschwäbische Reichsklöster wie jene in Schussenried oder Ochsenhausen waren dabei als Entschädigung für die Reichsgrafen vorgesehen. Bereits im November 1802 begann eine sogenannte „Aufhebungskommission“ den klösterlichen Besitz für die Übergabe vorzubereiten. Kaum ein halbes Jahr später waren die Reichsgrafen von Sternberg-Manderscheid die neuen Eigentümer der umfangreichen Klosteranlagen und -ländereien.
Neue Herren
Ab Mai 1803 war damit das einstige Prämonstratenserkloster ein gräfliches Schloss, allerdings machten sich die neuen Herren nur sehr sporadisch auf den Weg nach Schussenried. Im Kloster lebten nach wie vor der ehemalige Abt und die Mönche, denen ein lebenslanges Wohnrecht sowie eine Rente zugestanden worden war. Wenig später erfolgte der nächste große Einschnitt: Das Kloster kam in den Besitz des neuen Königreichs Württemberg. Über 20.000 Bücher aus der Bibliothek wanderten in die Hauptstadt Stuttgart. Nachdem der Übergang an Württemberg im Jahre 1837 endgültig stattgefunden hatte, suchte man nach geeigneten Verwendungen für die riesigen Liegenschaften und kam auf ein Eisenschmelzwerk und einen Hochofen – ein zeitgemäßes und modernes Projekt der frühen Industrialisierung. Für den Fortschritt mussten allerdings Teile der Klosteranlage geopfert werden.
Kloster Schussenried – eine reichhaltige Entschädigung
Kloster Schussenried war im Jahre 1183 gestiftet und von dem Orden der Prämonstratenser bezogen worden. Die größte und zugleich letzte Blütezeit erlebte das Kloster im 18. Jahrhundert. Zwischen 1714 und 1748 wurde die Stiftskirche prachtvoll ausgestaltet. Zudem nahm man eine weitreichende Erweiterung der Anlagen in Angriff. Barockes Herzstück ist der große Bibliotheksaal mit seinen Stuckmarmorsäulen und dem figurenreichen Deckenfresko. Bereits kurz nach seiner Fertigstellung im Jahre 1766 galt der Saal unter Reisenden als Sehenswürdigkeit. Der letzte Abt, Siard II. Berchtold, regierte seit 1792. Er versuchte, mit der Aufbruchsstimmung seiner Zeit Schritt zu halten. Obwohl er nur wenig von aufklärerischen Geistern hielt, regelte er unter anderem das Schulwesen in Schussenried neu und ließ im Jahre 1793 ein Spital errichten. Heute betreuen die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg das bedeutende Monument an der oberschwäbischen Barockstraße.
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