Angeregt
durch seine Italienreisen führte Herzog Carl Eugen von Württemberg
1768 die so genannte Venezianische Messe - eine Verkaufsmesse
mit Maskeraden - in seiner Residenzstadt ein. Zunächst fand
sie in Ludwigsburg statt, von 1776 bis 1793 dann auf dem
Marktplatz in Stuttgart. Anders als die einfachen Jahrmärkte
dauerte diese Messe jeweils 14 Tage. In- und ausländische
Händler bewarben sich um die Teilnahme und boten Luxusartikel
feil, die weit über das alltägliche Warensortiment hinaus
reichten. Als größte Verkaufsmesse in Württemberg spielte
die Venezianische Messe wirtschaftsgeschichtlich für das
Land keine geringe Rolle.
Daneben diente die Venezianische
Messe dem herzoglichen Hof als Schauplatz zur Selbstdarstellung.
Allabendlich fanden Theateraufführungen, Opern oder Maskenbälle
statt. Bei Promenaden zu festgesetzten Tageszeiten, im Spielcasino
und in eigens eingerichteten Gastwirtschaften mischte sich
die Hofgesellschaft - hinter der Maske scheinbar inkognito
- unter das Volk, das einerseits mitfeiern durfte, andererseits
als staunendes Publikum benötigt wurde. In einer vielfigurigen
Tafeldekoration aus Ludwigsburger Porzellan, um 1770 in
der Manufaktur Herzog Carl Eugens entstanden, ist die Venezianische
Messe bildlich überliefert. Die in Miniaturformat ausgeformten
Verkaufsbuden und Figürchen haben den Reiz von Spielzeug,
liefern darüber hinaus jedoch eine Fülle an kulturgeschichtlichen
Informationen. 72 Teile befinden sich im Bestand des Landesmuseums
Württemberg und sind regulär im Keramikmuseum in Schloss
Ludwigsburg ausgestellt. Mit viel Glück gelang es, für
die Sonderausstellung im Alten Schloss zusätzlich eine etwa
120 Stücke umfassende Privatsammlung als Leihgabe zu erhalten.
Die einmalige Kombination beider Ensembles führt dem Ausstellungsbesucher
die überwältigende Vielfalt nicht nur des Tafelschmucks,
sondern auch der realen Messe vor Augen. Aus Anlass des
250. Gründungsjubiläums der Porzellanmanufaktur Ludwigsburg
im Jahr 2008 steht die "Venezianische Messe" aus Porzellan
im Zentrum der Sonderausstellung. Von ihr ausgehend wird
einerseits die extravagante Kurzweil der Hofgesellschaft
thematisiert. Auf der Basis des im Archiv gewonnenen Wissens
über den realen Jahrmarkt wird andererseits das Warenangebot
auf dieser Messe präsentiert: Geschirr aus Silber, Porzellan,
Messing oder Zinn, Gläser und Besteck, Stoffe, Bänder und
Spitzen, Galanteriewaren aller Art und vieles mehr. Die
reichen Bestände des Landesmuseums Württemberg erlauben
in allen Bereichen eine aussagekräftige und reizvolle Auswahl. Ein
Höhepunkt im Jahreslauf der württembergischen Residenzstadt
im 18. Jahrhundert, der Traum Herzog Carl Eugens von Venedig
in Württemberg, wird in der Ausstellung lebendig.
Zur Ausstellung erscheint ein reich bebildertes Begleitbuch.
Bild: Maskengruppe, Teil der Tafeldekoration „Venezianische
Messe“ © Foto: P. Frankenstein/ H. Zwietasch, Landesmuseum
Württemberg (Ausschnitt)
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