19.2.08
Schubladen privaten Wissens sollen noch weiter aufgezogen werden
Projekt zur Erfassung der Kleindenkmale in Baden-Württemberg
ASPERG. Seit zehn Jahren läuft das Projekt zur Erfassung der
Kleindenkmale in Baden-Württemberg überaus erfolgreich. In sieben
Landkreisen wurden von rund 1.000 ehrenamtlichen Helfern mehr
als 24.000 der Zeitzeugen am Wegesrand flächendeckend dokumentiert,
drei weitere Landkreise sind in Bearbeitung. Damit die Arbeit
kein Stückwerk bleibt, suchen die beteiligten Vereine nun öffentliche
und private Geldgeber. Das Ziel: die Kleindenkmale im ganzen Land
zu erfassen und das Wissen darüber zur Verfügung zu stellen. "Kleindenkmale
sind auf den ersten Blick zwar oft unscheinbar, aber für die Wahrnehmung
lokaler und regionaler Geschichte unverzichtbar", betont Reinhard
Wolf, der das Projekt angestoßen hat: "Kleindenkmale prägen den
Charakter einer Landschaft und erzählen viel über den Glauben,
die Lebens- und Arbeitsweise früherer Generationen", sagt der
ehrenamtliche Initiator des Projektes und Mitglied beim Schwäbischen
Heimatbund und Schwäbischem Albverein. Allerdings weiß man nur,
was man sieht, und das sei das Problem für viele Kleindenkmale,
die hinter Hecken, im Wald und unter Straßenasphalt verschwinden
oder unberechtigt als Sammlerstück auf privaten Grundstücken enden,
so Wolf. Um dem Verschwinden Einhalt zu gebieten, haben sich vor
zehn Jahren die großen Heimat- und Wandervereine - Schwäbischer
Heimatbund, der Schwarzwaldverein und der Schwäbische Albverein
- zusammengetan und das bundesweit einmalige Projekt aus der Taufe
gehoben. Das Besondere daran ist die enge Zusammenarbeit mit staatlichen
Stellen, in diesem Fall dem heutigen Landesamt für Denkmalpflege
in Esslingen. Eingebunden in das Projekt sind auch der Landesverein
Badische Heimat und die Gesellschaft zur Erforschung und Erhaltung
von Kleindenkmalen in Baden- Württemberg (GEEK). Während die Erfassung
und Dokumentation vor Ort ehrenamtlich oft über Jahre vor allem
von den Mitgliedern der Vereine geleistet wird, koordiniert die
Kulturwissenschaftlerin und Kunsthistorikerin Martina Blaschka
das Projekt beim Landesamt für Denkmalpflege von Esslingen aus.
Auch die Eingabe der vielen tausend Datensätze in eine elektronische
Datenbank erledigen ehrenamtliche Helfer. Eine Leistung, die von
höchster Stelle anerkannt wird: "Die staatliche Denkmalpflege
hätte diese Mammutaufgabe gar nicht leisten können", sagte der
Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege, Prof. Dr. Dieter
Planck, bei einer Tagung der Projektträger in Asperg im Kreis
Ludwigsburg. Manche der ehrenamtlich erfassten Kleindenkmale finden
nach eingehender Prüfung Eingang in die offizielle Liste der Kulturdenkmale,
so Planck.
Finanzmittel reichen nicht aus
Für die zeitaufwändige
Koordination, Schulung und Motivation der Ehrenamtlichen steht
Martina Blaschka allerdings nur im Rahmen einer halben Stelle
zur Verfügung, die vom Landesamt für Denkmalpflege bezahlt wird.
Das Landesamt trägt auch die Sachmittel, teilweise stellen die
untersuchten Landkreise Sachleistungen und Räume zur Verfügung.
Doch um dem Ziel der landesweit flächendeckenden Erfassung in
absehbarer Zeit nahe zu kommen, ist die halbe Stelle zu wenig.
"Wir sollten die bestehende Stelle auf den vollen Umfang aufstocken
und am besten eine weitere Stelle für die Koordination schaffen",
betonten die Vorsitzenden und Präsidenten der beteiligten Vereine
Eugen Dieterle, (Schwarzwaldverein), Fritz-Eberhard Griesinger
(Schwäbischer Heimatbund) und Dr. Hans-Ulrich Rauchfuß (Schwäbischer
Albverein). Um die dafür notwendigen Mittel, allein für die Aufstockung
der bisherigen Stelle sind 30.000 Euro pro Jahr notwendig, für
die nächsten Jahre zu sichern, wollen sich die Vereine bei öffentlichen
und privaten Geldgebern für die kleinen Denkmale einsetzen. "Die
Politik wäre gut beraten, zu helfen, dieses einmalige Projekt
in absehbarer Zeit zu Ende zu bringen", sagte Eugen Dieterle,
Präsident des Schwarzwaldvereins. Dass die Zeit drängt, ist allen
Beteiligten bewusst: "Um die Schubladen privaten Wissens in der
Bevölkerung aufzuziehen bleibt uns nicht mehr viel Zeit. Denn
die Großelterngeneration, die noch umfassend über Standorte und
Bedeutung vieler Kleindenkmale Bescheid weiß, stirbt nach und
nach weg", betonte Fritz-Eberhard Griesinger vom Schwäbischen
Heimatbund.
Auch dieser Brunnen an der Auffahrt zum Hohenasperg erzählt
Geschichte. Früher wässerten hier die Wengerter von Asperg ihre
Weidenruten, um mit ihnen die Weinreben anbinden zu können. Den
Ausführungen von Reinhard Wolf (im Vordergrund) folgen der Präsident
des Landesamtes für Denkmalpflege, Prof. Dr. Dieter Planck, Dr.
Hans-Ulrich Rauchfuß, Präsident des Schwäbischen Albvereins, Eugen
Dieterle, Präsident des Schwarzwaldvereins, Fritz-Eberhard Griesinger,
Vorsitzender des Schwäbischen Heimatbunds und Josef Kreuzberger,
Vizepräsident des Regierungspräsidiums Stuttgart. Rechts Projektkoordinatorin
Martina Blaschka.
SHB
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