17.1.18

Archäologische Grabungen in Baden-Württemberg

Grabungen 2017 im Regierungsbezirk Stuttgart (1)

(rps) 2017 wurden in Baden-Württemberg über 200 Sondagen und Ausgrabungen durchgeführt. Ein beträchtlicher Teil davon erstmals unter Einbeziehung von Grabungsfirmen, wobei kommerzielle Firmen ausschließlich bei planbaren Rettungsgrabungen eingesetzt wurden, also bei Baumaßnahmen im Bereich bekannter archäologischer Fundstätten. Dadurch konnte sich das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) Baden-Württemberg auf die Durchführung von methodisch besonders anspruchsvollen Schwerpunkt- und Forschungsgrabungen, aber auch auf kaum planbare Notgrabungen im Zuge archäologischer Zufallsentdeckungen konzentrieren.

Im Folgenden einige herausragende Grabungen im Kurzporträt.

Helferstraße in Aalen (Ostalbkreis)

Dem Aalener Handwerk auf der Spur

Die geplante Neubebauung im Bereich des ehemaligen Stadtbiergartens an der Helferstraße in Aalen machte im vergangenen Oktober eine archäologische Voruntersuchung durch das Landesamt für Denkmalpflege nötig. Die Fläche befindet sich im spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Stadtbereich von Aalen, in unmittelbarer Nähe der heute abgegangenen mittelalterlichen Stadtmauer mit Doppelgraben. Das als archäologisch herausragend einzustufende Areal ist durch eine meist gut erhaltene historische Bausubstanz, wenige Unterkellerungen und ein feuchtes Bodenmilieu gekennzeichnet.

Aufgrund der Ergebnisse der Voruntersuchungen wird die Fläche seit November 2017 im Rahmen einer Rettungsgrabung von der Firma Ostalb-Archäologie GbR untersucht. Im weitgehend noch ungestörten Bereich zur Dekanstraße hin konnten bislang diverse Mauerzüge des 17./18. Jahrhunderts freigelegt werden, darunter die Überreste von Werkräumen, Ziegelbecken und eines Brunnens. Sie gehörten vermutlich zu einer hier ehemals ansässigen Seifensiederei, die sich eventuell auch in den Schriftquellen fassen lässt.

Aalen, Dekanstraße / An der Stadtkirche. Grabungsfläche mit frühneuzeitlichen Gebäudestrukturen. Foto: Landesamt für Denkmalpflege im RPS

Aalen, Dekanstraße / An der Stadtkirche. Skelett eines jugendlichen Individuums. Foto: Ostalb-Archäologie GbR

Rätsel gibt derzeit noch der Fund eines Skeletts auf, das der Bodenstratigrafie und dem Fundmaterial zufolge spätestens in das 16./17. Jahrhundert datiert. Aufgrund der Körperhöhe von lediglich 1,60 m und dem eher schmalen Körperbau dürfte es sich nach einer ersten Einschätzung um eine jugendliche Person handeln. Die relativ gut erhaltenen Knochen lagen in einer kaum sichtbaren Grabgrube, die wiederum in einer weiteren Grube bzw. Schicht eingetieft war. Die Arme waren zeittypisch über dem Bauch überkreuzt, die Hände lagen im Beckenbereich und die Füße waren dicht beieinander angeordnet. Dies deutet darauf hin, dass der Leichnam bei seiner Niederlegung in ein Tuch gehüllt war. Für weitergehende Aussagen zu diesem unerwarteten Fund müssen die anthropologischen Untersuchungen abgewartet werden.

Mittlerweile deutet sich an, dass unter den ergrabenen Mauerresten noch bislang unbekannte Siedlungsspuren aus der Zeit vor dem großen Stadtbrand von 1634 überdauert haben. Da eine Erhaltung dieser potenziellen Kulturdenkmale nicht möglich ist, soll durch die Rettungsgrabung immerhin ihr dokumentarischer Wert für künftige Generationen bewahrt und dem großen Puzzle der Aalener Stadtgeschichte ein weiteres Teil hinzugefügt werden.


Bischof-Fischer-Straße / Stuttgarter Straße in Aalen (Ostalbkreis)

Römisches Aalen größer als bisher angenommen

Dass die Geschichte Aalens bis in die römische Zeit zurückreicht, vermittelt sich dem Besucher am eindrücklichsten am Standort des ehemaligen Reiterkastells, dessen originale Bausubstanz neben baulichen Rekonstruktionen im Freilichtbereich des Limesmuseums präsentiert wird.

Aalen, Bischof-Fischer-Straße / Stuttgarter Straße. Drohnenaufnahme der Grabungsfläche mit römischen Befunden. Foto: Landesamt für Denkmalpflege im RPS

Aalen, Bischof-Fischer-Straße / Stuttgarter Straße. Goldener Kinderring mit der Aufschrift CRESCAS. Foto: Landesamt für Denkmalpflege im RPS

Wie groß aber das römische Aalen auch in seinen zivilen Siedlungsbereichen war und welches Gewicht ihm als militärisches, politisches und administratives Zentrum an der Nordgrenze des römischen Imperium zugekommen sein muss, lässt sich heute nur noch mit archäologischen Mitteln und den Methoden einer konsequent agierenden Landesdenkmalpflege aufzeigen. Um ein adäquates Bild von der Ausdehnung und Binnenstruktur jener stadtähnlichen Zivilsiedlung zu gewinnen, die sich seit der Mitte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. im unmittelbaren Umfeld des Militärstützpunktes entwickelt hatte, müssen baubedingte Bodeneingriffe innerhalb des heutigen Stadtgebietes konsequent beobachtet und zutage tretende Siedlungsreste dokumentiert werden.

Welche Überraschungen dabei zutage treten können, zeigte im Sommer 2017 eine Rettungsgrabung, die im Gebiet Bischof-Fischer-Straße / Stuttgarter Straße stattfand. Obwohl das Areal bis vor kurzem mit kleineren Wohnhäusern modern überbaut war, treten dort noch Siedlungsspuren aus römischer Zeit in überraschender Deutlichkeit zutage. Dazu zählen die mächtigen Pfostenstellungen eines großen Holzgebäudes, zahlreiche Spuren kleinerer Baulichkeiten, Zaungräbchen, die auf eine Parzellierung des Geländes hinweisen sowie wenigstens vier Brunnen. Zum ersten Mal ist somit der Nachweis erbracht, dass das römische Siedlungsgebiet auch hier, etwa 400 Meter südöstlich des Kastells, bis ans Kocherufer gereicht haben dürfte. Unter den Kleinfunden, die bisher geborgen werden konnten, sticht ein goldener Kinderring hervor, der auf einer Zierplatte die Inschrift CRESCAS (Du mögest wachsen / gedeihen) trägt. Er stammt aus einem der Brunnen und bringt aus einer längst vergangenen Zeit jenen Wunsch und jene Hoffnung zu Gehör, die Eltern auf der ganzen Welt für ihre Kinder noch heute hegen.
 

Rosenstein bei Heubach - Teufelsmauer auf dem Mittelberg (Ostalbkreis)

Die Randhöhen des Albuchs, die sich bei Heubach im Ostalbkreis über das Tal der noch jungen Rems erheben, werden vom mächtigen Rosensteinmassiv dominiert. Wie auch seine Nachbarberge – der Mittelberg im Südosten und der Hochberg im Südwesten – trägt der Rosenstein eindrückliche Befestigungswerke aus vorgeschichtlicher Zeit, über deren Alter und Funktion nur wenig bekannt ist.

Seit zwei Jahren widmet sich das Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart im Rahmen eines Projektes der Erforschung dieses außergewöhnlichen Denkmalensembles. Zwei sommerliche Grabungskampagnen 2016 und 2017 galten dabei zunächst dem Mittelberg, dessen unscheinbare Kuppe von der sog. „Teufelsmauer“, einem 400 Meter lang in schnurgerader Linie geführten Wallgraben, gequert wird. Mehrere Schnitte, die im bewaldeten Gelände nördlich der nach Süden ausgerichteten Fortifikation angelegt wurden, ergaben einen deutlichen und konstanten Siedlungsniederschlag: Keramik unterschiedlicher Qualität, unter der auch Spinnwirtel, ein Bronze-Schmelztiegel und Briquetagen (Salzsiedegefäße) vertreten sind, schlichte Eisenfibeln sowie mutmaßliche Fibel-Halbfabrikate, eine blaue Glasperle und ein offenbar figürlich bearbeitetes Fragment ortsfremden Gneisgesteins (Abb. 1). Veritable Siedlungsbefunde, etwa Pfosten- oder Vorratsgruben, konnten im oberflächennah anstehenden Jurafels nicht nachgewiesen werden – sieht man von einer Grube und einer Feuerstelle in unmittelbarer Mauernähe ab. Alle datierbaren Funde sind in die frühe Latènezeit zu stellen, auf die sich das Siedlungsgeschehen beschränkt hat.


Heubach-Lautern „Mittelberg“: Schnitt durch die Teufelsmauer. An der Profilbasis die aus Steinen gesetzte Substruktion des hölzernen Querankers. Foto: Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart

In den Wallkörper der „Teufelsmauer“ wurde ein etwa vier Meter breiter Schnitt abgesenkt. Wie sich dabei zeigte, verfügte das Bauwerk weder innen noch außen über eine aus Trockensteinen gemauerte Schalung. An ihrer statt fanden sich Spuren hölzerner Konstruktionselemente, darunter mächtige, an Mauerfront und -rückseite gegenüberliegend platzierte Pfostensetzungen, zwischen denen auf steinernen Substruktionen verlegte Queranker vermittelten. Es ergibt sich somit das Bild einer ca. fünf Meter breiten Holzkastenmauer. Die Bruchsteine, die bei der Anlage des Grabens gewonnen wurden, fanden in diesem baulichen Konzept lediglich als Füllmaterial hinter den Holzverblendungen Verwendung.

Mit der frühlatènezeitlichen Datierung der Mittelberg-Siedlung ist ein wichtiger Ansatzpunkt für weitere Forschungen im Rosenstein-Gebiet gewonnen.
 

Remseck-Neckargröningen - „Rainwiesen II“ (Landkreis Ludwigsburg)

Mit dem zweiten Planungsabschnitt des Gewerbegebiets „Rainwiesen II“ geriet im vergangenen Sommer ein Areal ins Visier der Remsecker Stadtplanung, das schon seit den 1970er-Jahren durch ein regelmäßiges Lesefundaufkommen der Jungsteinzeit aufgefallen war. Im Vorfeld und in Begleitung der Erschließungsarbeiten wurde daher – nach vorausgehender Voruntersuchungen durch das Landesamt für Denkmalpflege – ein ca. ein Hektar großer Bereich, in dem Pfostengruben und Grubenhäuser zutage getreten waren, von der Firma ArchaeoBW systematisch untersucht.


Skelett eines Mannes und eines Kindes auf der Sohle einer keltischen Vorratsgrube. Foto: Christian Bollacher, Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart

Gegen alle Erwartungen entpuppte sich der Befund als Rest einer keltischen Siedlung aus der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. Neben den erwähnten Gebäudespuren waren mehrere der typischen, umgekehrt trichterförmigen Vorratsgruben vorhanden. Eine davon barg drei Skelette: zuoberst lag eine Frau mit schlichtem Bronzearmreif und einem kleinen Ohrring auf dem Bauch, ihre gestreckten Beine waren x-förmig überkreuzt. Im nachfolgenden Planum zeigten sich die Skelette eines in rechtsseitiger Hockerlage bestatteten Mannes und eines in Gegenrichtung auf dem Bauch niedergelegten Kindes, dessen Arm über dem Brustbereich des Mannes lag. Zur Todesursache dieser drei Menschen und folglich auch zum Grund ihrer irregulären Bestattung in der ehemaligen Vorratsgrube, könnten die noch ausstehenden anthropologischen Untersuchungen an den geborgenen Knochen wichtige Hinweise liefern.
 

Schwäbisch Hall „Wolfsbühl“ (Landkreis Schwäbisch Hall)

Der von der Stadt Schwäbisch Hall aufgestellte Bebauungsplan „Wolfsbühl“ schließt im Nordosten des Ortsteils Weckrieden an ein Baugebiet an, das bereits in den 1960er-Jahren erschlossen wurde. Schon damals war das archäologische Potential der Löss führenden Böden am Rande der „Schlicht“ – der Hochfläche zwischen Kocher und Bühler – bekannt. Grabungen unter der Leitung des Haller Lehrers H. Huber ergaben damals Reste altneolithischer Siedlungen aus dem sechsten und fünften Jahrtausend vor Christus, darunter der vollständig überlieferte Grundriss eines Langhauses der sogenannten Rössener Kultur (ca. 4800 – 4500 v. Chr.).

Grundriss eines Langhauses der Rössener Kultur (4800 – 4500 v. Chr.). Foto: Archäologie-Zentrum GmbH"

Vollständige erhaltenes Rössener Gefäß – Beigabe einer birituellen Doppelbestattung. Foto: Archäologie-Zentrum GmbH

Räumlich an die damaligen Untersuchungen anschließend, wurde im Sommer und Herbst dieses Jahres eine größere Fläche des neu ausgewiesenen Baugrundes von der Firma Archäologie-Zentrum GmbH archäologisch untersucht. Dabei konnten neben einem weiteren, etwa 25 Meter langen Grundriss eines typischen Rössener Gebäudes (Abb. 1) auch Teile eines segmentierten Grabenwerkes dokumentiert werden, das die einstige Siedlung in einer ihrer jüngeren Phasen umfangen zu haben scheint. Ein in unmittelbarer Siedlungsnähe liegendes Grab barg neben einem vollständigen und reich verzierten Keramikgefäß (Abb. 2) die Überreste einer birituellen Doppelbestattung, also die Reste zweier Individuen, von denen eines nach dem Tode verbrannt, das andere als unversehrter Leichnam niedergelegt worden war. Die Auswertung der Grabungsergebnisse verspricht faszinierende neue Einsichten in das steinzeitliche Leben im Schwäbisch Haller Raum.:

Esslingen Martinstraße - Ehnisgasse (Landkreis Esslingen)

In der dicht bebauten Altstadt von Esslingen am Neckar mit seiner gut erhaltenen mittelalterlichen Bausubstanz erlauben archäologische Ausgrabungen meist nur sehr kleinräumige Einblicke. Durch die geplante Neubebauung des Parkplatzes eines Einkaufszentrums wurden von März bis Juli 2017 eine über 5.000 m² großen Fläche innerhalb der Pliensauvorstadt untersucht. Im Fokus standen die Parzellen der Ehnisgasse, deren Bebauung noch im gegenwärtigen Bestand auf das späte 13. Jahrhundert zurückreicht. Trotz großflächiger moderner Störungen durch die Gebäude der Esslinger Brauereigesellschaft konnten Brunnen und Latrinen sowie weitere Hinweise auf die wirtschaftliche Nutzung der Hinterhöfe in der Neuzeit erfasst werden. Auch ließ sich die Entwicklung der erhaltenen Keller der Straßenrandbenutzung nachzeichnen.

Teils mächtige Planierschichten sprechen für eine Anpassung der Geländeoberfläche. Völlig überraschend traf man in den ungestörten Bereichen der Hinterhöfe unterhalb der Schichten auf ältere Baustrukturen. Hervorzuheben sind neben spätmittelalterlichen Erdkellern, ein fast 4 m x 3 m großes Grubenhaus des 11./12. Jahrhunderts. Damit liegt ein Beleg vor, der eine weitaus großflächigere frühe Aufsiedlung der Pliensauvorstadt nahelegt, als bislang vermutet. Aus dem Grubenhaus stammen einige Webgewichte, die eine Nutzung des Gebäudes als Webhütte wahrscheinlich machen.

 

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Kirchheim unter Teck, „Alleen-/Jahnstraße“ (Landkreis Esslingen)

Die Aufstellung des Bebauungsplans „Lauterterrassen“ der Stadt Kirchheim unter Teck (Kr. Esslingen) zur Bebauung eines größtenteils brach liegenden Geländes unmittelbar an der Lauter mit Luxusappartements bedingte eine archäologische Voruntersuchung des Geländes, die durch die Firma Archäologie-Zentrum GmbH durchgeführt. Seine Lage direkt gegenüber des Kirchheimer Schlosses auf der südwestlichen Ecke der Altstadt schließt auch das Kulturdenkmal des randlich an der Stadt entlanggeführten Mühlkanals und die durch diesen Wirtschaftskanal geprägte Bebauung ein.

Zu überprüfen war auch, ob sich die auf der anderen Lauterseite in zahlreichen Fundstellen nachgewiesene vorstädtische früh- bis hochmittelalterliche Siedlung noch in diesem Areal fortsetzte. Die Sondagen bestätigten hier die Begrenzung des vorstädtischen Siedlungsbereichs durch den Verlauf der Lauter. Der nachgewiesene gut erhaltene Mühlkanal und die Reste der Bebauung des 18. Jahrhunderts am Mühlkanal bedingten eine ab Oktober anschließende Grabung. Dabei wurde das Gelände nicht in Gänze ergraben, sondern nur schwerpunktmäßig an den jeweiligen Fragestellungen orientierte Areale standen im Mittelpunkt der Untersuchung. Die Keller der zwei im Süden und Norden noch stehenden Gebäude wurden durch eine bauforscherische Dokumentation in die Untersuchung mit einbezogen und das unmittelbare Umfeld untersucht, um ältere Baustrukturen aufnehmen zu können.

Da sich der Abbruch des nördlichen Gebäudes verzögert hat, konnte die Untersuchung hier noch nicht abgeschlossen werden und wird sich noch ins Jahr 2018 hin ziehen. Im Umfeld des südlichen Gebäudes konnten Strukturen festgestellt werden, die auf jeden Fall älter sind als die moderne Nutzung und handwerkliche Tätigkeiten belegen, die sich im Moment noch der Interpretation entziehen. Im Bereich des Mühlkanals konzentrierte sich die Untersuchung darauf, verschiedene Bauphasen des erst im späteren 20. Jahrhunderts völlig aufgegebenen Kanals zu dokumentieren und zu datieren, da sich die Frage stellte, ob die Darstellung des Bereichs in den Kieser’schen Forstkarten der 1680er Jahre, in der die im weiteren Bereich verorteten Mühlen als Bachmühlen ohne Existenz eines Mühlkanals dargestellt werden, doch den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen könnte. Durch die archäologische Untersuchung konnte das eindeutig widerlegt werden, da die Konstruktion der östlichen Kanalwange eichene Hölzer enthielt, die dendrochronologisch auf die Jahre um 1523 datiert werden können.

Die westliche Kanalwange dagegen stellt wohl eine jüngere Ausbauphase dar, die aus gut erhaltenen Großsteinquadern besteht, die allerdings an vielen Stellen durch eine frühe Gussbetonkonstruktion ergänzt war. Eingetieft war der Kanal in großflächige Aufplanierungen aus Kies, der Keramik des 15. und 16. Jahrhunderts enthielt und möglicherweise in Zusammenhang mit dem festungsmäßigen Ausbau der Kirchheimer Stadtbefestigung samt Schloss in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts zu bringen ist.

Diese Grabung zeigt, dass auch die oft stiefmütterlich behandelte Archäologie neuzeitlicher Strukturen im Stande ist, spannende und wichtige Ergebnisse zur Siedlungsentwicklung und Geschichte zu liefern.

 

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Felsdach Kohlhau-Abri (Landkreis Heidenheim)

In den Sommermonaten 2017 wurden die archäologischen Ausgrabungen in dem Felsdach Kohlhau-Abri fortgesetzt. Das Kohlhau-Abri liegt im sogenannten Tiefen Tälchen an der Grenze der Gemarkungen von Niederstotzingen-Stetten und Bissingen (Landkreis Heidenheim).

Die Fundstelle erbrachte eine differenzierte Schichtenfolge: die ältesten Funde gehören in die Spätphase der Jüngeren Altsteinzeit und können auf den Zeitbereich zwischen 16.000 und 15.000 Jahren datiert werden. Die Funde deuten darauf hin, dass die Jäger und Sammler des Magdalénien an dem Felsdach eine Rast während eines Jagdzuges einlegten. Knochen der Jagdbeute, wie Rentier und Wildpferd sowie einige Steinartefakte, wurden geborgen. Darüber folgt eine Fundschicht, die in die Mittelsteinzeit um etwa 7.500 v. Chr. zu stellen ist. Auch hier fanden sich Steinwerkzeuge und Knochen der Jagdbeute im Bereich einer Feuerstelle. Darüber folgt eine jungsteinzeitliche Fundschicht, die in die Zeit zwischen 4.500 und 5.000 v. Chr. zu datieren ist. In dieser Schicht fanden sich neben Knochen und Steinwerkzeugen auch Scherben von Tongefässen.

Dies zeigt, dass auch während der Jungsteinzeit, in der die Menschen als sesshafte Ackerbauern und Viehzüchter lebten, Felsdächer wie das Kohlhau-Abri zu kurzfristigen Aufenthalten genutzt wurden. Eine Fundschicht mit bronzezeitlichen Scherben schließt die Schichtenfolge ab.

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Abb. 1: Ausgrabungsarbeiten im Kohlhau-Abri. Foto: Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart



Bad Rappenau-Babstadt (Landkreis Heibronn) - Beste Wohnlage!

Am nordöstlichen Ortsrand von Bad Rappenau-Babstadt im Gewann „Waldäcker“ soll ein großes Wohngebiet für Familien entstehen. Das an einem Südhang gelegene Baugebiet hatte sich jedoch schon seit Jahrtausenden als Wohnplatz großer Beliebtheit erfreut: im 6. Jahrtausend v. Chr. standen hier große Holzhäuser der ersten jungsteinzeitlichen Bauern. Um 600 v. Chr. haben frühe Kelten ihre Spuren hinterlassen. Im 2. Jahrhundert n. Chr. wurde – unweit der römischen Fernstraße von Wimpfen an den Rhein – ein großer römischer Gutshof errichtet.

Vor gut 20 Jahren haben erste Ausgrabungen eines Streifens im mittleren Bereich des Baugebiets Teile der römischen Anlage ans Licht gebracht. Ein steinernes Wohngebäude, ein Brunnen, ein Kalkbrennofen und ein mehr als 600 m2 messender Speicherbau wurden untersucht. Sie bezeugen die wirtschaftliche Potenz des Gutsherrn. Der Hof bestand bis um die Mitte des 3. Jahrhunderts. Auf den Abzug der Römer folgten frühe germanische Siedler, die in überraschend großer Zahl Keramik und andere Alltagsobjekte hinterließen. Im Westen des Baugebiets schließlich wurde eine Siedlung des späten Mittelalters angeschnitten, die sich durch Keller und Töpferöfen zu erkennen gibt.

Diese ungewöhnlich vielschichtige Besiedlung wird seit Ende August 2017 durch die Firma fodilus GmbH in einer großen Flächengrabung untersucht. Dabei zeigte sich, dass die römischen Baustrukturen fast bis zum Fuß des Hanges reichen. Erste spannende Ergebnisse sind ein sehr gut erhaltener jungsteinzeitlicher Gebäudegrundriss, der Nachweis römischer Holzarchitektur und Hinweise auf eine zum Gutshof gehörende Badeanlage.

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Stuttgart-Bad Cannstatt - Urnenfelderkultur unter dem Schulhof

Im Vorfeld einer Baumaßnahme in Stuttgart-Bad Cannstatt konnten durch eine Sondierung zwei Bestattungen der Urnenfelderkultur erfasst werden. Der Fundplatz befindet sich unweit des bis ins 8./9. Jh. n. Chr. zurückreichenden Friedhofs an der Uffkirche. Im Zuge der anschließenden Rettungsgrabung – durchgeführt von der Grabungsfirma ArchaeoConnect aus Tübingen – konnten neben neuzeitlichen Befunden weitere Urnengräber sowie mehrere Siedlungsbefunde samt Fundmaterial der Spätbronzezeit dokumentiert und geborgen werden.

Die neun Gräber, die nur anhand der mit Leichenbrand gefüllten Urnen erkennbar waren, lagen 4 bis 5 Meter voneinander entfernt. Die Größe der Urnengefäße variiert stark und ist mit einem max. Durchmesser von bis zu 60 cm beachtlich. Diese wurden im Block geborgen und werden im Anschluss an die archäologische Maßnahme in der Restaurierungswerkstatt des Landesamtes für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart geröntgt und schichtweise ausgenommen. Danach erfolgt die anthropologische Begutachtung der Leichenbrände, um näheres über die Bestatteten und ihre Lebensumstände zu erfahren.

Neben den Bestattungen konnten auch spätbronzezeitliche Siedlungsreste, darunter Gruben mit Tierknochen und Keramik, erfasst werden. Vermutlich handelt es sich hierbei um die zum Bestattungsplatz gehörige Siedlung.

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Abb. 1: Stuttgart-Bad Cannstatt: Ansicht eines der Urnengräber im Planum. Foto: ArchaeoConnect GmbH


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