19.7.19

Das Badische Landesmuseum wurde 100

Festakt zum 100jährigen Jubiläum

(blm) Ein Jahr nach Abdankung Großherzog Friedrichs II. gründete die badische Regierung am 21. November 1919 das Badische Landesmuseum, das ins ehemalige Residenzschloss einziehen sollte. Als Bestand wurden ihm die seit dem 16. Jahrhundert zusammengetragenen markgräflichen und großherzoglichen Sammlungen für Altertumskunde (Archäologie des Mittelmeerraums sowie „Vaterländische Altertümer“ aus Baden), für Völkerkunde und badische Volkskunde sowie die Sammlungen des Kunstgewerbemuseums zugewiesen. Wenig später wurden die „Karlsruher Türkenbeute“ und schließlich 1936 das Münzkabinett eingegliedert. Auf diese ursprünglichen Bestände stützt sich bis heute das Sammlungskonzept des Badischen Landesmuseums.

Karlsruher Schloss, bis 1918 Sitz der badischen Großherzöge bis 1918 Sitz der badischen GroßherzögeAusstellung archäologischer Funde, antike Keramik bis badische Frühgeschichte, herrschaftlich ausgestattete Räume, vor dem 2. Weltkrieg Schlossruine, 1944 völlig ausgebrannte Schlossanlage, nach dem 2. Weltkrieg Links: Karlsruher Schloss, bis 1918 Sitz der badischen Großherzöge bis 1918 Sitz der badischen Großherzöge

Unten: Ausstellung archäologischer Funde, antike Keramik bis badische Frühgeschichte, herrschaftlich ausgestattete Räume, vor dem 2. Weltkrieg

Schlossruine, 1944 völlig ausgebrannte Schlossanlage, nach dem 2. Weltkrieg
Alle Bilder © Badisches Landesmuseum

Gründungsdirektor Hans Rott initiierte bereits im September 1920 eine erste Sonderausstellung, noch bevor das Landesmuseum am 24. Juli 1921 eröffnet wurde. In den historischen Räumen des Schlosses waren von nun an die archäologischen und kulturgeschichtlichen Schausammlungen für die Öffentlichkeit zugänglich. Ab Herbst 1923 wurde die „Karlsruher Türkenbeute“ im ehemaligen Gartensaal des Schlosses präsentiert, 1924 war die volkskundliche Abteilung im Dachgeschoss eingerichtet. Mit der Einrichtung des Münzkabinetts im rechten Seitengebäude waren seit Juni 1936 alle Sammlungen des Museums für Besucherinnen und Besucher zu besichtigen.

Kriegs- und Nachkriegszeit
Der Zweite Weltkrieg stellte einen dramatischen Einschnitt für das Landesmuseum dar. Am 1. Dezember 1939 wurde es geschlossen. Die seit August 1939 unter dem kommissarischen Direktor Ludwig Moser zögerlich angelaufene Evakuierung der Objekte wurde nach einem ersten Luftangriff auf das Karlsruher Schloss, bei dem am 24./25. April 1944 die ehemalige Schlosskirche in Brand gesetzt wurde, mit Nachdruck, jedoch vielfach ohne die eigentlich notwendige dokumentarische Sorgfalt vorangetrieben.

Die Bestände wurden in das Gefängnis Pfullendorf, in die Schlösser von Salem, Langenstein und Baden-Baden sowie in das Salzbergwerk Heilbronn ausgelagert. Nicht transportable Kulturgüter wurden in die Keller des Museums verbracht. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden nach Neuhausen bei Pforzheim evakuiert. Am 27. September 1944 brannte bei einem Luftangriff auf Karlsruhe das Schloss bis auf die Außenmauern nieder.

Während des „Dritten Reichs“ hatte das Badische Landesmuseum zahlreiche verfolgungsbedingt entzogene Kunst- und Kulturgüter erworben und diese bis weit in die Nachkriegszeit hinein in seine Sammlungen integriert. Die Aufgabe der heute am Landesmuseum etablierten Provenienzforschung ist es, durch Rückgabe der betreffenden Objekte an die ursprünglichen Besitzer oder deren Erben dieses Unrecht aufzuarbeiten und wiedergutzumachen.

Die amerikanische Militärregierung berief 1945 Arthur von Schneider als Direktor. Im Juni desselben Jahres kehrten die Museumsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter nach Karlsruhe zurück. Noch im Herbst 1945 begann die Bergung der in die Keller verbrachten Sammlungsgüter. 1946 bis 1951 wurden die ausgelagerten Bestände nach Karlsruhe zurückgeführt und die Restaurierungswerkstätten schließlich ab 1948 nach und nach wieder arbeitsfähig.

In der kriegszerstörten Stadt war an den Wiederaufbau des Schlosses zunächst nicht zu denken. 1948 wurde dem Badischen Landesmuseum das Großherzogliche Palais an der Kriegsstraße als neuer Standort zugewiesen.

Als aber der Deutsche Bundestag 1950 den Bundesgerichtshof mit Sitz in Karlsruhe gründete, beanspruchte dieser das Gebäude. Das Landesmuseum musste den gerade angelaufenen Einzug abbrechen. Neues provisorisches Domizil wurde die Telegraphenkaserne in der Hertzstraße.

Neueröffnung
Arthur von Schneiders Nachfolger als Direktor des Badischen Landesmuseums, Rudolf Schnellbach, begann unmittelbar nach seiner Berufung im Jahr 1952, sich für den Wiederaufbau des Schlosses (einschließlich des rechten Seitengebäudes) als Museum zu engagieren, wovon schon seine Publikation „Unser Haus ist ausgebrannt“ zeugt. Tatsächlich wurde von 1952 bis 1954 zunächst der Schlossturm wieder errichtet und zwischen 1955 und 1958 der Mitteltrakt rekonstruiert, in dem am 29. Mai 1959 die partielle Wiedereröffnung des Badischen Landesmuseums stattfand. Als 1960 das im Prinz-Max-Palais untergebrachte Bundesverfassungsgericht nach einem neuen Standort suchte, geriet das Karlsruher Schloss in den Blickpunkt. Dadurch wurde der Sitz des Museums vorübergehend abermals in Frage gestellt. Doch letztlich konnte im März 1965 das Schlosscafé eröffnen, das zu den ersten Museumscafés in Deutschland zählt. Am 13. Juni 1966 wurde das nun vollständig wieder aufgebaute Karlsruher Schloss mit dem neu eingerichteten Museum feierlich eingeweiht.

Die architektonische Konzeption des Wiederaufbaus verfolgte das Ziel, den barocken Außenbau des Karlsruher Schlosses detailgenau wiederherzustellen, den Innenraum aber unter Aufgabe der barocken Zimmerfluchten als zeitgemäßes Museum zu gestalten. Der Heidelberger Architekt Dieter Quast sorgte durch das Einziehen von Spannbetondecken dafür, dass das Gebäude große, neutrale Ausstellungssäle mit jeweils ca. 650 m² Fläche erhielt. In diesen Sälen konnte die neue Konzeption verwirklicht werden: Die Meisterwerke der Sammlung wurden nach Epochen geordnet wirkungsvoll präsentiert.

Blick in die Ausstellungseinheit "Türkenbeute"Blick in die Ausstellungseinheit "Türkenbeute"

Sonderausstellungen und Ausbau der Sammlungen
Als erste große Sonderausstellung nach dem Zweiten Weltkrieg veranstaltete das Landesmuseum 1955 die Ausstellung zum 300. Geburtstag des „Türkenlouis“ Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden, in deren Zentrum die „Karlsruher Türkenbeute“ stand. In der Folgezeit machte sich das Museum mit großen Sonderausstellungen zu Themen der Antike sowie zur Kunstund Kulturgeschichte insbesondere des Oberrheins international einen Namen.

Im Jubiläumsjahr 2019 stellt die Große Landesausstellung „Kaiser und Sultan – Nachbarn in Europas Mitte 1600–1700“ die „Karlsruher Türkenbeute“ mit aktuellen Fragestellungen zum Austausch der Kulturen zwischen Orient und Okzident erneut in den Fokus einer Sonderausstellung.

Im März 1958 verabschiedete der baden-württembergische Landtag das Gesetz über die Vergabe von Toto-Lotto-Geldern zugunsten der staatlichen Museen. Es entstand der „Zentralfonds für die Anschaffung von Spitzenwerken der Kunst für die staatlichen Kunstsammlungen“, mit dessen Hilfe das Badische Landesmuseum nun seit einem halben Jahrhundert seine Bestände mit herausragenden Werken ausbauen kann. Eine bedeutende Erweiterung seiner Sammlungen erfuhr das Museum 1995 im Rahmen der Versteigerung der Sammlungen der Markgrafen und Großherzöge von Baden durch das Auktionshaus Sotheby’s in Baden-Baden.

Die Zahl der im Badischen Landesmuseum verwahrten Objekte wird aktuell auf ca. 500.000 geschätzt. Seit den 1950er-Jahren veröffentlicht das Museum seine Sammlungen in Bestandskatalogen, Bildheften und Sammlungsführern.

2001 begann die digitale Erfassung der Bestände. Schon 2003 stellte das Landesmuseum in Kooperation mit dem Zentrum für Kunst und Medien | ZKM in Karlsruhe das innovative „Virtuelle Museum“ zum Thema „Die Türkenbeute“ mit interaktiven 3D- und Zoom-Aufnahmen online. Heute werden die Sammlungen in verschiedenen digitalen Katalogen und Internetportalen publiziert.

Außenstellen und Ausblicke
Im Laufe der Zeit erhielt das Badische Landesmuseum mehrere Außenstellen und Zweigmuseen. Aktuell sind es in Karlsruhe das Museum beim Markt und das Museum in der Majolika. In Bruchsal unterhält das Badische Landesmuseum das Deutsche Musikautomaten-Museum. Hinzu kommt die Außenstelle Südbaden als Forschungsstelle und Archiv zur Volkskunde Badens, dem das Keramikmuseum Staufen angeschlossen ist. Das Landesmuseum betreibt auch das Klostermuseum Hirsau, das Schloss Neuenbürg und das Klostermuseum Salem.

Auf die Direktoren Ernst Petrasch und Volker Himmelein folgte ab 1992 Harald Siebenmorgen. In seiner Amtszeit wurden die Sammlungsausstellungen des Landesmuseums sukzessive neu eingerichtet. Die enge Verbindung historischer und kulturgeschichtlicher Fragestellungen sowie die szenischen Präsentationen einer Vielzahl von Objekten waren charakteristisch für seine Konzeption. Am 1. Januar 2003 wurde das Badische Landesmuseum als erstes der baden-württembergischen Landesmuseen Landesbetrieb mit Susanne Schulenburg als Kaufmännischer Direktorin.

Es ist nun an Eckart Köhne, der 2014 das Amt des Wissenschaftlichen Direktors übernahm, das Karlsruher Schloss mehr als ein halbes Jahrhundert nach seiner Wiederherstellung durch die dringend notwendige bauliche Generalsanierung zu führen und mit einer zeitgemäßen Museumskonzeption, die den Besucher als Nutzer in den Fokus der Museumsarbeit stellt, neu zu gestalten.

Badisches Landesmuseum
Schlossbezirk 10, 76131 Karlsruhe
Di–Do 10–17 Uhr, Fr–So, Feiertage 10–18 Uhr
Weitere Informationen unter www.landesmuseum.de

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