25.10.10
Das Dorf vor den Toren des Kastells
Neue Publikation zum Vicus des Römerkastells Saalburg
Hundertfünfzig Jahre nach Beginn der ersten Ausgrabungen
präsentiert das Römerkastell Saalburg in Bad Homburg
erstmals eine umfassende Publikation zum Vicus, dem Dorf vor
den Toren des Kastells. Die Dissertation von Dr. Cecilia Moneta,
Mainz („Der Vicus des römischen Kastells Saalburg“)
beschäftigt sich mit einem Bereich, der sowohl von der Wissenschaft
als auch von den Besuchern bisher nicht so wahrgenommen wurde.
Bedingt durch den Wiederaufbau stand eher das Kastell im Mittelpunkt
des Interesses.
Die Forschungsergebnisse lassen einen Einblick in die Situation
in dieser zivilen Siedlung vor bald 2000 Jahren zu. Es gibt unter
anderem Informationen zur Geschichte und Entwicklung, zu den
Häusern der Bewohner und zu den öffentlichen Gebäuden.
Themen sind auch die Wasserversorgung, Handel und Gewerbe und
die Bevölkerung. Die Ergebnisse dienen als Grundlage für
die Vermittlung im Museum und sind wertvoll für die Forschungen
von Wissenschaftlern in anderen Siedlungen aus römischer
Zeit.
Gab es bisher nur kleinere Berichte und Funduntersuchungen, so
sind zum ersten Mal alle zur Verfügung stehenden Quellen
aus der Zeit der Ausgrabungen ausgewertet worden, so dass jetzt
ein Gesamtbild gezeichnet werden kann. So konnten zum Beispiel
unterschiedliche Wohnviertel erkannt werden, die sich in der
Größe der Häuser, der Aufteilung der Räume
und der Ausstattung unterschieden, was auf eine soziale Differenzierung
schließen lässt. An Hand der gefundenen Parzellen
der Wohnhäuser kann die Einwohnerzahl auf tausend bis
fünfzehnhundert geschätzt werden. Auch Irrtümer
in früheren Publikationen wurden aufgeklärt. So stellten
sich zum Beispiel bisher als Gräber erkannte Strukturen
als Pfostenlöcher eines Gebäudes heraus.
Wenn auch die Ausgrabungen mit den damals modernsten Methoden
vorgenommen und dokumentiert wurden, so genügen sie den
heutigen Ansprüchen nicht, was die Interpretation erschwerte. „Trotz
dieser Schwierigkeiten hat die Auswertung beachtliche Ergebnisse
erbracht, “ stellt Moneta fest, „zumal der Vicus
der Saalburg einen der am umfangreichsten ausgegrabenen Kastellvici
am Obergermanisch-Raetischen Limes darstellt.“
Saalburgdirektor und Landesarchäologe Prof. Dr. Egon Schallmayer
würdigt die Dissertation, die von der Universität zu
Köln mit „summa cum laude“ bewertet worden ist,
in ihrer Bedeutung für das Römerkastell Saalburg. Endlich
gebe es eine Gesamtschau des Vicus, eine sichere Grundlage, auf
der man aufbauen könne. Die Ergebnisse flössen in die
Vermittlungsarbeit des Museums ein und dienten auch anderen Wissenschaftlern
als wertvolle Quelle für ihre Forschungen. Dass dieses Buch
auch über den wissenschaftlichen Bereich hinaus Bedeutung
für die Region hat, zeige die Verleihung des Förderpreises
zum Saalburgpreis für Geschichts- und Heimatpflege des Hochtaunuskreises
an Cecilia Moneta. „Eine besondere Bedeutung hat es für
mich, dass die Saalburg über die Betreuung der Doktorandin
hinaus auch erhebliche finanzielle Mittel im Zusammenhang mit
der Arbeit aufgebracht hat. Dies entspricht meinem Verständnis,
dass Einnahmen, die in anderen Bereichen wie zum Beispiel dem
Führungs- und Veranstaltungswesen erwirtschaftet werden,
auch für die Finanzierung wissenschaftlicher Arbeit eingesetzt
werden.“ Er dankte auch dem Förderverein Saalburg,
der ein Doktorandenstipendium gewährt habe. Besonders freue
ihn, dass die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Saalburg
schon bald eine Fortsetzung fände:
Frau Dr. Moneta werde in den nächsten drei Jahren mit Mitteln
der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) auch die Kastellanlagen
bearbeiten.
Vertrieben wird das Buch durch den renommierten Verlag Philipp
von Zabern. Geschäftsführer Dr. Jürgen Kron sieht
in dem Band einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des
römischen Lebens in den Provinzen. Der detailreiche und
hervorragend recherchierte Text zeige darüber hinaus nach Überzeugung
des Verlags die Bedeutung der Saalburg für die deutsche
Archäologie.
Damit auch die Besucher Neues vom Vicus erfahren können,
lädt das Römerkastell Saalburg am Samstag, dem 30.
Oktober 2010, um 14.00 Uhr zu einer Führung mit der Autorin
ein. Sie wird den Teilnehmern an Ort und Stelle die Ergebnisse
vor Augen führen. Die Führung ist kostenlos. Es gelten
die üblichen Eintritte ins Kastell.
Mehr zur Saalburg unter www.saalburgmuseum.de
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